Im Sog der Sinnlichkeit
unglücklich machen, nur um einer Laune nachzugeben.
Ihr verletzter Knöchel stellte sich letztlich als Segen heraus. Er war heute mehrmals gefährlich nahe daran gewesen, sie zu nehmen, und je länger er in ihrer Nähe war, desto drängender wuchs sein Verlangen nach ihr.
Plötzlich ertrug er den strengen Blick dieser Schulmeisterin hinter ihrem wuchtigen Schreibtisch nicht mehr. „Guten Abend, Mrs Cadbury. Kümmern Sie sich um Lady Carstairs“, verabschiedete er sich höflich und ging.
Erst auf der Straße wurde ihm bewusst, wie absurd sein vermeintlich großartiger Abgang war. In seiner Hast hatte er sogar sein Pferd vergessen! Nun gab es zwei Möglichkeiten: Er konnte umkehren, am Portal klopfen und seinen Wallach fordern oder sich zu den Stallungen schleichen und sein Pferd suchen.
Er entschied sich für die dritte Möglichkeit. Ein Diener sollte Bucephalus holen. Er brauchte dringend frische Luft, und ein Spaziergang durch die kühle Frühlingsnacht würde seine Gedanken klären.
Er hatte nichts übrig für Geheimnisse, ebenso wenig für Gefühlswallungen, Schwächen und unbefriedigte Lust. Und er hatte nicht die geringste Ahnung, wieso Melisande Carstairs ihm so sehr zusetzte. Sie war keine strahlende Schönheit, kleidete sich unmöglich, trug das Haar streng zu einem Nackenknoten gebunden und hatte die lästige Angewohnheit, ihm direkt in die Augen zu sehen, statt den Blick scheu zu senken. Er kannte mindestens ein Dutzend Frauen, die schöner waren als sie und dazu nicht ihr herausfordernd geradliniges Auftreten hatten.
Und sie erinnerte ihn in keiner Weise an die bisherigen Frauen in seinem Leben. Genevieve, seine bedauernswerte geistesgestörte Verlobte, die sich in einer schaurigen öffentlichen Szene eine Kugel durch den Kopf gejagt hatte, war eine außergewöhnliche Schönheit gewesen mit durchscheinend hellem Teint, rabenschwarzem Haar, großen Augen und melancholischem Blick. Als blutjunger Mann war er in sie völlig vernarrt gewesen, bis ihr Wahnsinn ausbrach. Er dachte nur noch selten an sie, die Erinnerungen waren zu schmerzlich. Wäre sie ihm deutlicher im Gedächtnis geblieben, hätte seine Schwester vielleicht nicht Genevieves Bruder geheiratet, den niederträchtigen Skorpion, einen Mann, den er für ein Ungeheuer und einen Bösewicht hielt. Vielleicht hätte er dann seine Schwester nicht verloren.
Annis war entzückend, allerdings störrisch und ihm dennoch völlig ergeben gewesen. Barbara, das genaue Gegenteil von der anschmiegsamen Annis, war eine Naturgewalt mit einem unersättlichen sexuellen Appetit. Was er für Leidenschaft für ihn gehalten hatte, war lediglich Leidenschaft für jeden Mann, den sie zwischen ihre Schenkel bekommen konnte.
Melisande war mit keiner Frau zu vergleichen, die er geliebt hatte, allesamt äußerlich lupenreine Diamanten. Zugegeben, sie war ansehnlich, mehr aber auch nicht. Obwohl sie an dem Abend, als sie ihn zur Soiree bei den Elsmeres begleitet hatte, erstaunlich hübsch ausgesehen hatte. Und sosehr er sich dies auch wünschte – ihre Ansichten über den Satanischen Bund konnte er nicht länger als ungereimt, verrückt oder verbohrt abtun. Aber er hatte nicht die Absicht, sich die Meinung anderer aufzwingen zu lassen.
Denn genau das würde ihm blühen. Mrs Cadbury hatte recht: Melisande war eine Frau, die man heiratete. Und eine Ehe mit ihr wäre eine weitere Katastrophe in seinem Leben voller Katastrophen. Zweimal hatte er die falsche Wahl getroffen, und diesen Fehler würde er kein drittes Mal begehen.
Nein, diese Bekanntschaft war gottlob beendet. Er würde sie über seine Fortschritte in Kenntnis setzen, und sobald das Geheimnis um den Satanischen Bund geklärt war, würde er ihr einen kurzen Besuch abstatten, um im Beisein der schönen Mrs Cadbury letzte Einzelheiten mit ihr zu besprechen. Und danach konnte er sich endlich darauf konzentrieren, eine passende Ehefrau zu finden.
Allerdings hatte er gut daran getan, sich gegen Miss Pennington zu entscheiden, neben der er im Bett vermutlich zu einem Eisklumpen gefroren wäre. Ob sie wohl wusste, wo ihr windiger Bruder sich herumtrieb? Der Satanische Bund war ein exklusiver und kostspieliger Club, und das Vermögen der Penningtons war längst verschleudert. Daher rührte auch ihre Bereitschaft, sich von einem Nachkommen der verruchten Rohans den Hof machen zu lassen.
Je früher er einen Ehevertrag unterzeichnete, desto besser. Und je früher er sexuelle Befriedigung fand, nach der es ihn
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