Im Sturm der Herzen
habe es Ihnen doch gesagt ... ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Sie ließ sich, zunehmend nervös, von ihm zu diesem Haus geleiten. Jake hatte sie vor dem Mann gewarnt. Und jetzt entfernte sie sich immer weiter und weiter vom großen Haus, konnte nicht mehr auf Schutz zählen und suchte vergeblich nach einer Fluchtmöglichkeit.
Unten an der Treppe, die zur Veranda hinaufführte, blieb sie stehen. »Was ist das für ein Haus?«
Sein kaltes Lächeln schlug ihr auf den Magen. »Mein Haus. Haben Sie etwa gedacht, ich würde mit meinem Vater unter einem Dach leben - unter der Fuchtel eines Generals?«
»Nein, ich ...« Seine Hand umfasste ihren Arm fester. Er ging die Stufen hinauf und zwang sie, ihm zu folgen. Als er die Tür aufsperrte, blieb sie zurück. »Das ist, glaube ich, keine gute Idee. Es würde Major Dawson nicht gefallen ... und Sie haben ja keine Ahnung, wie gemein er sein kann, wenn er wütend ist. Er ... er hlägt mich vielleicht... oder ...«
Er riss die Tür auf. »Gehen Sie rein! Ich habe diese Spielchen satt.«
Der wohlerzogene Rico war fort. An seine Stelle war der ruchlose Mann getreten, den Jake ihr beschrieben hatte. Allie richtete sich kerzengerade auf. »Ich muss zum Haus zurück«, sagte sie und riss sich von ihm los.
Rico stieß sie so heftig durch die Tür, dass sie stolperte und bäuchlings auf dem Holzboden landete. Sie ächzte, als ihr ein scharfer Schmerz durchs Knie schoss, und drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um einen kleinen braunen Wirbelwind die Verandatreppe heraufstürmen zu sehen.
»Lassen Sie sie gehen!« Miguel krachte so heftig in Rico hinein, dass der das Gleichgewicht verlor und gegen den Türstock prallte.
»Miguel!«, schrie Allie, als das Kind den Sohn des Generals mit wirbelnden kleinen Fäusten traktierte und der ihm darauf einen so heftigen Schlag versetzte, dass der Kleine nach hinten über die Veranda flog und die Holztreppe hinunterrollte. Das schmerzende Knie ignorierend, kam Allie stolpernd hoch und rannte zur Tür, während Miguel schon wieder auf den Beinen war und Rico erneut attackierte. Allie schrie laut auf, als Rico dem kleinen Jungen einen Faustschlag versetzte und ihn wiederholt die Stufen hinabstieß. Dann packte er Allie an den Haaren und zog sie brutal an sich. Allie dachte an jenen Tag, als Bobby Santos sie auf dem Boot überfallen hatte und versuchte verzweifelt, sich an die Tricks zu erinnern, die sie in ihrem Selbstverteidigungskurs gelernt hatte. Sie trat Rico kräftig ans Schienbein, riss sich los und rammte ihm das Knie in die Weichteile.
Im Gegensatz zu Bobby wehrte Rico die Attacke ab, doch Allie hatte genug Zeit gewonnen, an ihm vorbeizukommen und die Treppe hinunterzulaufen. Miguels kleiner Körper lag ein Stück weit entfernt gekrümmt auf dem Boden. Lieber Gott, sie konnte ihn doch nicht hier lassen! Angsterfüllt und mit zitternden Händen ging sie neben dem Jungen in die Knie und strich ihm das Haar aus der Stirn. Er jammerte und machte langsam die Augen auf.
»Alles in Ordnung?« Sie rechnete damit, dass Rico sich jeden Moment wieder auf sie stürzen würde, doch die Schritte kamen aus der anderen Richtung. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie direkt hinter sich ein paar riesige Schnürstiefel samt Camouflage-Hosen.
»Was ist mit dem Jungen?«, hörte sie Jakes tiefe Stimme dröhnen und fiel vor Erleichterung fast in Ohnmacht.
»Ich weiß nicht...«
»Und du?« Er rührte sich nicht von der Stelle, und Allie begriff, dass er Rico anstarrte, der immer noch auf der Veranda stand.
»Mir geht's gut ... dank Miguel.« Sie half dem Kleinen auf, und er schien, wenn auch schwankend, allein stehen zu können.
»Lass uns gehen.« Mit einem letzten kalten Blick in Ricos Richtung hob Jake das Kind hoch, und sie entfernten sich vom Haus. Jake trug den Jungen direkt ins Zelt von Dr. Hernandez.
»Es scheint nichts gebrochen, und ich glaube auch nicht, dass er eine Gehirnerschütterung hat«, stellte dieser nach kurzer Untersuchung fest.
»Danke«, sagte Allie erleichtert. »Trotzdem wäre es das Beste, wenn der Junge sich den Rest des Tages hinlegen würde«, fügte der Arzt hinzu.
»Ich werde mich darum kümmern.« Jake hatte kein Wort darüber verloren, wie es zu dem »Unfall« gekommen war, und der Doktor fragte auch nicht. Dann brachte Jake den Jungen zu Conchita zurück, die sich, auf Jakes Überredungskünste und eine Hand voll pesos hin, bereit erklärte, Miguel für diesen Nachmittag die häuslichen Arbeiten zu
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