Im Sturm der Sinne
hübsch und schien darum bemüht, ihm zu gefallen. Sie berührte ihn eindeutig sooft sie konnte. Vielleicht hatte sein Vater recht, so ungern er es auch zugeben wollte. Ein nettes Schäferstündchen war vielleicht genau das, was er brauchte.
Er lächelte Janet an und streifte ihre Hand, als er die heiße Teetasse nahm und sie seiner Mutter reichte. »Willst du dich heute nicht ein bisschen zu uns setzen, Mädchen?«
Schnell plazierte sich Janet neben ihm und warf Deidre einen triumphierenden Blick zu, aber Deidre schien plötzlich ihre ganze Aufmerksamkeit dafür zu brauchen, den Zucker auf Elens Porridge zu verteilen. Sie stellte die Schale direkt vor Elen ab, als Angus mit seiner üblichen polternden Art hereinstürmte. Elen zuckte leicht zusammen.
»Guten Morgen, Gemahl.«
Angus nickte, nahm die Teetasse und tauschte sie gegen einen Weinkelch aus, den er mitgebracht hatte. Er sah Gilead an. »Adair verlangt heute Morgen eine Revanche. Ich hoffe, du denkst diesmal mit deinem Kopf.«
Gilead spannte sein Kiefer an. »Ja, das werde ich.« Sein Vater brauchte sich nicht länger darüber zu sorgen, mit welchem Kopf er denken würde. Er hatte seine Gefühle wieder im Griff, und das fühlte sich gut an. Sehr gut sogar. So gut, dass er Janet ein warmes Fladenbrot reichte und dabei seine Finger etwas länger auf ihren ruhen ließ.
Angus’ Mundwinkel zuckten, als er das sah, und er setzte sich zwischen seine Frau und Deidre.
»Ich habe beschlossen, wer dir am besten Reitunterricht geben kann«, sagte er zu Deidre.
Elen sah überrascht aus. »Du willst das Reiten lernen, Kind? Wie ein Mann? Eigentlich tut das eine Lady nicht.«
»Sie will es lernen«, sagte Angus nicht wenig sarkastisch, »weil sie ihrem Ehemann gefallen will. Manche Frauen wollen das …«
Elen senkte den Blick, ein helles Rot überflutete ihr Gesicht und ihren Nacken. »Du weißt, dass ich mich vor den großen Ungeheuern fürchte.«
»Ja. Das hast du mir bereits gesagt.« Angus seufzte und wandte sich wieder an Deidre. »Wahrscheinlich ist es das Beste, wenn eine Frau es dir beibringt. Ich werde nach Formorian schicken.«
Gilead starrte seinen Vater an. Das nannte man ein kluges Manöver.
Formorian ohne Turius. Hier. Wochenlang.
Er fragte sich, wie lange sein Vater wohl gebraucht hatte, bis ihm dieser Plan eingefallen war. Wahrscheinlich keine Minute.
»Keine gute Wahl«, sagte er.
Sein Vater sah ihn fragend an. »Warum nicht? Formorian versteht sich gut auf Pferde.«
Formorian verstand sich gut auf alles Mögliche. Gilead würde es nicht zulassen, dass seine Mutter einem längeren Besuch von ihr ausgesetzt war. »Ich glaube, gestern war die Rede davon, dass unser Fräulein Deidre ihren … Verlobten überraschen möchte«, presste er hervor. »Es würde seltsam wirken, wenn Königin Formorian hier so viel Zeit verbringt.«
Angus’ Augen verdunkelten sich, und Gilead meinte, darin eine Art Respekt aufblitzen zu sehen. Sein Vater liebte solche Spielchen; aber Gilead wollte nicht spielen. »Wir haben hier unzählige gute Reiter.«
»Das will ich wohl meinen«, Elen setzte sich auf, ihre Stimme war erstaunlich stark. »Dich zum Beispiel, Gilead.« Sie wandte sich an Angus. »Gewinnt denn dein Sohn nicht immer die Reiterturniere? Brüstest du dich nicht stets damit?«
Angus sah missmutig aus, und Gilead stöhnte leise auf. Das hatte er damit nicht bezwecken wollen. »Eigentlich hatte ich an Broderick gedacht.« Gilead wurde unwohl, als ihn Deidre einen Augenblick lang ruhig ansah und ihren Blick dann abwandte. »Er ist unser Rittmeister.«
»Und als solchen brauche ich ihn, um die Truppen für den Ritt nach Norden zusammenzustellen«, antwortete Angus und sah dann seinen Sohn nachdenklich an. »Vielleicht wäre es wirklich am besten, wenn du das übernehmen würdest.«
Was hatte sein Vater nun schon wieder vor? Er hatte ihm deutlich genug zu verstehen gegeben, dass er sich von Deidre fernhalten sollte … Und dann fiel es ihm wieder ein. Sein Vater wollte, dass er herausfand, woher sie wirklich kam. Das hatte er bisher nicht getan. Und jetzt, da Deidre ihre Absichten mit Niall erklärt hatte, war sich sein Vater sicher, dass er mit ihr und Gilead nichts zu befürchten hatte.
Wirklich gar nichts mehr zu befürchten. Wie schlau von seinem Vater. Er nickte steif. »Wie du wünschst.« Aber er wollte es weder sich noch ihr leichtmachen. »Ich erwarte dich bei Tagesanbruch bei den Ställen. Während des Tages haben wir beide genügend
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