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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gantt DeVa
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wollte.
    Er unterdrückte ein Gähnen. »Und worüber?«
    »Hast du bemerkt, dass Agatha Paul schöne Augen macht?«
    Er musste lachen. »Ist dir das auch aufgefallen? Ich wollte ihn eigentlich deswegen warnen. Ehrlich, ich habe darüber nachgedacht.« Angeekelt schüttelte er den Kopf. »Heute Abend hätte ich ihr den Hals umdrehen können! Was fällt dieser Frau ein, so mit mir zu reden!«
    »Ich weiß, George. Ich war ebenfalls empört. Außerdem gefällt mir nicht, wie sie Paul ansieht. Seit Wochen versuche ich mir einzureden, dass ich mich täusche. Doch als sie heute Abend nebeneinander am Kopf der Tafel saßen und sie sich immer wieder zu ihm gebeugt und jedes seiner Worte förmlich aufgesaugt hat, war mir klar, dass ich mich nicht irre.«
    »Mach dir keine Sorgen, Colette. Paul wird sich nicht in Agatha Ward verlieben. Und selbst wenn – was macht das schon?«
    » Was das macht? Glaubst du, dass ich sie in alle Ewigkeiten hier im Haus ertrage? Sie ist mindestens zehn Jahre älter als er.«
    »Eher zwanzig. Elizabeth war schließlich die jüngere der beiden Schwestern! Wenn ich mich nicht irre, war sie bei Johns Geburt achtzehn Jahre alt. Demnach müsste Agatha um die fünfzig sein.«
    »Was man ihr nicht ansieht. Sie ist noch immer eine schöne Frau.«
    George schnaubte verächtlich. »Das sind doch nur Äußerlichkeiten, Colette. Paul achtet auf mehr als nur auf Schönheit.«
    Colette rieb sich die Stirn. »Bisher hat er sich noch nie für sie interessiert.«
    »Quäl dich doch nicht so, Colette«, tröstete er sie, als er merkte, wie durcheinander sie war. »Ich verstehe nicht, wie sich ein Mann überhaupt für sie interessieren kann. Sie ist schlicht grausam. Und Paul gefällt eure Gouvernante sowieso besser. Hast du bemerkt, wie finster er mich heute angesehen hat. Das ist seine Art, mir zu zeigen, dass sie ihm ›gehört‹. Das geht jetzt schon seit zwei Wochen so. Wenn du also etwas Abstand zwischen Paul und Agatha schaffen willst, dann sorge dafür, dass Charmaine bei Tisch neben ihm sitzt. Er wird dann keine andere mehr anschauen. Das garantiere ich.«
    Colette zwang sich zu einem Lächeln, und George wusste, dass er sie nicht überzeugt hatte.
    »Ich werde mit ihm darüber sprechen. Ist es das, was du möchtest?«
    »Ich weiß nicht recht, George … Jedenfalls weiß ich, dass Agatha Ward aus meinem Leben verschwinden soll.«
    George nickte verständnisvoll.
    Viel später im Bett sann Colette über ihre Zwangslage nach. Wenn sie doch nur noch wie im ersten Jahr ihrer Ehe mit ihrem Mann reden könnte. Damals waren sie glücklich gewesen und gut miteinander ausgekommen, nachdem die ersten stürmischen Monate vorüber waren. Was war geschehen? Die Zwillinge … Ja, die Zwillinge waren zur Welt gekommen, und man hatte ihr verboten, weitere Kinder zu bekommen. Frederic war ein leidenschaftlicher Mann, und das Verbot hatte ihre Beziehung belastet. Wie oft hatte sie damals seinen Blick bemerkt, obwohl er sie kein einziges Mal geliebt hatte. Aber das war nicht alles. Bei weitem nicht. Frederic hatte sich immer nach den drei schlichten Worten aus ihrem Mund gesehnt, die er so oft hervorgestoßen hatte, wenn er in ihren Armen zum Höhepunkt gelangt war. Warum hatte sie ihm die Liebe vorenthalten, nach der er sich so sehr sehnte? Die Liebe, die sie längst für ihn empfand? Warum hatte sie ihm nie gesagt, dass sie ihn liebte? Weil ich Angst hatte , weil ich befürchtete, dass er noch mehr Macht über mich ge winnen könnte! Also hatte sie geschwiegen und ihn das Schlimmste glauben lassen. Dass sie noch immer böse auf ihn sei, dass sie ihn hasse. Und dann war etwas geschehen … Agatha Ward war zu Besuch gekommen, und Agatha Ward hatte den Weg in Frederics Bett gefunden. Und Colette war verzweifelt und allein geblieben.
    Und nun waren ihre Sorgen wieder aufgeflammt. Sie hatte angenommen, dass Agatha noch immer Frederics Umarmungen suchte, doch sie hatte sich getäuscht. Offenbar hatte Frederics Behinderung sie gestört. War Paul jetzt ihr neues Ziel? Allein bei dem Gedanken schüttelte sich Colette. Nicht dass Pauls sexuelle Neigungen sie interessierten. Doch sie fürchtete ein längeres Verhältnis zwischen den beiden. Die Frau war verschlagen und durchaus fähig, einen jungen Mann nach ihrer Vorstellung zu manipulieren. Heute war Colette noch stark genug, um Agatha entgegenzutreten. Doch was würde morgen sein? Was sollte aus ihren Kindern werden, wenn sie schwächer wurde oder, noch schlimmer, womöglich

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