Im Sturm des Lebens
redete, und das Ergebnis
waren Kreise und Strichmännchen und eine schiefe Säule, die wohl eine Flasche Rotwein darstellen sollte.
»Du hast doch gesagt, du könntest zeichnen.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich gut zeichnen kann.«
»Okay, dann haben wir ein Problem. Zeichnen ist auch nicht meine starke Seite, verglichen mit dir bin ich allerdings da Vinci. Ich kann besser arbeiten, wenn ich ein paar visuelle Hilfen habe.« Sie stieß die Luft aus. »Wir kriegen das schon hin. Ich lasse mir von meinem Team Skizzen faxen, während wir weiter planen. Wir koordinieren die Termine so, dass wir einmal in der Woche entweder hier oder in meinem Büro in der Villa eine Sitzung abhalten können.«
Sie ließ sich auf die Armlehne seines Sessels sinken und blickte stirnrunzelnd vor sich hin. Sie und ihr Team waren aufeinander eingespielt und sie hatte die unterschwelligen Strömungen gespürt. Das musste sie gleich angehen. »Ich brauche hier noch eine halbe Stunde. Geh doch schon rüber zu Armani, ich komme dann gleich nach.«
»Warum soll ich zu Armani gehen?«
»Weil du was zum Anziehen brauchst.«
»Ich habe jede Menge anzuziehen.«
»Lieber, deine Klamotten sind wie deine Zeichnungen. Sie entsprechen den grundlegenden Anforderungen, aber du kannst damit keine Preise gewinnen. Ich werde dich neu ausstatten, und dann kannst du mir die richtige Winzerkleidung verpassen.« Sophia tätschelte Tylers Schulter und stand auf.
Er hätte am liebsten widersprochen, aber das wäre Zeitverschwendung gewesen. Je eher sie fertig waren
und wieder nach Norden fahren konnten, desto glücklicher würde er sein.
»Wo ist Armani?«
Sie starrte ihn an. Der Mann lebte seit Jahren eine Stunde von San Francisco entfernt. Wieso wusste er es nicht? »Frag meine Assistentin. Sie zeigt dir den Weg. Ich komme gleich nach.«
»Ein Anzug«, warnte Ty sie, während er zur Tür ging. »Und mehr nicht.«
»Mmm.« Das werden wir noch sehen, dachte sie. Es würde bestimmt Spaß machen, ihn neu einzukleiden. So ähnlich wie einen Klumpen rohen Ton zu formen. Aber vor dem Vergnügen kam erst noch die Arbeit. Sie trat wieder an ihren Schreibtisch und griff zum Telefonhörer. »Kris, kann ich dich kurz sprechen? Ja, jetzt gleich. Ich habe nicht viel Zeit.«
Sophie lockerte ihre Schultern und begann, Akten und Kassetten zusammenzupacken.
Sie arbeitete schon mehr als vier Jahre mit Kris zusammen, und war sich sehr wohl bewusst, dass es beträchtlichen Unmut gegeben hatte, als die frisch aus dem College entlassene Sophia die Abteilungsleitung übernahm. Sie hatten sich schließlich irgendwie geeinigt, aber Sophia zweifelte nicht daran, dass Kris jetzt wirklich unzufrieden war. Das ist nicht zu ändern, dachte Sophia. Sie musste irgendwie lernen, damit umzugehen.
Es klopfte an der Tür und Kris trat ein. »Sophia, ich habe Berge von Arbeit ...«
»Ich weiß. Nur fünf Minuten. Es wird in den nächsten Monaten ein ziemlicher Aufwand sein, die Dinge zwischen Napa Valley und hier hin und her zu schaufeln. Ich bin in einer Zwickmühle, Kris.«
»Wirklich? So siehst du gar nicht aus.«
»Du hast auch nicht gesehen, wie ich heute im Morgengrauen Weinstöcke beschnitten habe! Sieh mal, meine Großmutter hat Gründe für das, was sie tut und wie sie es tut. Ich verstehe diese Gründe nicht immer, und oft gefallen sie mir auch nicht, aber es ist ihr Unternehmen. Ich arbeite einfach nur hier.«
»Ja.«
Sophia hörte auf zu packen, stützte sich mit den Handflächen auf der Schreibtischplatte ab und sah Kris in die Augen. »Wenn du denkst, es macht mir Spaß, zwischen der Arbeit, die ich liebe, und den Weinbergen hin- und herzupendeln, dann bist du verrückt. Und wenn du denkst, Tyler habe es auf eine Position hier in diesem Büro abgesehen, dann denk lieber noch einmal nach.«
»Entschuldige, aber im Moment hat er eine Position in diesem Büro.«
»Und zwar eine, die deiner Meinung nach dir zusteht. Ich widerspreche dir nicht, aber ich sage dir, dass es nur zeitweilig ist. Ich brauche dich hier. Ich kann nicht jeden Tag herkommen, und ich kann auch nicht an allen Sitzungen teilnehmen oder alle Aufträge verteilen. Eigentlich, Kris, bist du gerade befördert worden. Du bekommst zwar keinen neuen Titel, aber ich werde alles tun, was ich kann, damit du für die zusätzlichen Pflichten finanziell entschädigt wirst.«
»Es geht mir nicht ums Geld.«
»Aber Geld kann nicht schaden«, schloss Sophia. »Tys Position hier und sein Titel stehen nur auf dem
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