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Im Schattenreich des Dr. Mubase

Im Schattenreich des Dr. Mubase

Titel: Im Schattenreich des Dr. Mubase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Steg“,
schwindelte Tim. „Flier kommen wir besonders oft vorbei während unserer
nächtlichen Streifen.“
    Er sah zu, wie die beiden einstiegen
und wegfuhren. Der Kleinlaster verschwand hinter einer Straßenbiegung, und nur
dann und wann geisterte Scheinwerferlicht durch das Schilf.
    Tim lief zu seinen Freunden zurück. Sie
saßen auf dem Steg, ließen die Beine baumeln und feixten.
    „Finde ich unheimlich stark“, rief
Klößchen. „Die Diebe werden zur Schnecke gemacht und verscheucht — damit wir
einen Kahn klauen können.“
    „Wir klauen nicht“, lachte Tim. „Wir
borgen ihn nur.“
    „Immerhin hat Rudi uns die Mühe
abgenommen“, stellte Karl fest, „und die Kette schon durchgebissen. Auch diese
klitzekleine Sachbeschädigung geht nicht auf unser Konto.“
    „Und so stehen wir wie immer“, meinte
Tim, „blütenweiß da.“

17. Ein Fixer dreht durch
     
    Es war ein schwerfälliger Kahn, ein
Ruderboot, wie es auf touristisch erschlossenen Teichen und Seen für fünf Mark
pro Stunde verliehen wird.
    Das Wasser schlürfte am flachen Kiel.
Der Wind pfiff. Über dem Rohrpfeifer-See jagten dunkle Wolken mit Hängebäuchen.
    Tim ruderte. Karl und Klößchen saßen
auf der Bank im Heck und ließen sich’s wohl sein. Der TKKG-Häuptling legte sich
in die Riemen, und der träge Kahn flog geradezu über das Wasser.
    „Verausgabe dich nicht so!“ meinte
Karl.
    „Ph!“ Tim atmete im Rhythmus der
Ruderschläge. „Da werde ich wenigstens warm. Stimmt die Marschroute?“
    Da er mit dem Rücken in Fahrtrichtung
saß, mußte Karl als Steuermann mitmachen.
    „Du fährst geradewegs auf die Insel
Seefleck zu“, Karl sah an ihm vorbei. „Etwas mehr links — ja, jetzt stimmt der
Kurs. Das Klinikgelände ist dunkel, keine Laterne im Park. Aber hinter den
Fenstern ist Licht. Jedenfalls in der Villa und im blauen Haus. Auf der anderen
Seite — bei den Patienten — sehe ich nur vereinzelt Beleuchtung. Vielleicht
sind nicht alle Zimmer belegt. Oder die Hausordnung ist dort noch strenger als
bei euch im Internat.“
    „Strenger geht’s nicht“, meinte
Klößchen mit vollem Mund. Es klang nach schokoladegefüllten Backen.
    Tim hielt einen Moment inne und wandte
den Kopf.
    Schräg rechts lag die Insel vor ihnen,
ein bewachsener Hügel im Wasser. Schilf flatterte im Wind. Das Dach einer
kleinen Hütte zog einen Strich vor dem Grau des Himmels. Es war der Himmel über
der Großstadt, und der schien heller zu sein als über dem Land. Das lag an dem
Lichtermeer der Stadt. Die Wolken reflektierten den Schein.
    Von der Insel bis zum Klinikufer betrug
die Entfernung allenfalls 100 Meter.
    Wenn jemand im Park spaziert, dachte
Tim, sieht er uns vielleicht nicht, aber er könnte uns hören. In dieser
nächtlichen Stille wird jeder Laut weit getragen.
    „Ab jetzt nur noch flüstern“, meinte er
leise und ruderte steinwurfweit an der Insel vorbei.
    Kurz vor dem Ufer zog er die Ruder ein,
bzw. er kippte sie samt der Dollen hoch und verkeilte sie innen an der
Bordwand.
    „Ducken!“
    Karl und Klößchen machten sich klein.
    Tim kauerte im Bug und sah dem Ufer
entgegen.
    Der Kahn glitt darauf zu.
    Eine hüfthohe Mauer befestigte das
Ufer. Vermutlich war es aufgeschüttet worden und begrünt. Somit lag die
flachste Stelle gut einen Meter oberhalb der Wasserfläche. Es gab keinen
Anlegesteg, aber drüben auf der Villenseite eine Fünf-Stufen-Treppe ins Wasser.
    Tim beugte sich vor. Mit beiden Händen
fing er die Ufermauer ab, bevor der Bug dagegen stoßen konnte. Glitschig und
bemoost fühlte sich der Stein an. Tim packte die Kante und zog den Kahn
längsseits.
    Karl und Klößchen stiegen an Land.
    Klößchen schaffte es, ohne das Boot
umzukippen.
    Tim behielt die Bugkette in der Hand,
als er auf die Ufermauer sprang. Seine Freunde warteten geduckt. Ein Nachtvogel
flatterte im Tiefflug vorbei — freilich ohne, im Gegensatz zu Düsenjägern, die
Schallmauer zu durchbrechen und Wohngebiete mit Absturz zu gefährden.
    Nirgendwo ein Pfahl, Ring oder Poller.
    „Wo soll ich das Boot festmachen?“
zischelte Tim. „Karl, halt mal die Kette.
    Während der Gedächtniskünstler das Boot
am Wegschwimmen hinderte, fand Tim einen kopfgroßen Stein und legte ihn auf die
Mauer. Karl schlang die Kette um den Stein.
    „Hoffentlich hält das“, flüsterte
Klößchen. „Wenn der Seegang stärker wird, treibt unser Dampfer aufs Meer.“
    „Dann schwimmen wir“, erwiderte Tim. „Bist
du dazu in der Lage — mit deiner karierten

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