Im Sog der Sinnlichkeit
gezwungen hatte. Nichts vermochte Benedicks verdrießliche Laune zu heben. Aber irgendwann würde ihm vor Ungeduld der Kragen platzen.
Es gab nur eine Möglichkeit, die Langeweile besser zu ertragen: indem er seinem Schwager beim Kartenspiel jeden Penny aus der Tasche zog. Lucien de Malheur war zwar ein geübter Spieler, aber wenn es um Faro ging, gab es kaum einen, der sich mit einem Rohan messen konnte. Miranda fungierte widerstrebend als Bankhalter, jedoch nicht aus Interesse am Kartenspiel, sondern um zu verhindern, dass die beiden Männer sich an die Kehle gingen. Der Spielverlauf gestaltete sich allerdings erschreckend ausgeglichen, vermutlich weil Mirandas Gemahl mogelte. Die Gewinne gingen hin und her bis in die frühen Morgenstunden, und Benedick konsumierte wesentlich mehr Brandy, als ihm gut tat. Als er sich schließlich zurückzog, war er wenigstens zu betrunken, um den Skorpion umbringen zu wollen.
Er schlief lange und wachte erschrocken auf, verrichtete seine Morgentoilette hastig und rasierte sich selbst, ohne auf Richmond zu warten, der die Rasur stets zu zelebrieren pflegte. Als er zum Frühstück erschien, war er fest entschlossen, nicht länger abzuwarten. Er wollte sich endlich auf die Suche begeben, koste es, was es wolle.
Lucien saß mit bedrückter Miene am Frühstückstisch und trank Kaffee, während Miranda rastlos hin und her wanderte. Auch sie blickte ihm sorgenvoll entgegen.
„Man hat Brandon gefunden!“, rief sie. „In einem verlotterten Schuppen. Ohne Luciens Beziehungen hätte man ihn vielleicht erst nächste Woche entdeckt, wenn er dann noch gelebt hätte.“
Benedicks Herz krampfte sich zusammen. „Wo ist er jetzt?“
„Meine Leute bringen ihn“, antwortete Lucien mit Grabesstimme. „Er ist nicht in bester Verfassung, und die Männer haben strikte Anweisung, diskret vorzugehen, deshalb dauert es eine …“
„Nicht in bester Verfassung?“, fiel seine Gemahlin ihm aufgebracht ins Wort. „Er lag in einer Opiumhöhle, Lucien! Ohne Bewusstsein, niemand konnte ihn wecken. Und er trug eine blutverschmierte Mönchskutte.“ Sie nahm ihre rastlose Wanderung wieder auf.
Keine gute Nachricht, dachte Benedick, nickte Miranda aber aufmunternd zu. „Wenigstens wurde er gefunden. Das ist ein Fortschritt. Das Blut ist natürlich kein gutes Zeichen. Aber das Ritual soll erst heute Nacht stattfinden, also können wir wenigstens sicher sein, dass er nicht an einer Mordtat beteiligt war. Wir müssen einen Arzt rufen, um …“
„Das habe ich bereits erledigt“, unterbrach der Skorpion ihn mit ernster Miene. „Wenn meine Informationen verlässlich sind, woran ich keinen Zweifel habe, befindet er sich in einem sehr schlechten Zustand. Mit etwas Glück trifft der Arzt noch vor Brandon ein.“
„Dr. Tunbridge ist meist nicht der Schnellste, wenn man ihn braucht …“
„Ich habe meinen Arzt verständigt, Rohan“, erklärte der Skorpion kühl. „Er hat in der Behandlung solcher Patienten mehr Erfahrung. Ich bezweifle, dass der alte Tunbridge je einen Fall von Opiumvergiftung gesehen hat.“
Es wäre mir eine große Genugtuung, Lucien de Malheur die Nase blutig zu schlagen, überlegte Benedick grimmig und ballte die Fäuste. Es galt allerdings, Rücksicht auf Miranda zu nehmen, der in ihrem Zustand schon viel zu viel Aufregung zugemutet wurde.
Sie schien seine Feindseligkeit zu spüren und warf ihm einen warnenden Blick zu. „Wage es bloß nicht!“
Er kapitulierte und hob die Hände. „Ich bin ganz friedlich. Die Situation ist schlimm genug.“
Es schien eine Ewigkeit zu dauern. Der Skorpion hatte recht. Der Arzt traf noch vor Brandon ein. Wenigstens sah er nicht aus wie ein verkommener Quacksalber, wie Benedick vermutet hatte. Miranda lenkte sich damit ab, Vorbereitungen für das Krankenzimmer zu treffen, und scheuchte die Diener treppauf und treppab, während Benedick sich in einen Sessel möglichst weit entfernt von seinem Schwager setzte und ungeduldig mit den Fingern auf die Armlehnen trommelte.
Er hob den Kopf, als Miranda das Zimmer betrat, und erschrak zu Tode, als er ihr tränenüberströmtes Gesicht sah. „Was ist passiert? Gibt es Neuigkeiten?“
Sein verfluchter Schwager eilte ihr entgegen. „Hat man ihn gebracht, Liebste?“
Sie nickte. „Der Arzt untersucht ihn gerade. Aber es ist schrecklich, Lucien! Entsetzlich! Er ist voller Blut, man hat einen blutigen Dolch bei ihm gefunden. Und er ist immer noch ohne Bewusstsein.“
„Ich habe nicht einmal
Weitere Kostenlose Bücher