Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
Vom Netzwerk:
lehnte seinen pochenden Kopf gegen die Nackenstütze, verzog unter dem Druck das Gesicht und ließ den Kopf behutsam zur Seite sinken, bis er am Seitenfenster lehnte. Das kühle Glas linderte den Schmerz ein wenig. Er schloss die Augen. Sie durften nichts überstürzen; sie würden alles in Ruhe überdenken und alle Details regeln. Bevor er wegdöste, hakte er im Geist eine imaginäre Liste ab: Stromversorgung abschneiden, erledigt; Telefonleitungen kappen, erledigt; Brücke blockieren, erledigt; diesem Arschloch von Handwerker den Hals brechen, erledigt. Fast wie Schafe zählen, nur besser.

10
    Der halbe Ort hatte sich im Haus versammelt, weil alle erfahren wollten, was vorgefallen war. Aus reiner Gewohnheit setzte Cate Kaffee auf und schenkte ihn aus, aber Sheila warf nur einen Blick in das angespannte Gesicht ihrer Tochter und verkündete im nächsten Moment mit fester Stimme: »Setz dich. Die Leute können sich selbst bedienen.«
    Cate setzte sich. Tucker und Tanner waren ebenfalls im Speiseraum; normalerweise hatten sie hier drin nichts verloren, wenn Gäste da waren, aber dies war eine Ausnahme. Heute waren hier keine zahlenden Gäste, sondern Nachbarn, die zu helfen versuchten. Sie beobachtete die Mienen der beiden Jungs und versuchte zu erkennen, ob sie die unausgesprochenen Schwingungen registrierten. Sie waren aufgeregt, aber mehr nicht. Als sie Calvin gefragt hatten, warum er ein Gewehr dabeihatte, hatte er geantwortet, auf dem Speicher sei eine Schlange gewesen, die er losgeworden sei. Natürlich waren sie von dem Gewehr wie auch der Schlange fasziniert und wollten beides unbedingt sehen, doch zu ihrer großen Enttäuschung war die Schlange bereits verschwunden. Soweit sie es begriffen, drehte sich die ganze Aufregung und das ganze Gerede um die Schlange. Sie wussten nur nicht, dass es sich um eine Schlange in Menschengestalt handelte. Jetzt waren sie mitten im Geschehen, und ihre Blicke huschten von einem zum anderen, während die Situation besprochen wurde.
    »Du hättest sie hier behalten sollen, bis wir kommen«, beschwerte sich Roy Edward Starkey bei Cal. Er war siebenundachtzig, und seine Ansichten schienen aus jenen Zeiten zu stammen, in denen alle Eindringlinge, die jemandem aus dem Ort ans Leder wollten, am nächsten Baum aufgeknüpft worden waren.
    »Kam mir schlauer vor, ihnen zu geben, was sie wollten, und sie wegzuschicken, bevor jemandem was passiert«, antwortete Cal ruhig.
    »Wir müssen den Sheriff rufen«, meinte Milly Earl.
    »Gut, aber höchstwahrscheinlich wird der Sheriff mich verhaften«, merkte Cal an. »Schließlich habe ich einen von ihnen k.o. geschlagen.«
    »Ich bin Millys Meinung«, meldete sich Neenah zu Wort. »Wir sollten sofort die Polizei rufen. Ich bin zwar nicht verletzt, aber ich hatte Todesangst.«
    »Wollte dich die Schlange beißen?« Tucker ging zu ihr hin und schmiegte sich an ihr Bein. Seine großen blauen Augen waren vor Aufregung kreisrund.
    »Allerdings, und sie hätte es fast geschafft«, antwortete sie ernst und strich mit der Hand über sein dunkles
    Haar. Auch Tanner lehnte sich an sie, ohne den Blick von ihrem Gesicht zu nehmen, und wurde ebenfalls zärtlich gestreichelt.
    »Wow«, hauchte Tucker. »Und Mr Hawwis hat dich gewettet?«
    »O ja.«
    »Mit dem Schießgewehr«, ergänzte Tanner halb laut, als sie nicht ausführlicher antwortete.
    »Genau, er hat mich mit dem Schießgewehr gerettet.«
    Roy Edward sah die beiden an, wurde durch ihre Ähnlichkeit aus dem Konzept gebracht und fragte niemanden im Besonderen: »Wer ist wer?«
    »Das ist einfach«, antwortete Walter Earl lachend. »Wenn einer den Mund offen hat und quasselt, ist es Tucker. «
    Alle im Raum lachten, und die Atmosphäre entspannte sich ein wenig.
    Cates Herz schmerzte vor Liebe, und in ihr erwachte ein wütender Beschützerinstinkt. Sie waren so klein und renkten sich fast die Köpfe aus, um in diesem Raum voller durcheinander schwatzender Erwachsener jedes Wort aufzuschnappen. Sie waren erst vier, und die größte Aufgabe, die sie momentan zu bewältigen hatten, bestand darin zu lernen, wie man sich anzieht. Ihre Sicherheit, ihr Wohlergehen hingen ganz und gar von Cate ab. Sie wandte sich an Sheila und sagte: »Ich möchte, dass du morgen heimfliegst und die beiden mitnimmst. Sie sollen bei dir bleiben, bis sich alles wieder beruhigt hat.«
    Sheila nahm ihre Hand und drückte sie. »Glaubst du, sie kommen noch mal?« Ihre Augen wurden schmal. Seit sie von dem Spaziergang mit ihren

Weitere Kostenlose Bücher