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Im Sturm des Lebens

Im Sturm des Lebens

Titel: Im Sturm des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Mutter zu verbringen. An ihrem nächsten freien Tag würde sie sich dann mit Freunden verabreden. Sie würde ein Wochenende in San Francisco verbringen, in ihrer Wohnung eine Dinnerparty geben und in den Club gehen. Aber diesmal wollte sie ihre Mutter zu einem Weibertag überreden.
    Sophia klopfte an Pilars Schlafzimmertür, steckte jedoch, ohne auf Antwort zu warten, gleich den Kopf hinein. Ihre Mutter hatte sie noch nie warten lassen.
    Das Bett war schon gemacht, und durch die offenen Vorhänge strömte das Sonnenlicht. Als Sophia eintrat, kam Maria aus dem angrenzenden Badezimmer.
    »Mama?«
    »Oh, sie ist schon lange auf. Ich glaube, sie ist im Gewächshaus.«
    »Ich finde sie sicher.« Sophia zögerte. »Maria, ich habe Mama die ganze Woche über kaum gesehen. Geht es ihr gut?«
    Maria presste die Lippen zusammen und zupfte an den gelben Rosen auf Pilars Kommode herum. »Sie schläft nicht gut. Das sehe ich. Sie isst wie ein Vögelchen, und das auch nur, wenn ich sie dränge. Gestern habe ich sie deswegen ausgeschimpft, und sie meinte, es sei nur der Feiertagsstress. Was für ein Stress?« Maria warf die Hände hoch. »Deine Mama liebt Weihnachten. Es ist dieser Mann, der ihr Kummer bereitet. Ich will ja nicht schlecht von deinem Vater sprechen, aber wenn er meine Kleine krank macht, dann bekommt er es mit mir zu tun.«
    »Reg dich nicht auf«, murmelte Sophia. »Wir kümmern uns schon um sie. Ich gehe sie jetzt suchen, Maria.«
    »Sieh zu, dass sie etwas isst.«
    Weihnachten, dachte Sophia, als sie die Treppe hinunterlief. Das war der perfekte Vorwand. Sie würde ihre Mutter bitten, mit ihr noch ein paar letzte Geschenke einzukaufen.
    Während sie durch das Haus eilte, blickte sie sich um. In der Eingangshalle waren die roten und weißen Weihnachtssterne ihrer Mutter in Dutzenden von silbernen Töpfen üppig zwischen Miniatur-Stechpalmen arrangiert. Um die Türrahmen rankte sich frisches Grün mit Lichtern und roten Bändern.
    Auf dem langen Refektoriumstisch im Familiensalon standen die drei Giambelli-Engel. Teresa, Pilar und Sophia, jedes Gesicht im Alter von zwölf Jahren festgehalten.
    Wie ähnlich sie sich sahen! Die Kontinuität, die nicht zu leugnenden Blutsbande zwischen den drei Generationen. Als Sophia damals ihren Engel geschenkt bekommen hatte, war sie davon fasziniert gewesen. Fasziniert, ihr eigenes Gesicht über dem anmutigen Körper mit den Flügeln zu sehen. Eines Tages würde sie einen Engel für ihr eigenes Kind in Auftrag geben. Was für ein seltsamer Gedanke, sann sie. Nicht unangenehm, aber seltsam. Wenn die Zeit gekommen war, würde sie dafür sorgen, dass es eine nächste Generation gab.
    Gemessen an ihrer Mutter und ihrer Großmutter hinkte sie ein bisschen hinterher. Aber schließlich war das kein Termin, den man sich im Kalender anstreichen konnte: sich verlieben, heiraten, ein Kind empfangen ...
    Unsinn, solche Dinge ließen sich nicht planen. Dies alles würde sie mit dem richtigen Mann zur richtigen Zeit erleben. Aber es war so leicht, viel zu leicht, einen Fehler zu machen! Dabei konnten Liebe, Ehe und Kinder nicht einfach rückgängig gemacht werden wie ein unangenehmer Termin beim Zahnarzt.
    Es sei denn, man hieß Anthony Avano, dachte Sophia, und ärgerte sich gleich über den Stich, den sie bei dem Gedanken empfand. Sie hatte nicht die Absicht, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten. Wenn sie ihre Wahl traf und das Gelübde ablegte, das dazu gehörte, würde sie es auch einhalten.
    Deshalb mussten im Augenblick drei Engel reichen.
    Sie blickte sich im Zimmer um. Überall standen Kerzen, und auch hier war Tannengrün arrangiert. Der große Baum – einer von vieren, die traditionsgemäß
in der Villa aufgestellt wurden, prächtig mit Kristallgirlanden und kostbaren Ornamenten geschmückt, die aus Italien stammten – stand majestätisch am Fenster. Die Geschenke waren schon darunter aufgebaut, und das ganze Haus roch nach Pinien und Kerzenwachs.
    Die Zeit ist mir durch die Finger geflossen, dachte Sophia schuldbewusst. Während ihre Mutter, ihre Großmutter und die Angestellten geschuftet hatten, um das Haus für die Feiertage zu schmücken, hatte sie sich in ihre Arbeit vergraben.
    Sie hätte sich die Zeit nehmen sollen, ihnen zu helfen. Sie würde das sofort wiedergutmachen.
    Sie trat aus der Tür und bedauerte sofort, dass sie sich keine Jacke übergezogen hatte. Es ging ein scharfer Wind, und Sophia rannte den Steinweg zum Gewächshaus entlang.
    Die feuchtwarme Hitze

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