Im Sturm der Gefuehle
versperrt vorfand.
Glaubt sie wirklich, ich würde mich durch eine lächerliche hölzerne Barriere von ihr trennen lassen?, dachte er mit einem halben Lächeln. Ohne an die Folgen zu denken, stemmte er eine Schulter gegen die lästige Schranke und drückte mit einem heftigen Stoß die Tür auf.
Mit dem kühlen Hochmut einer Dschungelkatze betrat er den Raum. Sophy war wach. Seit ihrer Auseinandersetzung stand es schlecht um ihren Schlaf. Sie konnte sich einreden, Ives sei treulos, verlogen und alles in allem ein elender Schuft, aber irgendwie genügte dieses Wissen nicht, um das Verlangen, seine Arme um sich zu spüren, endgültig aus der Welt zu schaffen.
Nie zuvor hatte sie sich nach einem Mann gesehnt, hatte nie das unverhüllte Verlangen nach der Berührung eines bestimmten Mannes verspürt, und sie war entsetzt, dass nicht nur ihr Körper, sondern auch ihre Gedanken immer öfter Verrat übten. Ihre anfängliche Wut war verraucht, und sie ertappte sich dabei, dass sie Rechtfertigungen für ihn suchte und sich fragte, ob sie ihn nicht vorschnell verurteilt hatte. Wäre es nicht klüger, seinen Erklärungen Gehör zu schenken? Sie verzog den Mund. Wohl eher seinen Erklärungsversuchen.
Sie wälzte sich unruhig im Bett, ihr Körper war ihr auf unerträgliche Art bewusst. Ihre Brüste schienen ungewöhnlich empfindlich; allein die Berührung ihres hauchdünnen Nachthemdes genügte, dass ihre Brustspitzen hart wurden und sie ein merkwürdiges Gefühl durchströmte. Ganz tief in ihrem Leib war sie sich unbehaglich eines heißen Schmerzes bewusst, nicht eigentlich unangenehm, aber sehr beharrlich.
Sie war nicht dumm. Sie wusste, was ihr Körper ihr zu verstehen gab, doch sie schob dieses Wissen von sich. Sie hatte nicht die Absicht, sich von sinnlichen Trieben beherrschen zu lassen.
Aber sie vermisste nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen spöttischen Blick und den lachenden Mund, am meisten vielleicht das tröstliche Gefühl, der Zukunft nicht ganz allein entgegensehen zu müssen.
Sie begehrte ihn nicht nur körperlich, sondern auch auf ganz unkörperliche Weise. Sie musste sich eingestehen, dass sie den gewissenlosen Schuft liebte, und das machte alles nur noch komplizierter. Hätte sie ihn hassen und verachten können wie seinerzeit Simon, hätte es sie nicht berührt, was er tat. Sie hätte tausend Nächte allein schlafen können und nicht einen einzigen Gedanken an ihn verschwendet. Aber bei Ives ...
Ihre Kehle wurde eng. Ach, verdammt!, dachte sie wütend. Wie soll ich den Rest meines Lebens hinter mich bringen, wenn ich ihn trotz allem so verzweifelt liebe?
Trotz der späten Stunde wollte sich der Schlaf nicht einstellen. Sie lag da und starrte zum Seidenbaldachin ihres Bettes hinauf, Ives mal verdammend und sich mal nach ihm verzehrend. Noch immer wach, als er nach Hause kam, hörte sie seine Schritte auf dem Gang, als er an ihrer Tür vorüberging. Plötzlich pochte ihr Herz mit schmerzlicher Intensität.
Das leise Klicken seiner Schlafzimmertür, die er hinter sich schloss, drang an ihr Ohr, und obwohl sie angestrengt horchte, verhinderte die dicke Mauer, dass sie andere Geräusche vernahm. Nachdem sie eine Weile gelauscht hatte, gab sie es auf und versuchte wieder zu schlafen. Vergeblich, wie es sich zeigte. Ständig ging ihr Ives durch den Kopf. Schließlich musste sie zugeben, dass es reine Folter war, ihn so nahe und doch so fern zu wissen.
Sein plötzliches explosionsartiges Eindringen durch die aufgedrückte Tür bewirkte, dass sich Sophy kerzengerade im Bett aufsetzte. Sie wagte kaum zu glauben, dass er die Kühnheit besaß, sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen. Nicht einmal Simon in seinem ärgsten Rausch hatte sich so empörend benommen. Instinktiv griff sie nach der Pistole, glitt aus dem Bett und stellte sich ihm.
Der Raum lag fast in völligem Dunkel. Nur das Licht aus seinem Zimmer drang herein, doch Ives konnte unschwer ihre schlanke Gestalt neben dem Bett erkennen. Ihre Haltung verriet, dass sie eine Pistole in der Hand hielt, und er fragte sich halb amüsiert, halb bedauernd, ob sein Letztes Stündlein geschlagen hatte und ob das Letzte, was er sehen würde, Sophy mit ihrer verdammten Pistole wäre.
Er blieb stehen. Das Kerzenlicht hinter ihm zeichnete die Umrisse seiner großen, breitschultrigen Gestalt nach. Die goldenen Drachen seines Schlafrockmusters funkelten hell auf der braunen Seide.
»Wirst du mich wirklich erschießen?«, fragte er und richtete den Blick
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