Im Sommer der Sturme
dir, Paul. Mach damit, was immer du möchtest.«
Ungläubig runzelte Paul die Stirn. »Ist das dein Ernst, Vater? Du lässt mir wirklich freie Hand?«
»Ich tue noch mehr als das. Ich gebe dir außerdem genügend Geld, um drei Schiffe in Auftrag zu geben – deine eigenen Schiffe, die deinen Zucker transportieren. Für die Fahrten zwischen Espoir und Charmantes wirst du noch ein viertes Schiff brauchen. Eventuell kannst du ja ein kleineres Lastboot kaufen. Vielleicht ein altes. Außer dem stelle ich dir Mittel zur Verfügung, um eine erfahrene Mannschaft anzuwerben. Wie viele Männer wirst du brauchen? Zwanzig, dreißig?«
»Zwanzig sind mehr als genug«, stieß Paul hervor, dem vor Staunen der Mund offen stand.
»Also gut, dann zehn«, fuhr Frederic fort. »Sorge für ein Treffen mit Stephen Westphal. Wir müssen Vermögenswerte auflösen und Papiere verkaufen. Unser Banksiegel und der Name Duvoisin haben in den Staaten und auch in Europa einiges Gewicht, also schlage ich vor, die Schiffe in Newport’s News oder in Baltimore in Auftrag zu geben. Du solltest auch mit Werften in New York sprechen. Wenn die Kosten im Süden zu hoch ausfallen, kannst du ihnen die New Yorker Schätzungen vorlegen.«
»Amerikanische Schiffe? Aber die britischen Tarife …«
»Die Baukosten in den Staaten liegen auf jeden Fall zwanzig Prozent unter den britischen. Nach allem, was ich gelesen habe, können die europäischen Werften nicht mit dem amerikanischen Holzreichtum mithalten. Außerdem kannst du einen beträchtlichen Nachlass aushandeln, wenn du gleich drei Schiffe in Auftrag gibst. Das allein dürfte bereits die britischen Zölle aufwiegen. Die neuesten Schnellsegler haben ihre Bewährungsprobe längst bestanden, und die Werften in den Staaten arbeiten ständig an ihrer Weiterentwicklung. In Zukunft wird allein die Schnelligkeit der entscheidende Faktor sein.«
»Was hältst du vom Dampfantrieb im Vergleich zur vollen Takelage?«, fragte Paul, der immer aufgeregter wurde. »Er vermindert die Überfahrtszeiten um die Hälfte. Ich hätte gern deine Erlaubnis, mich auch auf diesem Gebiet umzusehen.«
Frederic nickte. »Auf jeden Fall. Du musst ja wegen der Arbeitskräfte ohnehin nach England. In der Zeit könntest du mit der Harrison-Werft sprechen. Sie sind Vorreiter, was den Schaufelradantrieb angeht. Vielleicht kannst du von ihnen Informationen über ihre Erfahrungen mit ihrer Dampferflotte erhalten. Wenn du so begeistert bist, wie es mir scheint, solltest du die Sache nicht auf die lange Bank schieben. Ich schlage vor, dass du aufbrichst, sobald Stephen die Gelder bereitgestellt hat.«
Pauls Gedanken überschlugen sich. Das alles war nicht zu fassen! Wie viele Jahre hatte er davon geträumt, ein kleines Stück des Duvoisin-Vermögens zu besitzen. Für John war dieser Wunsch bedeutungslos. Er war der legitime Erbe, und sein Leben war vorgezeichnet. Doch Paul hatte lange Jahre hart für seinen Vater gearbeitet und war jetzt, nach zehn Jahren, noch immer nicht mehr als der getreue Sohn. Heute endlich war dieser Weg zu Ende. Irgendwann musste er sich bewährt haben, denn heute wurde sein größter Wunsch erfüllt, da sein Vater ihm einen Teil des Familienvermögens übereignete. Er strahlte über das ganze Gesicht – und Frederic Duvoisin war froh, heute wenigstens einen seiner Söhne glücklich gemacht zu haben.
»Und das soll mir alles ganz allein gehören? Ich muss es nicht mit John teilen?«
»Dieser Anteil gehört dir ganz allein, Paul«, sagte sein Vater. »Dir ganz allein. Es gibt keine Einmischung von John, keine Abstimmung mit ihm und keine Abhängigkeit von ihm. Ich hätte das schon vor langer Zeit machen sollen. Du warst mir immer ein guter Sohn, Paul, und verdienst sehr viel mehr als nur Anerkennung.«
»Ich danke dir, Sir«, sagte Paul mit größtem Respekt. »Ich werde mich umgehend mit Stephen Westphal in Verbindung setzen.«
Beim Abendessen war Paul wie ausgewechselt. Auch die Kinder waren fröhlich und ausgelassen, und George, Colette und Rose schienen ebenfalls Teil dieser übermütigen Verschwörung zu sein. Zutiefst verunsichert bat Charmaine schließlich Jeannette um Aufklärung. »Warum sind denn alle so fröhlich?«
»Das werden Sie gleich sehen.« Mehr sagte sie nicht. Charmaine sah, wie Colette ihr zuzwinkerte, aber der kleine Pierre konnte den Mund nicht halten. »Mainie hat …«
»Ruhig, Pierre«, schimpfte Yvette. »Du sollst die Überraschung doch nicht verderben!«
»Welche
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