Im Schloss der Leidenschaft
zwischen ihnen wuchs mit jedem Tag. Verschwunden waren das Lachen und die Freundschaft, die sich so zaghaft entwickelt hatten. Ohne Jean-Claude wäre die Atmosphäre im Schloss unerträglich, dachte Emily bekümmert.
Dabei gab es noch ein weitaus bedrohlicheres Problem.
Ihre Periode war ganz sicher nur überfällig, beruhigte sie sich, als sie das Datum auf Lucs Zeitung las. Höchstens fünf Tage. Kein Grund zur Panik, trotzdem bat sie Liz sicherheitshalber, einen Schwangerschaftstest aus dem Dorf mitzubringen.
„Was ist los?“ Luc senkte die Zeitung und betrachtete aufmerksam ihr blasses Gesicht. „Du siehst krank aus, chérie. Fehlt dir etwas?“
„Es ist nichts“, versicherte sie rasch, obwohl sich ihr Magen umdrehte, als Simone eine dampfende Tasse Kaffee vor ihr abstellte. „Ich fühle mich heute Morgen nurnicht ganz wohl. Vielleicht habe ich mir einen Virus eingefangen.“
„Hm.“ Luc wirkte nicht überzeugt, woraufhin sie unruhig seinem kritischen Blick auswich. Manchmal meinte sie, dass er ihre Gedanken lesen konnte, was in diesem Moment gar nicht gut wäre. Falls – und es war ein großes Falls – sie schwanger war, wollte sie ihm die Neuigkeit erst mitteilen, wenn sie wusste, wie sie damit umgehen sollte.
„Ich habe etwas, das ich dir zeigen will.“ Bei seinen Worten blinzelte sie und wünschte sich, dass er in den Jeans und dem schwarzen Poloshirt nicht so verdammt sexy aussehen würde. Er war zwei Tage fort gewesen. Eine dringende geschäftliche Angelegenheit, und trotz der Spannung zwischen ihnen hatte Emily ihren Mann sehr vermisst.
Was für ein Jammer, dass die Reise seine Laune nicht verbessert hatte, dachte Emily, nicht ahnend, dass sein Flug nach London und das Gespräch mit seiner dortigen Haushälterin für die finsteren Blicke verantwortlich war, die er ihr am Frühstückstisch zuwarf. Wenn es nicht so lächerlich klänge, hätte sie geschworen, er verstecke sich hinter der Zeitung.
„Es kann bis morgen warten, wenn du dich nicht wohlfühlst“, fügte er hinzu, doch sie schüttelte den Kopf.
„Mir geht es gut“, widersprach sie und schob den Kaffee zur Seite. Da sie anschließend Jean-Claudes Mund abwischte, entging ihr Lucs skeptischer Blick.
Weil er ein Ventil für seine angestaute Aggression brauchte, nahm Luc immer zwei der hohen Stufen zum Westturm auf einmal. Was, in aller Welt, sollte er Emily sagen? Wie zugeben, dass er sich getäuscht, sie falsch beurteilt hatte – und das wegen der Aussage einer Frau,die ihre Beziehung zerstören wollte?
Er hatte Robyn eher geglaubt als Emily, gestand er sich schuldbewusst ein. Sicher, irgendwann fing er an, Robyns Motiven zu misstrauen, und jetzt besaß er unwiderlegbare Beweise für ihre Lüge, wusste aber nicht, wie er den Schaden wiedergutmachen sollte, den er angerichtet hatte.
Er drehte sich zu Emily um, die sich bemühte, mit ihm Schritt zu halten. Als er ihr erhitztes, aber entschlossenes Gesicht sah, zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen.
„Warum hast du mich nach hier oben geführt?“, fragte sie, als sie neben Luc auf der obersten Treppenstufe ankam.
Anstatt zu antworten, öffnete er eine Tür und schob sie in einen großen runden Raum, mit Fenstern zu allen Himmelsrichtungen, so dass von überall Licht hereinfiel.
„Was für ein fantastischer Blick“, murmelte Emily, als sie nach vorn trat, um auf das spektakuläre Loire-Tal hinabzusehen. „Was ist das für ein Raum. Luc?“
„Dein Atelier – es sei denn, du möchtest einen anderen Raum im Château“, fügte er hinzu. „Ich dachte, es würde dir hier gefallen. Der Blick ist, wie du sagst, fantastisch und das Licht hervorragend … Sag doch etwas“, drängte er, weil er allmählich die Kontrolle verlor. Nervös fuhr er sich mit der Hand durchs Haar, da sah er ihre Tränen. „Emily, warum weinst du? Ich dachte, du freust dich.“
„Ich freue mich ja auch. Ich bin nur so … überrascht“, meinte sie mit belegter Stimme und rieb sich mit der Hand über die Augen. Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen und um Vergebung gebeten. Doch es gab Dinge, die er erledigen musste, bevor er ihre Verzeihungerbitten konnte, und so schob er die Hände in die Taschen und wandte sich ab.
„Ich denke, du findest hier alles, was du brauchst“, erklärte er ruhig und wich ihrem Blick aus. „Deine Entwürfe sind hier, zusammen mit den Stoffmustern, die du aus Spanien mitgebracht hast. Der Tisch dürfte groß genug sein, um die Schnitte zu machen, und wie
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