Im Schattenreich des Dr. Mubase
sah er Eike an. Aber der
preßte nur die Lippen aufeinander.
„Nun, Eike Dräger? Was hat dein Alter
in deinem Knabenzimmer gefunden? Heroin? Kokain? Amphetamin?“
„Wahrscheinlich Hausstaub.“
„Aber ja.“
„Ich habe wenig Zeit. Worauf willst du
hinaus?“
„Ich pflege eine sehr nützliche
Beziehung zu einer Apothekenhelferin. Wenn du unbeschadet rauskommen willst aus
dem häßlichen Verdacht, ein Fixer zu sein — dann könnte ich veranlassen, daß
deine Pulverprobe gegen was Harmloses ausgetauscht wird.“
„Na endlich! Jetzt verstehe ich. Und
was kostet diese Art Service?“
„Wieviel kannst du bezahlen?“
„Mann, ich bin Taschengeldempfänger.
Und ich kriege nicht den höchsten Tarif (festgesetzte Bezahlung). Überhaupt — wer garantiert mir, daß es klappt mit dem Austausch?“
„Ich.“
„Sehr beruhigend.“
„Und ob. Soll ich dir die Dankschreiben
vorführen? Schon 42mal — jawohl, 42mal! — habe ich deinesgleichen gerettet.
Aber nicht nur aus Nächstenliebe. Es muß sich auch bezahlt machen. Hast du
nichts auf der Kante?“
„Etwas. Ich spare auf ein Mountain
Bike.“
„Das ist doch schon was. Wieviel hast
du zusammen?“
„1200 Mark. Nicht ganz.“
„Das reicht. Dafür mache ich’s. Also
paß auf! Morgen abend hier an dieser Stelle. Um 19 Uhr. Dann weißt du bereits,
daß deine Probe negativ war. Dein Stoff wird ausgetauscht gegen Milchzucker.
Klar? Milchzucker! Merk dir das, damit du’s deinem Alten erklären kannst.
Milchzucker ist zum Futtern. Gesund für den Magen. Kriegt man in Apotheken und
Reformhäusern.“
„Milchzucker. Wunderbar! Ich liebe
Milchzucker. Wie könnte ich leben ohne ihn? Verzeihung, wie sieht er aus?“
„Helles Pulver. Weiß, glaube ich.“
„Der wundervolle hell-weiße
Milchzucker!“
„Dein Stiefvater kann dir dann nichts
mehr wollen. Und das verdankst du mir. Vergiß nicht, das Geld mitzubringen!“
Eike sah dem Typ nach.
Charlie — oder wie auch immer er heißen
mochte — stiefelte zum Lippert-Platz. Der Kerl trug Abenteurerschuhe, die — nebst
Sportbekleidung — von einer Zigaretten-Marken-Firma kreiert ( geschaffen )
und verkauft wurden.
Offenbar fühlten sich die Treter
unbequem an, denn Charlie latschte los wie auf Eiern.
Eike dachte dieses und jenes auf den
letzten Metern des Heimwegs. Beunruhigt war der Junge nicht. Dazu bestand auch
kein Grund.
Zur Platzke-Villa gehörte ein Garten
mit Ulmen, Eschen und Rottannen.
In einer Ecke, wo Sträucher gegen
nachbarliche Neugierblicke abschirmten, war eine Hollywood-Schaukel
aufgestellt.
Kiki Dräger-Platzke schaukelte.
Außerdem hatte sie eine Flasche Champagner bei sich und ein besonders schönes
Glas.
Eike küßte seine Mutter.
Sie war 39, sehr schick, sehr gepflegt,
eigentlich braunhaarig wie ihr Sohn, aber hellblond gefärbt, weil Platzke das
liebte. Kiki duftete so betörend nach einem Patou-Parfum, daß die Wespen zu
Dutzenden herbeischwirrten. Noch hatte keine gestochen.
„Hallo, Mutter! Schönen Tag gehabt? Was
gibt’s Neues?“
Sie leerte erst ihr Glas. „Eike!
Sieh... sieh mir in die Augen! Nimmst du... nimmst du... ich meine Rauschgift?“
„Ich? Um Himmels willen — nein! Ich
rauche auch nicht. Und wann trinke ich schon mal Bier?“
„Ich... meine Drogen! Harte... Drogen.
Weißes... Pulver!“
„Nein, nehme ich nicht. Wie kommst du
darauf?“
„Wolfram... in deinem Zimmer... Er
wollte nur sehen, ob du einen Filzstift hast, den er sich... sich borgen
könnte. Dabei... dabei hat er... ein Tütchen mit weißem... mit weißem Pulver
gefunden.“
„Soso? Aha! Und denkt, es wäre Kokain.
Heroin. Amphetamin. Wie? Und war schrecklich froh, daß er mich jetzt endlich am
Kragen hat. Ist aber nicht, Mutter! Wahrscheinlich hat er Milchzucker gefunden.
Irgendwo lag da noch ein Tütchen mit Milchzucker rum.“
„Milchzucker?“
„Kann man essen. Hilft dem Magen.“
„Bääähhh... Aber ich bin froh, daß
es... daß es Milchzucker ist.“
„Ich auch“, sagte Eike.
8. Herbstferien opfern?
Schon vorhin hatte Klößchen das Café
entdeckt, unweit des Cornelia-Krankenhauses. Während des Besuchs bei Eugen
hatte er ständig an Kakao, Schokoladentorte und einen riesigen Eisbecher
gedacht. Jetzt — die TKKG-Bande hatte gerade das Krankenhaus verlassen — gab’s
bei Klößchen kein Halten mehr.
„Wollen wir uns ‘ne Tasse Kaffee
reinziehen“, meinte er scheinheilig, „oder Tee? Dabei können wir am besten
beraten. Dort drüben ist ein
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