Im Sog der Angst
ließ nicht auf eine vertraute Beziehung zur derzeitigen Ehefrau des Abgeordneten schließen.
Strikt geschäftlich. Dafür gab es jede Menge Anreize. Harrington-Bird hatte sich für die Abfassung der Gesetzesvorlage bei Larsens Terminologie bedient. Ohne Zweifel hatte Larsen sie mit der Beschreibung seiner Tätigkeit als Menschenrechtler in Afrika beeindruckt. Ich fragte mich, was sie wohl von seiner Rolle beim afrikanischen Völkermord halten würde. Von zwei kleinen Jungen, die mit durchgeschnittener Kehle in ihren Betten lagen.
Ich fand Larsen und Harrington-Bird noch drei weitere Male gepaart, als Unterzeichner politischer Anzeigen. Nachdem ich ausgedruckt hatte, was ich für relevant hielt, setzte ich mich ans Telefon.
»Oh Mann, Olivia«, sagte Milo. »Sie sollte die Welt regieren.«
»Dafür ist sie überqualifiziert«, erwiderte ich. »Jetzt wissen wir, dass tatsächlich eine öffentliche Förderung existiert und dass Larsen von Anfang an mit drinsteckte.«
»Reynard Bird. Ich frage mich, wie hoch das noch gehen wird.«
»Es gibt keinerlei Anhaltspunkt, dass Bird oder seine Frau in irgendeinen Betrug verwickelt sind. Larsen kannte sie beruflich, und politisch ergaben sich Gemeinsamkeiten. Er kann sie auch ausgenutzt haben.«
»Interessiert sie sich für Menschenrechte?«
»Sie interessiert sich für Unterschriftenlisten. Protestiert gegen das US-Engagement in Afghanistan und im Irak und so weiter. Larsen hat die gleichen Anzeigen unterzeichnet.«
Er schnaubte. »Seit wann gibt es die öffentliche Förderung?«
»Seit anderthalb Jahren. Die ersten Erstattungen wurden vor sechzehn Monaten gezahlt. Pacifica war von Anfang an dabei.«
»Fünfunddreißig Dollar für jede Knackistunde«, sagte er. »Sogar noch mehr, als wir geschätzt haben.«
»Ein hoher Anreiz, um es weiterlaufen zu lassen. Und es zu vertuschen, wenn Enthüllung drohte. Falls Mary Lou eine Bedrohung darstellte, war die nahe liegende Lösung, sie zu eliminieren.«
»Aufspießen und dann’ne Kugel. Wo wir davon reden, hier ist mein Beitrag zur Datenbank. Durch ein paar raffinierte detektivische Manöver habe ich einen pensionierten Aufseher in Quentin ausfindig gemacht, der Raymond Degussa tatsächlich kannte. Er ist sicher, dass Degussa nicht für zwei, sondern drei Auftragsmorde an Insassen und vielleicht insgesamt fünf weitere verantwortlich war. Hausinterne Auftragskiller werden von den Gangs angeheuert, damit man ihnen nichts anhängen kann. Trotzdem konnten sie keine Beweise gegen das Arschloch in die Finger bekommen. Wenn Degussa nicht irgendwelche Mithäftlinge umlegte, tat er all die Dinge, bei denen den Leuten im Bewährungsausschuss das Wasser im Mund zusammenläuft. Ging in die Kirche, spielte den Messdiener, meldete sich freiwillig, um Weihnachtsspielzeug für die Ghettokids zu basteln, arbeitete als Freiwilliger in der Bibliothek. Und hör dir das an: Er ist regelmäßig zum Gefängnispsychologen gegangen. Das ist mal ein Typ, der die Vorzüge der Therapie zu schätzen weiß.«
»Jede Wette.«
»Und hier kommt der erfreuliche Teil, Alex: Dieser Aufseher, Gott segne ihn, hat mir erzählt, dass bei all diesen Morden eine Art Aufspießen und ein kombinierter Modus Operandi eine Rolle spielten, was für Gefängnismorde ungewöhnlich ist, meistens ist es ein Stich oder Schnitt, und dann nichts wie weg. Geschnitten hat Degussa schon - die Kehle, wie üblich, und verschiedene Stellen am Körper wurden aufgeschlitzt. Aber anschließend hat er seinen Opfern mit irgendeinem spitzen Gegenstand einen Gnadenstoß durch den Hals oder die Brust versetzt. In zwei Fällen wurden die Gegenstände gefunden: ein angespitzter Füllfederhalter, ein aus der Gefängnisküche geklauter Fleischspieß. Raymond ist eindeutig unser Bösewicht.«
»Ist er nicht als Sexualverbrecher straffällig geworden?«
»In den Akten steht, was ich dir gesagt habe - Diebstahl, Drogen, bewaffneter Raubüberfall. Aber das sind nur die Sachen, bei denen er geschnappt wurde. Wer weiß, was er in seiner Freizeit macht? Von heute Abend an werde ich Sean Binchy von der Überwachung Gulls abziehen und auf Degussa ansetzen. Am Anfang werde ich dabei sein, um dafür zu sorgen, dass er nicht in Schwierigkeiten gerät. Einen schwitzenden Seelenklempner beschatten ist was anderes, als diesen Bösewicht zu beobachten.«
»Gull ist aus dem Schneider?«
»Im Gegenteil. Jetzt, wo wir wissen, dass dieser Betrug wirklich stattgefunden hat, haben wir etwas, das wir gegen ihn
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