Im Sog der Angst

spielt, aber wer weiß, was zum Teufel er wirklich macht … okay, vielleicht hat er sogar Schuldgefühle wegen Gavin, aber vor allem will er nicht, dass die Wahrheit ans Licht kommt, weil damit auch klar wird, dass er am Tod seines Sohnes mitschuldig ist. Er räumt Gavins Zimmer aus, bringt Sheila bei ihrer Schwester unter, will noch mal nach Hause, um die Aufräumaktion zu beenden, bekommt aber Angst und macht die Fliege, wobei er Angie mit sich nimmt. Sie muss ebenfalls ausgeflippt sein - schließlich hat sie ihre Freundin Christi verloren. Das Mädchen, das sie und Jerry mit Gavin verkuppelt haben, damit Gavin glücklich ist.«
    »Angie machte keinen ausgeflippten Eindruck, als wir mit ihr gesprochen haben«, erwiderte ich. »Sie hat geblinzelt, als du ihr das Bild gezeigt hast - aber das ist immer noch ziemlich cool.«
    »Das ist wahr«, sagte er. »Schwer zu beeindrucken, das Mädchen. Eine Professionelle.«
    »Was Jerrys Rolle bei dem Schwindelunternehmen angeht: Vielleicht hat er für Sonny als eine Art Mädchen für alles gearbeitet, unter anderem als Zuhälter. Wenn er nun Angie noch aus anderen Gründen engagiert hat, nicht nur als Betthäschen? Eine Stripperin kennt vielleicht ein paar Knastbrüder, und Knastbrüder sind der Rohstoff für das Schwindelunternehmen.«
    »Jerry ist ein Zuhälter … Für den Nachschub an Knastbrüdern wären Bennett Hacker und Ray Degussa zuständig.«
    »Nach allem, was wir wissen«, sagte ich, »könnte es Jerry gewesen sein, der Hacker und Degussa mit den anderen zusammengebracht hat. Degussa ist Rausschmeißer, und ein Typ wie Jerry, der sich häufiger in Stripteaselokalen rumtreibt, würde Rausschmeißer kennen lernen. Durch Degussa lernte Jerry Hacker kennen. Er stellte die beiden Sonny Koppel vor, der zufällig gerade an Übergangshäusern interessiert war.«
    »Jerrys Mietverhältnis mit Sonny war nur Tarnung, und Sonny hat uns dieses Märchen über den säumigen Zahler Jerry erzählt, um uns an der Nase rumzuführen.«
    »Und um sich von Jerry zu distanzieren. Ein geschäftstüchtiger Bursche wie Sonny hatte erkannt, was sich ihm für Möglichkeiten eröffneten. Er hatte die Übergangshäuser und dank Jerry Quick die Kontakte. Nimm noch eine Exfrau mit einem Interesse an Gefängnisreform und ihren Partner hinzu, einen Kerl, der seit zwanzig Jahren Geld mit dem Elend verdient, und alles hätte perfekt zusammengepasst.«
    »Ein Zusammentreffen unangenehmer kleiner Ränkeschmiede«, sagte er. »Perfekt, bis es das nicht mehr war.«
    »Gavins Unfall setzte die Abwärtsbewegung in Gang«, erklärte ich. »Er machte Persönlichkeitsveränderungen durch, verwandelte sich in einen Stalker, wurde verhaftet und brauchte eine gerichtlich verordnete Therapie. Das konnte Sonny regeln, indem er Gavin zu jemandem schickte, bei dem man sich darauf verlassen konnte, dass er dem Gericht gegenüber das Richtige sagen würde. Aber mit dieser guten Tat schnitt er sich ins eigene Fleisch, weil Gavin anfing, sich als Enthüllungsjournalist zu sehen. Er schnüffelte herum und fand tatsächlich was zum Enthüllen.«
    Milo schloss die Augen und saß da, ohne sich zu bewegen. Einen Moment lang dachte ich, er wäre eingeschlafen. Dann richtete er sich auf und starrte mich verständnislos an, als hätte er geträumt.
    »Bist du noch bei mir?«, fragte ich.
    Langsames Nicken.
    »Jerry hat uns genau aus dem Grund mit der Überweisung belogen und die Geschichte mit Dr. Silver als seinem Golfpartner erfunden, weil er seine Verbindung zu der Gruppe nicht offen legen wollte. Er hat die Vermutung geäußert, es handele sich um ein Sexualverbrechen. Ein weiterer Versuch, dich abzulenken.«
    »Der liebe alte Dad«, sagte er. »Behauptet, er wäre ein Metallhändler, aber in Wirklichkeit ist er ein Zuhälter.«
    »Angesichts von Gavins Stalkerproblem hielt sich Jerry vermutlich für einen großartigen Dad, weil er ihm Christi besorgt hatte. Und Gavin schien glücklich zu sein, prahlte Kayla gegenüber mit dem tollen Sex, den er mit seiner neuen Freundin hatte. Das einzige Problem bestand darin, dass sein Gehirnschaden weiterhin seinen Verstand beeinträchtigte. Er schrieb Autokennzeichen auf, darunter das seines Vaters. Jemand kam dahinter, und das war das Todesurteil für ihn und die arme Christi Marsh. Mary Lou fand es heraus und bekam eine Heidenangst. Das Department of Corrections zu prellen ist eine Sache, Mord eine ganz andere. Vielleicht hat sie Sonny und Larsen unter Druck gesetzt, dass sie die