Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
miteinander vermählt.«
»Charlotta ist anders. Die Dinge, die Ihr aufgezählt habt, bedeuten ihr nichts. Für sie zählt nur die Liebe.«
»Nun, Pech für sie.« Ein anzügliches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Wenn sie erst die Freuden des Bettes kennen gelernt hat, wird sie bald anders über eine Ehe mit mir denken. Da bin ich sicher. Auch Ihr habt sicherlich davon gehört, dass ich in dieser Hinsicht einen Ruf zu verlieren habe. Sie ist doch noch jungfräulich, oder?«
»Charlotta ist so tugendsam, wie man es sich nur wünschen kann. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer«, antwortete Dom Alvarez überzeugt, doch wenn er an den Ruf Dom Pedros dachte, den die Huren der Stadt begründet hatten, wurde ihm nicht wohler.
»Wollen wir hoffen, dass Ihr Euch nicht die Finger verbrennt. Also, Patenonkel, lasst uns nun zu den Einzelheiten kommen.«
Dom Ernesto war aufgestanden. Langsam und nachdenklich schritt er durch die Halle. Seine Tritte in den beschlagenen Stiefeln hallten über den hellen Marmor. Er suchte krampfhaft nach einer Lösung, und als er an den Bildern seiner Ahnen vorbei kam, hatte er den rettenden Einfall.
»Es gibt da eine Tochter meiner Cousine, Dom Pedro. Ein auffallend schönes Mädchen von heiterer, ruhiger Wesensart. Gottesfürchtig, tugendsam, dazu bescheiden und still ist sie. Ich würde sie mit einer Mitgift ausstatten, die der von Charlotta in keiner Weise nachsteht. Heiratet sie, Dom Pedro. Ihr sagt selbst, dass Liebe dabei keine Rolle spielt. An finanziellen Mitteln seid Ihr mit der Cousinentochter nicht schlechter gestellt.«
»Gottesfürchtig und bescheiden, sagt Ihr? Tugendsam und still? Wollt Ihr mich beleidigen, Patenonkel? Ich bin ein Mann voller Saft und Kraft. Eine graue Kirchenmaus, die weder sonntags noch an den zahlreichen anderen Kirchenfeiertagen oder gar in der Fastenzeit die Beine für mich breit macht, kann ich nicht brauchen. Nein, ich bestehe auf Charlotta. Sie ist genau die Frau, die ich haben möchte.«
»Ich kann sie Euch nicht geben. Und wenn Ihr ein Mann von Ehre und Ritterlichkeit seid, so verzichtet Ihr auf meine Tochter. Gern bin ich bereit, Euch für Eure Unannehmlichkeiten zu entschädigen, doch die Hand Charlottas verweigere ich Euch.«
Dom Pedro lehnte sich entspannt im Lehnstuhl zurück und betrachtete mit kundigen Blicken die luxuriöse Ausstattung der Empfangshalle. Weißer Marmor aus Carrara auf dem Boden, darüber einige kostbare Teppiche aus dem Orient. Die hellen Wände waren ein Stück unterhalb der Decke mit einem Fries aus vergoldeten Mosaiken belegt, die Möbel glänzten im satten Ton edler Hölzer, kostbare Silberleuchter und fein geschmiedetes Silbergeschirr standen auf Anrichten, dicke Kissen in den Stühlen und mit edlem Leder überzogene Fußschemel dienten der Bequemlichkeit.
»Gut. Wie Ihr wollt«, sagte er schließlich, als er mit seinen Betrachtungen zu Ende gekommen war. »Ihr sollt sehen, dass ich ein Ehrenmann bin: In zwei Wochen wird Vasco da Gama für tot erklärt werden; die Verlobung ist aufgehoben. Dann werde ich noch einmal kommen und die Urkunde mit dem Heiratsversprechen vorlegen. Einmal noch komme ich und dann nie wieder. Überlegt gut, was Ihr tut, Dom Ernesto de Alvarez. Das Wohl Eurer Familie und das Glück Charlottas liegt nun ganz in Eurer Hand. Ihr habt zwei Wochen Zeit, um Charlotta zur Einsicht zu bewegen. Danach übergebe ich die Angelegenheit den Richtern des Königs.«
Dom Pedro stand auf und sah sich noch einmal mit Genugtuung in der Halle um, als wäre er bereits deren Besitzer. Dann nahm er seinen Umhang, hob die Hand zum Gruß und verschwand ohne ein weiteres Wort.
Noch lange blieb Dom Alvarez in der Halle sitzen. Die Nacht brach bereits herein, als er sich endlich stöhnend erhob und die Treppe hinauf zu seinem Gemach schlurfte. Wie jeden Abend klopfte er auch heute an das Gemach seiner Tochter, um ihr eine gute Nacht zu wünschen.
Charlotta saß am Fenster und sah in die Nacht hinaus bis aufs Meer. Der Mond schien und ließ den Atlantik wie eine riesige Platte aus Silber erscheinen. Nur hin und wieder kräuselte eine Welle die stille, glatte Fläche. Als Charlotta ihren Vater hörte, drehte sie sich um:
»Er wird kommen, Vater. Ich weiß es. Wäre er tot, so würde ich das spüren.«
Dom Alvarez verstand auf Anhieb, von wem sie sprach. Er stellte sich neben sie und auch sein Blick ging hinaus auf das unendliche Meer. Er wusste, wie sehr Charlotta Vasco liebte. Und allein die Vorstellung,
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