Im Strudel der Gefuehle
Tränen Jessicas Augen verschleierten und wie kostbare Juwelen an ihren Wangen hinunterliefen.
»Was ist es dann, das du wissen willst?« fragte Wolfe.
Sie schloß die Augen und flüsterte: »Hast du schon einmal in der Dunkelheit mit jemandem zusammengelegen und diese Gewißheit gespürt, daß du die Frau fürs Leben gefunden hast?«
»Wenn ja, dann hätte ich längst geheiratet. Trotzdem weiß ich genau, daß so etwas Wunderbares zwischen einem Mann und einer Frau möglich ist.«
Jessica wollte ihn fragen, woher er all das wußte, wenn er es noch nie selbst erlebt hatte, aber als sie kurz nachdachte, wußte sie es selbst.
»Caleb und Willow.«
»Genau«, nickte Wolfe. »Caleb und Willow.«
Ein seltsames Gefühl der Beklemmung stieg in ihrer Kehle auf. »Ist es... wird es... oh, verflucht«, sagte sie verzweifelt, als sie ihre verwirrten Gedanken zu ordnen versuchte.
Wolfes Daumen drückte leicht gegen ihre Lippen. »Immer mit der Ruhe, Elfchen. Du bist schon ganz durcheinander. Möchtest du noch etwas Brandy?«
»Dann bekomme ich einen Schwips«, murmelte sie an seinem Daumen vorbei.
Er lächelte sanft. »Das glaube ich kaum. Du hattest doch höchstens ein oder zwei Teelöffel voll.«
Als Wolfe vom Bett aufstehen wollte, schlossen sich Jessicas Finger um sein kräftiges Handgelenk.
»Wolfe? Was ist, wenn... also, können nur Menschen wie Willow und Caleb Spaß daran haben, wenn sie sich... berühren?«
Ein vielsagendes, hintergründiges Lächeln war genau die Antwort, die Jessica erwartet hatte.
»Du brauchst dazu keine Traumfrau zu sein, wenn es das ist, was du wissen wolltest«, sagte Wolfe.
»Würdest du...« Jessicas Stimme versagte. Sie holte tief Luft und klammerte sich an sein Handgelenk, als wäre es eine Rettungsleine. »Mich berühren? Und mir alles beibringen, was ich wissen muß?«
Wolfes Augen weiteten sich ungläubig und verengten sich dann voller Mißtrauen, als ihm dämmerte, worum sie ihn gebeten hatte. »Ich kann dich nicht einfach nehmen, Jessi. Das würde es unmöglich machen, unsere Ehe später einmal für ungültig erklären lassen. Ich bin nicht der Richtige für dich. Und du bist nicht die Richtige für mich. Wenn ich jetzt mit dir schlafe, werde ich das mein Leben lang bereuen.«
Einen Augenblick lang krallten sich Jessicas Fingernägel tief in Wolfes Hand. Dann ließ sie ihn los und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Sie schämte sich zu sehr, um ihm in die Augen zu schauen.
»Entschuldige bitte«, sagte sie mit lebloser Stimme. »Einen Moment lang hatte ich vergessen, was für eine schlechte Meinung du von mir hast. Du hättest mich dem Wind überlassen sollen. Das wäre besser gewesen. Schon seit der Nacht, in der Lord Gore über mich hergefallen ist und ich zu dir aufs Zimmer gekommen bin, hast du mich nur verachtet.«
»Jessi, wie kannst du das nur glauben?« protestierte Wolfe. Seine Finger streichelten erst ihre bleiche Wange und dann die weichen Linien ihres Mundes. »Oder macht es dir nun doch nichts aus, schwanger zu werden?«
Unvermittelt schlug sie die Augen auf. In ihnen spiegelten sich dieselben alten Alpträume und die nackte Angst.
»Kein Grund zur Beunruhigung«, sagte er beschwichtigend. »Ich sagte doch bereits, ich werde nicht über dich herfallen. Das war mein voller Ernst. Wir passen eben einfach nicht zueinander.«
»Ich kann dich nicht gehen lassen. Es tut mir leid, aber ich kann einfach nicht. Die Vorstellung, neben jemandem wie Lord Gore zu liegen...« Unverhohlene Abscheu sprach aus jedem ihrer Züge.
»Nicht jeder Mann von Adel ist ein brutaler Schurke.«
Sie schloß die Augen und schüttelte den Kopf. Das Kerzenlicht glänzte wie sanfte Glut in ihrem Haar. Mit den Fingerspitzen strich Wolfe über eine ihrer Locken, doch sie spürte seine Berührung nicht.
»Es gibt jede Menge gutaussehender, anständiger junger Männer aus dem englischen Adel«, sagte Wolfe und zog seine Hand zurück. »Ich kümmere mich darum, daß Lady Victoria dir einen von ihnen aussucht.«
»Ich würde lieber den Wind heiraten, als die Berührungen eines Mannes ertragen zu müssen!«
»Und ein Halbblut wie ich ist kein vollwertiger Mann; ist es das, was du damit sagen willst?« fragte Wolfe. Sein Stimme klang plötzlich ganz anders.
Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen. »Das habe ich niemals behauptet!«
»Ach wirklich?« Wolfe beugte sich über sie und sah ihr direkt in die Augen. »Zuerst bittest du mich darum, dich zu berühren, und dann sagst
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