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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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sondern
schlug einen Haken, um mit einem älteren Mann zu sprechen, der die Waage
beobachtete. Der Ältere hörte ihm zu, sah zu mir herüber, hob die Schultern und
schickte den Jungen offensichtlich zum Teufel. Schließlich stellte dieser — ich
meine den Jungen — den Koffer vor mir auf die Schalterablage.
    „Hier, M’sieur.“
    „Danke. Ist irgendwas, Toto?“ fragte ich, da mir
mein Instinkt keine Ruhe ließ.
    „Nein, nein, alles in Ordnung“, beeilte er sich
zu antworten. „Nur daß ich krank bin. Muß mich krankhaft um Dinge kümmern, die
mich nichts angehen. Sie geben mir einen Schein, und ich muß Ihnen den
entsprechenden Koffer aushändigen. Das ist alles.“
    „Sehr gut, Toto. Ich stecke nämlich auch immer
meine Nase in Dinge, die mich nichts angehen. Hier, schauen Sie mal!“ Ich
klappte meine Brieftasche auf und hielt ihm meine Visitenkarte mit der
Bezeichnung „Privatdetektiv“ hin.
    „Ja, und?“ fragte er.
    „Ja, und ich glaube, daß Sie den Koffer
angenommen haben, daß Sie sich an den Kunden erinnert haben, weil der etwas an
sich hatte, an das man sich gut erinnern kann — womöglich kennen Sie ihn sogar
— und daß Sie bemerkt haben, daß ich nicht jener Mann bin. Stimmt’s?“
    „Ja, M’sieur...“
    Er wurde wieder lebhafter. Seine Augen
leuchteten.
    „Privatflic!“ murmelte er. „Scheiße...“
    Nach diesem Ausruf der Bewunderung schlug ich
ihm ein Geschäft vor:
    „Ein Zehner für Sie, wenn Sie mir verraten, was
an dem Mann so bemerkenswert war.“
    „Das war kein Mann, das war ‘ne Frau. Vielleicht
nicht sehr hübsch, aber groß und elegant, gekleidet wie ‘ne Königin. Mir ist
das aufgefallen wegen dem Koffer... Ist wirklich der letzte Ramsch, hm? Ich
meine den Koffer... Paßte überhaupt nicht zu der Frau.“
    „Wann hat sie ihn aufgegeben?“
    „Letzten Samstag, so gegen 23 Uhr. Wollen Sie
‘ne Beschreibung?“
    Was er wollte, das war vor allem der
versprochene Zehner!
    „Ja, klar!“ antwortete ich.
    „Tja, also... äh... Kein hübsches Gesicht, aber
auch nicht häßlich. So dazwischen... Würd sie, glaub ich, gar nicht mal
wiedererkennen, wenn ich sie sehen würde. Also, ich will Ihnen nichts
vormachen. Vor allem hab ich auf ihre Figur geachtet. Ich meine, groß, elegant,
wie ‘ne Königin. Und die Haare! Wie in ‘ner Modezeitschrift, bei den
Mannequins, oder im Film, wissen Sie? Sah wie ‘ne toupierte Perücke aus.“
    Eine elegante, große Frau, gekleidet wie eine
Königin, mit toupierten Haaren, weder hübsch noch häßlich, so dazwischen... Das
war wirklich keine zehn Francs wert, zumal der Junge vermutlich phantasierte.
Außerdem wußte ich nicht, ob mir seine Auskünfte nützlich sein würden, egal,
was sich in dem Koffer befand. Aber schließlich hatte ich mit der Fragerei
angefangen und ihm das Geschäft vorgeschlagen. Ich gab dem aufgeweckten jungen
Beamten den Schein.
     
    * * *
     
    Zurück in der Agentur, öffnete ich das
Köfferchen, indem ich das billige Schloß auf brach.
    Das Gepäckaufbewahrungsstück enthielt, in altes
Packpapier gewickelt, die Jadefiguren, die Dr. Clarimont geklaut worden waren.
Ich verglich sie mit den Abbildungen und den Beschreibungen, dann überprüfte
ich noch einmal die Liste, die der Arzt mir ausgehändigt hatte. Alles stimmte
überein, und nichts fehlte.
    „Hier sollen keine Verhandlungen in Gang
gebracht, sondern der Kram soll schlicht und einfach zurückgegeben werden“,
sagte ich zu Hélène, die die Bergung des Schatzes beobachtete. „Die Diebe
wollten die Beute loswerden, weil sie sie entweder nicht verhimmeln können oder
weil es einen Toten gegeben hat.“
    „Auf jeden Fall verhalten sie sich doch
hochanständig“, bemerkte meine Sekretärin. „Die Ware am Gepäckschalter
aufzugeben und Ihnen den Schein zuzuschicken! Normalerweise bevorzugen solche
Leute einen Gully…“
    „Diese Vorzugsbehandlung verdanken wir
zweifellos der eleganten Königin, die zu der Bande gehört. Na ja, das ist ja
nicht so wichtig. Ich sollte die Figuren wiederfinden. Ich habe sie
wiedergefunden. Ich werde den Arzt benachrichtigen.“ Ich rief in Sceaux an,
LAKanal 45-67, doch ohne Erfolg. Auch das war im Augenblick nicht so wichtig.
Es konnte warten. Ich hatte Dringenderes zu erledigen.
    Ich legte den Hörer erst gar nicht auf die Gabel
und rief meinen Mitarbeiter Reboul an.
    „Hallo! Reboul? Sagen Sie... Das Haus in der
Avenue Niel, das mit den drei Ausgängen, durch die Raphanel euch entwischt
ist... Wie war die

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