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Im Sog der Sinnlichkeit

Im Sog der Sinnlichkeit

Titel: Im Sog der Sinnlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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gehört, dass man ihn ins Haus brachte!“, beschwerte Benedick sich gereizt.
    „Weil man die Hintertür benutzt hat“, erklärte Lucien in einem Tonfall, in dem man mit Idioten spricht. „Wenn er in einen Mord verwickelt sein sollte, ist höchste Geheimhaltung geboten. Oder willst du riskieren, dass dein Bruder im Gefängnis landet?“
    Benedick würdigte ihn keiner Antwort. „Wenn das alles vorüber ist, werde ich mit dir abrechnen, du Mistkerl.“
    In Luciens vernarbtem Gesicht breitete sich ein hämisches Grinsen aus. „Darauf freue ich mich schon jetzt. Aber findest du nicht, wir sollten uns im Augenblick mit wichtigeren Dingen beschäftigen?“
    Miranda hatte nicht übertrieben. Brandon lag leblos im Bett, totenbleich im Gesicht, die blutbefleckte Kutte hatte man ihm ausgezogen. Sein narbiger magerer Brustkorb hob und senkte sich schwer. Miranda bemühte sich, ihm das Blut von seinen knochigen Händen und Armen zu waschen.
    „Du sollst das nicht tun“, sagte Benedick schroff. „Ein Diener kann ihn waschen.“
    „Nein!“, fauchte Miranda. „Je weniger Leute ihn sehen, umso besser. Im Übrigen muss ich mich beschäftigen.“ Sie strich dem Bewusstlosen eine verklebte Haarsträhne aus der Stirn. „Mein armer kleiner Bruder“, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme.
    „Sein Zustand ist bedenklich, aber ich glaube, er kommt durch“, murmelte der Arzt, ein hagerer hochgewachsener Mann mit traurigen Augen. „Die Menge Opium, die er zu sich genommen hat, hat seinen Herzschlag verlangsamt, und es stand zu befürchten, dass es zum Herzstillstand kommt. Aber der Puls beschleunigt sich wieder ein wenig, und die Atmung vertieft sich. Auch seine Gesichtsfarbe bessert sich.“
    Benedick betrachtete voller Sorge Brandons gelblich-weiße Haut. „Seine Gesichtsfarbe bessert sich?“, fragte er zweifelnd.
    „Du hättest ihn vor einer halben Stunde sehen müssen“, sagte Miranda und blickte zum Arzt auf. „Was können wir für ihn tun?“
    „Beobachten Sie ihn. Solange er kein Opium zu sich nimmt oder etwas Ähnliches wie Laudanumsirup, wird er sich allmählich erholen. Halten Sie auch jede Form von Alkohol von ihm fern. Wenn nötig, binden Sie ihn am Bett fest. Aber lassen Sie ihn unter keinen Umständen an derartige Substanzen, zumindest nicht in den nächsten zwei Tagen. Wenn Sie es schaffen, wäre eine ganze Woche noch besser.“
    „Zwei Tage?“, wiederholte Miranda aufgebracht. „Er wird dieses Teufelszeug nie wieder anrühren!“
    Der Arzt blickte sie aus seinen traurigen Augen an. „Nach meiner Erfahrung, Mylady, schafft das kaum jemand. Er ist süchtig. Vermutlich begann er, Opium gegen die Schmerzen seiner Kriegsverletzungen zu nehmen. Mittlerweile entflieht er mit dem Rauschgift der Welt, und es ist äußerst schwierig, solche Patienten zu heilen. Abgesehen von seiner Sucht und seiner geschwächten Konstitution fehlt ihm nichts. Keine Verletzungen, keine Knochenbrüche oder dergleichen.“
    „Und das Blut?“, meldete Lucien sich zu Wort.
    „Ich habe kein Blut gesehen, Mylord“, antwortete der Arzt seelenruhig.
    Lucien nickte. „Ihre Rechnung wird auf dem üblichen Weg beglichen.“
    In Benedick wallte Zorn auf. „Er ist mein Bruder. Ich kümmere mich um die Bezahlung. Wenn Sie mir sagen, wohin ich die Summe schicken soll, Doktor …?“ Er wartete darauf, dass der ihm Namen und Adresse nannte, doch der Arzt blickte nur achselzuckend zwischen dem Skorpion und ihm hin und her.
    „Mein Name tut nichts zur Sache“, erklärte er liebenswürdig. „Der Skorpion weiß, wo ich zu erreichen bin. Es bleibt den Herren überlassen, wer die Rechnung übernimmt.“ Ein spöttisches Lächeln umspielte seine schmalen Lippen, bevor er sich Miranda zuwandte, die Brandons Arm liebevoll streichelte. „Seien Sie unbesorgt“, sagte er und legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. „Es geht ihm bald besser. Doch dann beginnt für Sie die schwere Zeit, ihn vom Opium fernzuhalten. Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Glück.“
    Miranda hob lächelnd den Kopf, doch der Arzt war bereits verschwunden wie ein Gespenst, dem er so erschreckend glich.
    In diesem Moment flatterten Brandons Lider einen kurzen Moment auf und senkten sich wieder. Dennoch bemerkte Benedick den Ausdruck blanken Entsetzens in seinen blutunterlaufenen Augen.
    „Er kommt zu sich!“, flüsterte Miranda in heller Aufregung.
    Benedick fragte sich, ob sein Schwager Brandons Entsetzen gleichfalls wahrgenommen hatte, denn er beugte sich

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