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Im Schattenwald

Im Schattenwald

Titel: Im Schattenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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einer Hexe. Solltest du eine Hexe den Klauen des Todes entreißen, dann besitzt du ihr Leben so, wie ich deines besitze.«
    Der Professor drehte sich lachend um und warf der Schattenhexe einen Blick zu. Er sah ihre schwarzen Tränen.
    »Warum weinst du?«
    »Es ist … nichts«, sagte die Schattenhexe.
    »Nichts? Nun, wenn du um deine Schwester weinst, dann hast du Recht, denn der Tod ist nichts , gar nichts.« Er lachte erneut. »Deine Tränen kommen zu spät, Schattenhexe . Ich habe die Liebe zu deiner Schwester geprüft, doch dein Wille, mir zu dienen, war stärker. Mach weiter, wir brauchen mehr Schatten, er lebt noch.«
    Der Huldre griff sich an den Hals und rang nach Luft, als er erneut von schwarzem Dunst eingehüllt wurde.
    Professor Tanglewood hörte auf zu lachen und bemühte sich um ein ernstes Gesicht. »Glaub ja nicht, dass mir dies leichter fällt als der Hexe, Grentul. Heute spüre ich die ganze Last meiner Aufgabe. Ich bin nicht böse. Versteh das. Ich bin der Beschützer des Waldes. Könntest du mein neues Buch lesen, dann würdest du das verstehen. Hätte ich nichts verändert, wäre der Wald ein sicherer Ort für die Menschen. Und was wäre die Folge?«
    Der Huldre wurde nun vollständig von schwarzen Dunstschwaden eingehüllt.
    »Bitte«, keuchte er, »bitte …«
    »Für das große Ziel müssen Opfer gebracht werden. Und
dir ist immerhin ein ehrenhafter Tod beschieden. Du stirbst für den Wald. Darauf kannst du stolz sein.«
    Grentul sah nichts als Schwärze. Als sein Körper von einem erstickenden Schmerz erfüllt wurde, kam ihm eine letzte Erinnerung: Er saß draußen neben seiner Mutter, die eine Sonne schnitzte. Holzspäne fielen ins Gras. Ihr sanftes Gesicht war still und konzentriert.
    »Mutter«, sagte er - oder wollte es sagen -, als die letzten Reste des Lebens aus ihm herausgesaugt wurden.
    Die Hexe sog die Schatten wieder in sich hinein, während sie den toten Huldren betrachtete, der auf dem Boden zusammengesunken war. Seine blanken, starren Augen. Seinen bewegungslosen Schwanz, der wie ein Fragezeichen aussah.
    Die nächste Anordnung ihres Meisters riss sie aus ihren traurigen Gedanken.
    »Schattenhexe«, sagte er. »Die beiden Menschen sind immer noch im Wald. Sollten sie noch am Leben sein, dann bemächtige dich ihrer Schatten. Verändere sie, wie es meinen Gesetzen entspricht. Du und ich, Schattenhexe, wir gemeinsam müssen den Wald vor der jenseitigen Welt beschützen. Geh jetzt! Und finde sie!«
    Professor Tanglewood sah die Schattenhexe davonfliegen, bis sie nur noch ein kleiner Punkt war, der schließlich am Himmel verschwand. Er schloss die Augen und lächelte traurig bei dem Gedanken, wie anders alles gewesen war, damals, als er der Schattenhexe zum ersten Mal begegnet war.

Wie Professor Tanglewood der Schattenhexe begegnete
    M an kann mit Bestimmtheit sagen, dass Professor Horatio Tanglewood schon ein durch und durch bösartiger Mann war, als er nach Norwegen kam. Sein schreckliches Leben hatte dazu geführt, dass er an seiner eigenen Bosheit ebenso viel Gefallen fand, wie andere Leute ein Tennismatch oder ein Erdnussbuttersandwich genießen.
    Dennoch trug er immer noch einen winzigen Rest Güte in sich, wie sich an seinem ersten Tag im neuen Land herausstellte, als er mit dem Fahrrad von Flåm zurück nach Hause fuhr. Als er die Zufahrt zu seinem Haus erreichte, stand ihm ein bedeutendes Ereignis in seinem Leben unmittelbar bevor, wovon er zu diesem Zeitpunkt freilich nichts ahnte.
    Er sah, wie eine Katze von seinem Dach baumelte. Es war eine schwarze Katze, die sich verzweifelt an der Regenrinne festkrallte. Eine zweite Katze - ein weißes Tier - saß im Gras und miaute so laut, als wolle sie sagen: »Halt aus! Da kommt ein Mann auf einem Fahrrad und wird dich retten!«
    Da stieg eine Erinnerung aus den versunkenen Bereichen seines Bewusstseins in ihm auf. Er hatte schon einmal zwei Katzen gesehen, vor langer Zeit, als er mit seiner Mutter im Urlaub gewesen war.
    »Was für süße kleine Schätzchen, nicht wahr, Horatio?«, hatte seine Mutter gesagt und die weiße Katze im Nacken gekrault.

    »Ja, Mami«, hatte er erwidert, »die sind wirklich niedlich.«
    Jetzt kamen ihm diese Worte erneut über die Lippen, als er sein Fahrrad anhielt. Und plötzlich hatte er das Gefühl, ein ganz anderer zu sein - nicht Professor Tanglewood, der skrupellose Mörder, sondern der siebenjährige Horatio, der Junge, der immer noch die Welt und alle Geschöpfe liebte, die in ihr lebten.
    Im

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