Im Sturm des Lebens
»Es ist dein Augenblick. Entspann dich mit Giambelli. Es ist dein Wein.«
»Eher gemütlich als hip«, murrte Kris.
»Für hip nehmen wir ein urbanes Setting. Zwei Paare, Freunde, die einen gemeinsamen Abend verbringen. Apartment-Szene. Mach sie jung und schick. Zeig durch das Fenster die Stadt. Lichter und Silhouetten.«
»Couchtisch«, warf P.J. ein, die bereits zeichnete. »Zwei sitzen auf dem Boden. Die anderen lümmeln sich auf der Couch, alle reden zugleich. Man kann fast die Musik hören. Auf dem Tisch stehen Essensreste. Takeout. Dort stellen wir auch den Wein hin.«
»Gut. Perfekt. Feiere den Dienstag und so weiter.«
»Warum den Dienstag?«, wollte Ty wissen.
»Weil du für dienstags nie Pläne machst.« Sophia hockte sich wieder auf die Schreibtischkante und kreuzte die Beine. »Du machst Pläne fürs Wochenende, aber ein Dienstagabend mit Freunden ist spontan. Wir möchten, dass die Leute auf dem Weg nach Hause eine Flasche von unserem Wein kaufen. Einfach nur, weil es Dienstag ist. Dein Augenblick, dein Wein. Das ist der Auslöser.«
»Der Wein ist Giambelli-MacMillan.«
Sie nickte. »Korrekt. Wir müssen das auch in der Kampagne darstellen. Eine Hochzeit. Feiern Sie mit uns Hochzeit. Champagner, Blumen, ein schönes Paar.«
»Flitterwochen sind sexier«, kommentierte Trace, während er seine andere Zeichnung ausfeilte. »Die gleichen Elemente, aber in einem tollen Hotelzimmer. Das Hochzeitskleid hängt an der Tür, und unser
Paar ist mit Champagner auf Eis in einem tiefen Kuss versunken.«
»Wenn sie sich küssen, denken sie nicht ans Trinken«, sagte Ty.
»Guter Punkt. Vergiss den Kuss, aber der Rest ist toll. Zeig mir ...« Sophia fing an zu gestikulieren. »Vorfreude! Seide, Blumen, und drück ihnen die Champagnerflöten in die Hand. Sie sollen sich in die Augen sehen, statt sich zu küssen. Los, Kinder, schafft Magie. Seht zu, was ihr mir in den nächsten Stunden liefern könnt. Denkt immer an Augenblicke. Die besonderen und die gewöhnlichen.«
Sie schlug wieder die Beine übereinander, während ihr Team schwatzend das Zimmer verließ. »Nicht schlecht, MacMillan. Gar nicht schlecht.«
»Gut. Können wir jetzt nach Hause fahren?«
»Nein, ich habe hier noch eine Menge zu erledigen, und ich muss auch noch einiges einpacken, damit ich mir in der Villa ein Büro einrichten kann. Kannst du zeichnen?«
»Klar.«
»Das ist ein Plus.« Sophia schwang sich vom Schreibtisch und trat ans Regal, um einen Skizzenblock herauszunehmen.
Auf den Regalen standen jede Menge Dinge, nicht nur geschäftlicher Kram, sondern der Schnickschnack, den Leute, vor allem weibliche Leute, nach Tylers Meinung immer zu sammeln schienen. Die meisten der Staubfänger waren Frösche. Kleine grüne Frösche, größere Bronzefrösche, tanzende Frösche, modisch gekleidete Frösche und etwas, was so aussah, wie Frösche als Paar.
Sie passten irgendwie gar nicht zu der schick gekleideten Frau, die auf hohen Absätzen die Büroflure
entlangmarschierte und wie eine Nacht im Wald roch.
»Suchst du nach einem Prinzen?«
»Hmm?« Sie blickte sich in die Richtung um, in die er wies. »Oh. Nein, Prinzen brauchen zu viel Aufmerksamkeit. Ich mag einfach nur Frösche. Hier, ich sehe das so: eine Art von Montage. Die Weinberge im Sonnenschein. Weinstöcke voller Trauben. Eine einzelne Gestalt, die durch die Reihen wandert. Dann, im Vordergrund, riesige Körbe mit gerade geernteten Trauben.«
»Wir benutzen keine Körbe.«
»Du arbeitest hier mit mir , Ty. Einfachheit, Zugänglichkeit, Tradition. Gichtige Hände, die den Korb halten. Dann Schwenk auf die Fässer, unzählige Reihen von Fässern, das dämmerige Licht der Keller. Das Geheimnis, das Romantische. Ein paar interessiert blickende Kerle in Arbeitskleidung, die den Freifluss überprüfen. Dazu nehmen wir Rot, roter Wein, der aus einem Fass sprudelt. Dann andere Arbeiter, die probieren. Und schließlich eine Flasche. Vielleicht zwei Gläser und ein Korkenzieher daneben.«
»Vom Weinstock auf den Tisch. Hundert Jahre Güte und Qualität. Nein, von unseren Weinstöcken auf Ihren Tisch.« Sophia runzelte die Stirn, als sie sich das Bild im Geiste vorstellte. »Als Überschrift nehmen wir die hundert Jahre Güte und Qualität, dann die Montage, und unten: Von unseren Weinbergen auf Ihren Tisch. Die Tradition von Giambelli-MacMillan dauert an.«
Sie wandte sich wieder Ty zu, blickte ihm über die Schulter und gab ein Schnauben von sich. Er hatte gezeichnet, während sie
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