Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
der Zwischenzeit ist sie nur eine gut angezogene Blondine.«
    »Ließen die Sachen, die sie anhatte, irgendwelche Rückschlüsse zu?«
    »Ihre Bluse war von DKNY, ihr Stringtanga und ihr Pushup-BH von Calvin Klein, in den Leggings war kein Etikett, Gute Schuhe. Hervorragende Schuhe - Jimmy Choo. Offenbar ist das eine ernsthafte Investition. Es gibt einen Jimmy-Choo-Laden direkt in B.H., auf der Little Santa Monica, also bin ich dorthin gegangen. Wir reden von fünf-, sechshundert Dollar für einen Pfennigabsatz und einen Riemen. Niemand hat sie als Kundin erkannt, aber als ich den Schuh beschrieb, erkannte ihn die Verkäuferin auf Anhieb. Vorletzte Saison, könnte bei einem Ausverkauf im Neiman’s, Barneys, wo auch immer gekauft worden sein.«
    »Teure Schuhe«, sagte ich. »Schick zurechtgemacht. Man sollte annehmen, dass so jemand vermisst wird.«
    »Klar, aber bei einer jungen Frau, die allein lebt, könnte es eine Weile dauern, bis jemand bemerkt, dass sie nicht mehr da ist. Es sieht so aus, als würde das hier eine Sache, die sich ganz schön in die Länge zieht. Vielen Dank für deine Hilfe, Alex. Wenn ich irgendwas erfahre, melde ich mich.«
    Ich holte Allison vor ihrer Praxis ab. Sie trug ihre Haare offen, verschränkte ihre Finger mit meinen und küsste mich fest auf den Mund. Wir waren beide nicht hungrig und entschieden uns dafür, nach dem Kino essen zu gehen. Ein alter Film von den Coen-Brüdern, Blood Simple , lief im Aero, ein paar Häuserblocks den Montana hoch. Allison kannte ihn noch nicht. Ich schon, aber den Film konnte man sich ruhig zweimal ansehen.
    Wir kamen kurz nach neun aus dem Kino raus und fuhren zum Hakata am Wilshire, wo wir uns in eine Nische setzten, weg von den Postern der Rockstars und der Sushi Bar, an der es hoch herging, und bestellten Sake und Salat mit gebratener Lachshaut und Teriyaki-Steak und gemischtes Sashimi.
    Ich fragte Allison, wie sie Gavin Quick behandelt hätte.
    »Wenn ich Leute mit Kopfverletzungen bekomme, haben sie für gewöhnlich eine komplette neuropsychologische Untersuchung hinter sich«, sagte sie. »Falls nicht, lasse ich sie eine machen. Falls die Tests Defizite aufzeigen, empfehle ich eine zielgerichtete Sonderbehandlung. Wenn das erledigt ist, konzentriere ich mich darauf, die Stärken des Patienten zu mobilisieren.«
    »Unterstützende Therapie.«
    »Manchmal brauchen sie mehr als das. Die Herausforderung besteht darin, dass sie lernen müssen, mit einer neuen Welt umzugehen. Aber klar, Unterstützung ist ein großer Teil davon. Es kann hart sein, Alex. Zwei Schritte zurück für jeden Schritt nach vorn, viele Stimmungsschwankungen, und man weiß nie, was am Ende dabei herauskommt. Im Grunde hast du einen Menschen, der weiß, dass er nicht der ist, der er mal war, und bei dem Gedanken, sich zu ändern, ein Gefühl der Machtlosigkeit empfindet.«
    »Gavin hat seiner Therapeutin gesagt, er wäre wirklich gern wieder er selbst.«
    »Ziemlich eloquent.«
    Ich schenkte uns beiden Sake nach. »Ein nettes, unbeschwertes Rendezvous, nicht?«
    Sie lächelte und berührte mein Handgelenk. »Sind wir immer noch im Rendezvous-Stadium?« Bevor ich antworten konnte, fragte sie: »Warum all diese Fragen nach der Methode, Schatz? Hat sein Geisteszustand etwas mit seiner Ermordung zu tun?«
    »Sein Geisteszustand wurde zum Thema, weil Milo sich fragte, ob Gavin vielleicht jemandem auf den Fuß getreten ist. Aber ich vermute, dass der Mörder hinter dem Mädchen her war und Gavin einfach Pech hatte.«
    »Schon wieder Pech hatte«, sagte sie.
    Wir kauten schweigend.
    Einen Moment später: »Wer ist die Therapeutin?«
    »Sie heißt Mary Lou Koppel. Ihr erklärtes Ziel war es, ihn emotional zu öffnen. Es klingt nicht so, als hätte sie damit Erfolg gehabt.«
    Sie stellte ihren Becher ab. »Mary Lou.«
    »Kennst du sie?«
    Sie nickte. »Wie merkwürdig.«
    »Was ist merkwürdig?«
    »Gavin ist nicht ihr erster Patient, der ermordet wurde.«

8
    Ich schob mein Essen beiseite.
    »Ich bin Mary Lou schon ein paarmal begegnet«, sagte Allison. »Auf Konferenzen und Symposien. Einmal saßen wir bei einer Podiumsdiskussion zusammen am Tisch. Zu der Zeit, als ich noch dumm genug war, bei so was mitzumachen. Woran ich mich noch am besten erinnere, was sie betrifft, waren ihre roten Sachen und ihr Lächeln - sie lächelte immer, auch wenn es nicht angebracht schien. Als wäre sie von einem PR-Berater trainiert worden. Auf dem Podium hatte sie eine Menge zu sagen, aber keine Daten,

Weitere Kostenlose Bücher