Im Sog der Sinnlichkeit
stampfen. Hattest du solche Angst davor, sie zu lieben, dass du sie verletzen musstest?“
Er schwieg. Sie kannte ihn tatsächlich besser als er sich selbst. Er schloss die Augen, denn er konnte die Wahrheit nicht länger ertragen.
Das Schweigen zog sich in die Länge. Und dann hörte er, wie Miranda vom Bett rutschte und das Zimmer durchquerte. Sie nahm seine kalte Hand in ihre beiden warmen Hände. „Ich würde mich gern zu dir auf den Boden setzen wie früher, als ich noch klein war“, sagte sie leise, „aber in meinem Zustand käme ich nicht mehr hoch. Ach Neddie, du hast alles verpatzt.“
„Ja“, bestätigte er kleinlaut.
„Aber du kannst es wiedergutmachen.“ Sie schüttelte seinen Arm. „Vorher müssen wir Brandon retten, und dann sehen wir zu, was wir mit dir anstellen. Ich will doch nur, dass du glücklich wirst, Bruderherz. Außerdem brauchst du keinen Erben. Darum kann sich doch unser verstaubter Bruder Charles kümmern, und wenn du Kinder haben willst: Ich habe genug davon und kann dir welche borgen. Immer wenn dir danach zumute ist, mit den Rangen herumzutoben, bringe ich sie dir liebend gern vorbei.“
Endlich hob er den Kopf und verzog die Mundwinkel zu einem spöttischen Lächeln. „Du bist die Güte in Person.“
„Komm mir nur nicht so! Ich weiß genau, dass du meine Kinder vergötterst und sie dich. Es gab Zeiten, in denen ich befürchtete, du hättest dich in einen kalten Fisch verwandelt; nur dein Umgang mit den Kindern war mir ein Trost. Wir kriegen das wieder hin, Neddie. Auch für dich wird alles gut werden.“
Er wollte ihr scharfzüngig antworten. Allerdings war Miranda stets immun gegen seinen Sarkasmus gewesen, und eigentlich hatte er keine große Lust, sie zu verletzen. „Es gibt Dringenderes zu tun“, erklärte er. „Wir müssen Brandon finden.“
Der Großmeister des Satanischen Bundes war zufrieden mit sich. Zugegeben, die Dinge hatten sich nicht ganz so entwickelt wie geplant, aber die kleinen Missgeschicke und Gefahren gaben dem Ganzen eine pikante Würze. Wer hätte gedacht, dass diese Person so hartnäckig wäre? Er hatte die Carstairs in eine Kammer sperren lassen, weit entfernt von dem jungen Mädchen, das er für das Ritual erwählt hatte, und bisher hatte noch niemand sie vermisst. Wenn man sie suchen sollte, würde keiner sie finden. Seit ein Erdrutsch den nördlichen Gang verschüttet hatte, hatte er den Hauptzugang sichern und einen zweiten Zugang durch die ehemaligen Stallungen öffnen lassen. Er malte sich den Ärger und die Beschwerden der Bruderschaft lebhaft aus und amüsierte sich darüber. Alle mussten buchstäblich durch Jauche waten, bis sie die Haupthöhle erreichten. Das Gesindel hatte nichts anderes verdient, als sich mit Exkrementen aus dem Mittelalter zu besudeln.
Die ersten Gäste waren bereits eingetroffen. Die Ritualhalle war vorbereitet, der Altar mit Blumen und Früchten und geheimnisvollen Symbolen geschmückt. Silberschalen standen bereit, um das Blut aufzufangen. Er selbst befand sich in einem Zustand fiebernder Erregung. Er hatte noch nie einen Menschen getötet, und die kindhafte Jungfrau erhitzte sein Gemüt.
Die Narren des Satanischen Bundes würden in tiefer Andacht die Schwarze Messe feiern, sich berauscht winden und sich mit dem Blut der Jungfrau waschen, ja, es auch trinken, wenn er es befahl. Sie würden alles tun, was er von ihnen forderte, nachdem sie den Becher Wein geleert hatten, dem er zuvor das Rauschgift beigemischt hatte. Er hatte keine Ahnung, was die Symbole bedeuteten, die den Altar schmückten; das wusste keiner von ihnen. Aber die Idioten glaubten daran, er nicht. Und das war der Unterschied zwischen Gehorsam und Macht.
Ihm blieb keine andere Wahl: Er musste diese Lady Carstairs, die ihre Nase in Dinge hineingesteckt hatte, die sie nichts angingen, töten. Vielleicht würde er einen seiner glühenden Anhänger damit beauftragen, ihr das Messer in die Brust zu stoßen. Vielleicht würde er ihr aber auch selbst den schlanken Hals umdrehen. Auch das war Teil seines großen Plans.
Es war alles so herrlich einfach. Er gierte nach Macht. Macht bescherte ihm alles, wonach er lechzte. Reichtum, Sex, Herrschaft. Und er wusste, wie er seine Ziele erreichte. Er hatte alle in der Hand, die Zeugen der bevorstehenden Ereignisse werden würden. Jeder Einzelne war schuldig. Der Abgeordnete des Oberhauses, berühmt für seine schwadronierenden Reden, die keineswegs im Einklang standen mit seinen unehrenhaften Taten.
Weitere Kostenlose Bücher