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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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sich wegen Simone Sorgen machte,
in allen Ehren sozusagen. Auch hatte er mich wohl deshalb angerufen, weil er es
mächtig schick fand, einen Privatflic zu kennen.
    Nein, das brachte mich alles nicht weiter. Der
Tag ging vorüber, so wie es alle Tage tun. Auch heute ging ich früh in die
Falle.
    Am Donnerstag ergab sich das gleiche Bild. Von
dem Einbruch bei Clarimont und dem Mord an Prunier sprach schon niemand mehr.
Nur der Crépu widmete den Jadefiguren noch ein paar Zeilen, wohl um
daran zu erinnern, daß Nestor Burma undsoweiter undsofort. Mein lieber Covet,
deine Mühe wird umsonst sein, aber trotzdem vielen Dank!
    Das Telefon blieb stumm. Selbst der offizielle
Besuch des Offiziers Sébastien — mit dem ich rechnete, weil der Flic mir die
Hölle heißmachen würde, wie Covet prophezeit hatte — blieb aus. Vielleicht war
Sébastien ja gar nicht der Bürgerschreck, als der er mir beschrieben worden
war. Auch Dr. Clarimont ließ mich als wohlerzogener Mensch in Ruhe.
    Kurz und gut, es herrschte völlige Windstille
bis Freitag mittag. Aber am Freitagnachmittag, da gab’s was Neues.

Objektive
und Fotos
     
     
    Seine wortkarge Visitenkarte — nur Name und
Vorname — wies ihn als Etienne Raphanel aus. Ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt,
gut gekleidet, ziemlich hübsch. Ein kräftiger, aber energieloser Junge mit braungebranntem
Gesicht, schlaffen Zügen und zwei Bürsten, die eine über dem Gesicht, die
andere mittendrin: Haare und Schnurrbart. Ein verlegenes Lächeln umspielte
seine weichen Lippen. In seinen grauen Augen hinter der dicken Hornbrille lagen
unbestimmbare Gefühle. Er schien sich nicht wohl in seiner Haut zu fühlen.
Zuerst hatte ich gedacht, er käme „wegen der Anzeige“ in Sachen Clarimont. Doch
ich hatte mich geirrt.
    „Monsieur“, begann er und rutschte nervös auf
dem Besuchersessel hin und her, „ich möchte Sie mit einer delikaten, sehr
delikaten Angelegenheit betrauen..
    „Ich kenne praktisch nur delikate
Angelegenheiten“, unterbrach ich ihn. „Sie begleiten mich beim Atmen wie beim
Essen. Wenn ich nicht mit ihnen schlafe, dann nur, um zu vermeiden, daß sie
Kinder kriegen.“
    „Sicher“, stimmte der Junge mir zu. „Aber
delikat und delikat ist manchmal noch ein Unterschied.“
    Aus der Mappe aus Maroquin, die er mit sich
herumschleppte, zog er einen großen Umschlag heraus. Aus diesem Umschlag
wiederum nahm er, wie mit einer Pinzette, ein Foto, 21X27, das er auf den Tisch
legte.
    „Sehen Sie sich das mal an“, forderte er mich
auf.
    Ich sah es mir an... und bekam einen Schock.
Endlich! In diesem Laden wurde in den letzten Tagen über nichts anderes geredet
als über unsittliche Fotos und an nichts anderes gedacht. Da mußte es ja einmal
passieren! Und nun war es passiert: Was ich vor mir sah, war wirklich
gepfeffert.
    „Sehr hübsch“, murmelte ich und musterte
Raphanel, der so purpurrot war wie ein Kardinal. „Und?“
    Er antwortete nicht sofort. Nachdem er sich eine
Zigarette angezündet hatte, fragte er:
    „Können Sie von dieser... diesem Foto auf die
Leute schließen, von denen es stammt? Ich meine... Können Sie herauskriegen,
wer der Fotograf war?“
    „Wird schwer werden“, sagte ich, „aber versuchen
können wir’s ja mal.“
    „Dann versuchen Sie’s.“
    Er drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus.
Er hatte nur dreimal an ihr gezogen.
    „Versuchen Sie es“, wiederholte er. „Geld und
Zeit spielen keine Rolle. Ich zahle Ihnen, was Sie verlangen.“
    Aus seiner Mappe holte er jetzt ein Bündel
Banknoten hervor.
    „Ich kenne Ihren üblichen Honorarsatz nicht. Bis
gestern wußte ich nicht einmal, daß es Sie gibt. Hab Ihren Namen in einem
Zeitungsartikel gelesen. Hier sind fünftausend Francs. Falls das nicht
reicht...“
    Eine halbe Million alter Francs! Das müßte
reichen.
    „Das müßte reichen“, sagte ich. „Wie ist das
Foto in Ihren Besitz gelangt?“
    Raphanel runzelte die Stirn und wurde noch
röter. Mit seiner gepflegten, gebräunten Hand massierte er sein schlaffes Kinn.
    „Ich habe es per Post bekommen“, antwortete er
wenig begeistert.
    „Lag etwas dabei?“
    „Nein, nichts. Was sollte denn dabeigelegen
haben?“
    „Keine Ahnung... Also nur das Foto, ja? Wann?“
    „Vor etwa zehn Tagen.“
    „Anonym, nehme ich an... Haben Sie den
Briefumschlag aufbewahrt?“
    „Nein.“
    „Schade, dann werden wir ohne ihn auskommen
müssen.“
    Ich nahm das Geld an mich und verkündete:
    „Ich werde mich darum kümmern. Sobald ich

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