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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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ja trotzdem einen Whisky bekommen?«, fragte er und lächelte Irene schwach an.
    »Natürlich«, antwortete sie und gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange.
    Es war in der letzten Woche etwas viel gewesen, und sie konnten beide einen Schluck vertragen. Sie goss das bernsteinfarbene Getränk in zwei Whiskygläser aus Bleikristall, die sie von ihren Eltern geerbt hatte. Auf dem Weg ins Wohnzimmer blieb sie in der Diele stehen und zog ein Tonbandgerät aus ihrer Jackentasche.
    Krister saß auf einem der Sessel, und Egon hatte es sich zufrieden auf seinem Schoß bequem gemacht. Langsam streichelte Krister den Hund, während er durch das große Panoramafenster schaute. Die Sonne ging gerade unter, und die Unterseiten der Wolken waren grellrosa erleuchtet. Irene stellte die Gläser auf den Couchtisch. Schweigend tranken sie beide einen Schluck. Dann sagte Irene:
    »Es tut mir leid, dass ich dir die Nachricht von Jannes Tod so abrupt überbracht habe. Aber seit die Bombe explodiert ist, hatte ich das deutliche Gefühl, dass du einem Gespräch mit mir ausweichst. Jetzt musst du alles erzählen, was du weißt, denn jetzt ist es wirklich ernst. Und ich muss deine Worte aufnehmen, damit ich mich morgen an alles erinnere.«
    Sie schaltete den kleinen Kassettenrekorder ein, den sie auf den Couchtisch gestellt hatte. Krister sah sie nicht an, sondern schaute auf Egon, der sich auf seinem Schoß sehr wohlzufühlen schien. Irene sprach das Datum und die Uhrzeit auf Band, aber noch ehe sie Kristers und ihren vollständigen Namen sagen konnte, unterbrach Krister sie:
    »Wie … ist er gestorben?«, fragte er leise.
    »Janne wurde erschossen. Dann haben sie ihn im Kofferraum seines Autos versteckt. Das haben sie an einen abgelegenen Platz beim Landvettersjön gefahren und angezündet.«
    Krister schluckte mehrmals und fragte dann mit Mühe:
    »Wann ist er gestorben?«
    »Das wissen wir noch nicht definitiv. Wahrscheinlich jedoch Anfang der Woche.«
    Sie schwiegen lange. Irene wollte ihn eigentlich nur in die Arme nehmen, aber sie wusste, dass sie versuchen musste, die Vernehmung so professionell wie möglich durchzuführen. Sonst bestand noch die Gefahr, dass sie beide zusammenbrachen. Sie beschloss, ihm einen Köder hinzuwerfen und abzuwarten, ob er anbeißen würde.
    »Wir wissen, dass Janne von einer Rockerbande aufgesucht wurde, dem Gothia MC . Hat er das dir gegenüber erwähnt?«, fragte sie.
    Krister erstarrte und warf ihr einen hastigen Blick zu, dann schaute er wieder auf den Hund.
    »Nein. Davon hat Janne nichts gesagt. Nichts«, murmelte er.
    Irene unterließ es, ihn dazu aufzufordern, seine Antwort lauter zu wiederholen. Das musste genügen. Sie sah, wie sehr es ihn anstrengte. Ein Kloß steckte in ihrem Hals, und sie schluckte mehrmals, ehe sie fortfahren konnte:
    »Wir wissen, dass er beide Restaurants ziemlich schnell verkaufte. Wir wissen, dass er auch im Begriff war, seine schicke Wohnung zu veräußern. Aber er konnte nicht warten, bis dieser Verkauf abgeschlossen war. Er versuchte schon vorher zu flüchten.«
    Sie erzählte, wie sie entdeckt hatten, dass Jan-Erik verzweifelt versucht hatte, Hals über Kopf und ohne seine Freundin in die USA zu flüchten, aber nie dort angekommen war. Die Letzte, die ihn lebend gesehen hätte, sei Jeanette Stenberg am Sonntagabend gegen elf Uhr gewesen. Irene hielt inne und überlegte, wie sie fortfahren sollte.
    »Wir wissen, dass Janne Spielschulden hatte. Aber wir glauben nicht, dass es darum geht. Es geht um die Restaurants. Oder in deinem Fall um das Restaurant. Nicht wahr?«, sagte sie.
    Krister seufzte und trank einen großen Schluck. Er rieb sich das Gesicht, als versuche er aus einem bösen Traum zu erwachen.
    »Die Spielschulden. Sie sagten, er hätte nicht alles bezahlt. Jetzt wollen sie, dass ich zahle!«
    Der letzte Satz klang wie ein Schrei. Er begann zu schluchzen. Egon jaulte verwirrt und drückte sich an die Brust seines Herrchens.
    »Krister, wen meinst du, wenn du sie sagst?«
    Irene versuchte unberührt zu wirken, aber es schnürte ihr fast die Luft ab. Sie wollte nur noch heulen. Sie merkte selbst, dass ihre Stimme zitterte, und konnte nur hoffen, dass dies auf dem Tonband nicht zu hören sein würde.
    »Die Rocker … Diese MC -Typen«, brachte er mit Mühe über die Lippen.
    »Der Gothia MC ?«
    »Ja … zwei von denen. Sie trugen Westen … Gott! Es ist nicht mal eine Woche her, dass diese Hölle ausgebrochen ist!«
    Er setzte den protestierenden Egon auf den

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