Im Spiegelbild der schwarzen Spinne (German Edition)
die Bar gerast, offensichtlich machten diese Verbrecher vor gar nichts mehr Halt. Ein Mann war an der Kreuzung ausgestiegen und hatte sich zu Fuß der Bar genähert, während der Andere den Van mit Bleifuß durch den Eingang jagte. Ich konnte es recht gut sehen, wenngleich ich es auch nur im Spiegelbild eines verschmutzten Schaufensters mitverfolgte. Auf jeden Fall hatte die andere Seite heute einiges zu bieten. Zunächst hatte ich Angst um Danny, doch als kurz darauf Wolf heranbrauste, war die Gefahr für mich gebannt. Selbst als der zweite Mann etwas später die Bar betrat, machte ich mir keinerlei Sorgen, denn mein Bruder war unschlagbar, ein echter Teufelskerl. Mittlerweile hatte ich mich weiterbewegt, war in meine Wohnung gegangen um mich ein wenig in gewohntem Umfeld auszuruhen. Eine Weile hatte ich gezögert und auf Geräusche geachtet, ein Trampeln vielleicht, denn beim letzten Besuch in diese Welt begegnete ich einer Bestie, deren nähere Bekanntschaft ich tunlichst vermeiden wollte. Es war totenstill, so wie ich es gewohnt war. Auch vernahm ich kein Getrampel, welches vom Herannahen eines Untiers stammen könnte. Ich stellte mir vor, dass Frau Doktor Senfling wenigstens teilweise unrecht hatte, was meine Einbildungskräfte anging. Ich konnte in der Tat durch Spiegel gehen, aber die Bestie könnte ich mir durchaus eingebildet haben. Es erschien mir nur logisch, hatte ich doch das Monster mit einer erbeuteten Tüte Rauschgift besänftigen können, was zur Folge hatte, dass ich ohne Beweise in die Realität zurückgehen musste. Aber wer kann schon ein Ungeheuer dieser Größenordnung mit einer Tüte vergifteten Zuckers verjagen? Ja, mir gefiel der Gedanke, mir die Bestie eingebildet zu haben außerordentlich gut, also betrat ich seelenruhig meine Wohnung. Ein wenig schwankte ich noch, hatte ich doch eine Unmenge starken Alkohols zu mir genommen und um die Wirkung derlei Betäubungsmittel weiß man ja Bescheid. Aber da die Bar unweit meines Domizils lag, war ich schon nach wenigen Schritten zuhause angelangt. Ein paar wenige, überflüssige Ausfallschritte hatten meine Ankunft zwar verzögert, doch der Gedanke an mein bequemes Bett trieb mich immer weiter an. Endlich war ich da, ich ließ mich ermattet auf mein Bett fallen und schloss die Augen. Was für ein Hochgenuss. Die Vorstellung, ich müsse mich im verdreckten Bett Dannys Gästezimmers ausruhen ließ mich erschaudern. Widerlich, diese Kaschemme stellte eine keimhaltige Gefahr für die Menschheit dar. Wie konnte man einem solch unorganisierten und faulen Gesellen die Erlaubnis erteilen, Gäste mit Getränken zu versorgen. Ich bekomme schon Pusteln an den Lippen, wenn ich nur an die Gläser denke, aus denen ich den kostbaren Scotch trinken musste. Jetzt fühlte ich mich allerdings wieder wohl. Schlafen konnte ich dagegen nicht. Ich war viel zu aufgewühlt. Vielleicht sollte ich mich ins Wohnzimmer begeben und ein wenig Fernsehen. Da fiel mir ein, ich wusste gar nicht, ob ich in dieser Welt überhaupt fernsehen konnte. Als ich das Zimmer betrat, blieb ich geschockt stehen und starrte auf ein Chaos, welches mir völlig fremd war. Mein Wohnzimmer sah aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Mein Bücherregal war umgekippt, die Bücher hatten sich über den Boden verteilt, der kleine Tisch vor dem Sofa war eingetreten worden, in der Mitte der kleinen Tischplatte war ein großes Loch, das durchaus von einem Stiefel verursacht worden sein konnte. Jemand hatte, vermutlich mit einem scharfen Messer, die Polster meiner Couch zerschnitten, die Polsterung quoll aus einigen Löchern heraus wie Eingeweide. Die Wände waren kahl, weil jemand meine Bilder von der Wand gerissen und zu Boden geworden hatte.
Ich stand in meinem ehemals gemütlichen und warmen Woh nbereich und spürte eine ungewohnte Kälte, schlagartig wurde mir bewusst, dass mein Bruder recht gehabt hatte, als er mir die gewagte Vermutung offenbart hatte, dass man mich erneut besuchen würde. Es war also die richtige Entscheidung gewesen, die Wohnung zu verlassen und bei Danny Unterschlupf zu suchen. Gedemütigt entfernte ich meinen Blick aus diesem Chaos und ging ins Bad, in der Hoffnung, meine Besucher hatten es nicht auch noch zerstört. Eine heiße Dusche drängte sich mir als zweifellos beste Idee des Tages auf. Erleichtert atmete ich auf, als ich mein Bad in gewohntem Zustand vorfand. Bis auf eine Kleinigkeit, die mir sofort ins Auge fiel. An meinem Spiegel hing ein handgeschriebener Zettel auf dem
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