Im Sog der Angst
Raubüberfall allein mit Hilfe von Drohungen durchzieht - könnte die Patienten dazu bewegen, bei der Stange zu bleiben.«
»Psychotherapie für Häftlinge auf Bewährung«, sagte er. »Könnte so etwas wirklich richtig Geld einbringen?«
»Falls es genug auf Bewährung Entlassene gibt«, erwiderte ich. »Machen wir eine kurze Rechnung auf. Gruppentherapie in einer Privatpraxis kann zwischen fünfzig und hundert Dollar pro Stunde kosten. Medi-Cal erstattet viel weniger - fünfzehn, zwanzig. Aber es gibt alle möglichen anderen Dinge, die man Medi-Cal in Rechnung stellen kann. Indidviduelle Behandlung, ursprüngliche Anamnese, Nachfolgeuntersuchungen, Tests, Fallkonferenzen …«
»Fallkonferenzen. Zum Beispiel eine Zusammenkunft nach Büroschluss, im selben Haus. Wie viel bezahlt Medi-Cal dafür?«
»Sechsunddreißig Dollar für dreißig Minuten. Falls diese Leute sich in ein Zusatzprogramm eingeklinkt haben, das zu der Medi-Cal-Rechnung hinzukommt - etwas, das Sonny gedeichselt hat -, könnte das Honorar deutlich höher ausfallen. Aber bleiben wir konservativ und nehmen an, im Kern geht es um Gruppentherapie zu zwanzig Dollar pro Patient und Sitzung. Ich habe mindestens zwei Dutzend Klappstühle gesehen. Falls sie Gruppen von zwanzig Patienten haben - oder das behaupten -, würde jede Gruppensitzung vierhundert Dollar pro Stunde bringen. Sechs Gruppen pro Tag und fünf Tage in der Woche würden zwölftausend Dollar bringen. Das allein wären sechshundert Riesen pro Jahr. Nimm ein paar Patienten dazu, ein paar zusätzliche Honorare, und es könnte interessant werden. Besonders, wenn du in Wirklichkeit nichts dafür tust.«
»Millionen«, sagte er.
»Es ist nicht unvorstellbar.«
»Jeder Knacki kriegt täglich eine Gruppentherapie … wie viele Gruppen wären für einen einzelnen Patienten gerechtfertigt?«
»Wenn ein Intensivmodell vorgesehen ist, kann man ihn den ganzen Tag behandeln.«
»Was, wie bei diesem Deal, wo du den ganzen Tag rumgesessen hast und ein Typ hat dich angeschrien, du wärst willensschwach, und wollte dich nicht pinkeln gehen lassen?«
»EST, Synanon«, sagte ich. »Es gibt viele Programme dieser Art, vor allem bei Drogenmissbrauch. Intensivkurse für auf Bewährung Entlassene könnte man damit rechtfertigen, dass es bei ihnen darum geht, eine umfassende Änderung auf verschiedenen Gebieten zu erzielen. Und wenn ein Skeptiker nachfragt, würde man ihm antworten, dass es immer noch billiger ist, als sie im Gefängnis zu behalten. Und dass man ungeheuer viel Geld damit spart , wenn man sie wirklich auf die rechte Bahn bringt.«
»Mary Lou und ihr Rehabilitationsfimmel«, sagte er. »Die Talkshows abklappern - sie und Larsen.« Er lachte. »Der Staat bezahlt den bösen Buben eine Therapie. Ich habe den falschen Beruf. Du übrigens auch, was das betrifft.«
»Wie viele Leute wohnen in Sonnys Übergangshäusern?«, fragte ich.
»Drei Häuser? Zweihundert, schätze ich.«
»Denk mal an die Einkünfte, wenn sie alle an dem Programm teilnehmen.«
»Hundert Dollar pro Knacki und Woche - fünf Riesen im Jahr. Eine Million Dollar allein für die Gruppentherapie.«
»Plus zusätzliche Honorare.«
»Bleibt nur das Problem, Alex, dass zwei Therapeuten unmöglich diese ganzen Honorare in Rechnung stellen können.«
»Dann nehmen sie Assistenten hinzu - nebenamtliche Berater. Und sie lügen einfach, berechnen Sitzungen, die nie stattgefunden haben.«
»Nebenamtliche Berater«, sagte er. »Soll heißen, andere Knackis? Yeah, das ist der Knüller, nicht wahr? Exvergewaltiger werden Vermittler, Junkies nehmen die Drogenberater-Straße. Das wäre die Stelle, wo ein Typ wie Degussa reinpassen würde … Drecksäcke machen Therapie. Ist das legal?«
»Alles hängt davon ab, wie der Vertrag lautet«, erwiderte ich. »Und ein Typ wie Sonny wüsste, wie man an einen saftigen Regierungsvertrag kommt.«
»All diese Stunden, die in Rechnung gestellt werden können«, sagte er. »Der Laden müsste brummen. Aber das tut er nicht.«
»Vielleicht ist Gavin diese Diskrepanz aufgefallen.«
»Spitzenreporter mit Gehirnschaden kommt Millionenbetrug auf die Spur«, sagte er. Er trank Saft, stellte den Karton ab und wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab. »Alles was du brauchst, um eine Million zu machen, sind ein Zimmer und ein paar Stühle. Ja, es ist ein fettes Schwindelunternehmen, aber Sonny spendet eine Million pro Jahr. Warum sollte er sich mit so was abgeben? Um des Spiels willen?«
»Vielleicht aus
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