Im Sturm des Lebens
schlug ihr wohltuend entgegen. »Mama?«
»Ich bin hier hinten, Sophie! Du musst dir unbedingt meine Narzissen ansehen, sie sind großartig. Ich glaube, ich nehme sie und die weißen Amaryllis mit in den Salon. Das sieht sehr festlich aus.«
Pilar sah ihre Tochter an. »Wo ist deine Jacke?«
»Habe ich vergessen.« Sophia küsste ihre Mutter auf die Wange und musterte sie dann eingehend.
Pilars alter Pullover war an den Ellenbogen durchgescheuert und viel zu weit. Die Haare hatte sie einfach zusammengebunden.
»Du hast abgenommen.«
»O nein.« Pilar tat die Bemerkung mit einer Handbewegung ab. »Du hast offenbar mit Maria geredet. Wenn ich mich nicht dreimal am Tag voll stopfe, dann ist sie überzeugt, dass ich verhungere.
Auf dem Weg hierher habe ich sogar zwei Plätzchen gestohlen, und sie müssten sich eigentlich jeden Moment auf meinen Hüften zeigen.«
»Das sollte bis zum Mittagessen reichen. Und dazu lade ich dich ein. Ich muss noch so viele Einkäufe machen, Mama! Du sollst mir helfen.«
»Sophia!« Kopfschüttelnd legte Pilar den Strauß Narzissen, den sie im Arm hielt, beiseite und beugte sich über die Tulpen. Sie werden bald blühen, dachte sie, und Farbe in die trüben Wintertage bringen. »Du hast mit den Weihnachtsgeschenken im Juni angefangen, und im Oktober warst du fertig. Genau wie du es immer tust, damit wir alle neidisch sind.«
»Okay, erwischt.« Sophia schwang sich auf den Arbeitstisch. »Aber im Ernst, ich möchte unbedingt in die Stadt und ein paar Stunden ausspannen. Es war solch eine schwere Woche. Lass uns wenigstens einen Tag lang abhauen.«
»Ich war gerade erst vor zwei Tagen in der Stadt.« Stirnrunzelnd stellte Pilar die Tulpen beiseite. »Sophie, ist diese neue Ordnung, die deine Großmutter eingeführt hat, zu viel für dich? Du stehst jeden Tag im Morgengrauen auf, und dann sitzt du hier noch stundenlang in deinem Büro. Du triffst dich nicht einmal mehr mit deinen Freunden!«
»Ich werde unter Druck immer besser. Allerdings könnte ich eine Assistentin gebrauchen, und ich glaube, du würdest die Anforderungen perfekt erfüllen.«
»Cara , wir wissen beide, dass ich dir nicht von Nutzen wäre.«
»Nein, das weiß ich nicht. Okay, dann eben Plan B. Du hast die ganze Dekoration im Haus gemacht, es sieht übrigens wunderschön aus. Es tut mir Leid, dass ich dir nicht geholfen habe.«
»Du warst beschäftigt.«
»Ich hätte nicht so beschäftigt sein dürfen. Aber jetzt geht die Bürozeit langsam in Partyplanungszeit über. Du musst mich darüber auf dem Laufenden halten, das gehört zu den Pflichten einer Assistentin. Also, welche Blumen möchtest du gern mit hineinnehmen? Ich helfe dir dabei, und dann schmücken wir weiter.«
Das Mädchen kann einen fertig machen, dachte Pilar. »Sophie, wirklich.«
»Ja, wirklich. Du bist der Trainee. Ich bin der Boss.« Sophia sprang vom Tisch und rieb sich die Hände. »Ich lasse dich jetzt für all die Jahre büßen, in denen du mich herumgeschubst hast. Vor allem in der Zeit zwischen zwölf und fünfzehn.«
»Nein, so grausam kannst du doch nicht sein.«
»Und ob. Du hast gefragt, ob mir der neue Tagesablauf nicht zu viel ist. Die Antwort lautet: beinahe. Das ist eine Tatsache. Ich bin nicht daran gewöhnt, meine Ablage und meinen Telefondienst selbst zu machen und all meine Briefe selbst zu tippen. Da ich jedoch weder Nonna noch MacMillan gegenüber zugeben kann, dass ich mich ein bisschen überlastet fühle, könntest du mir helfen.«
Pilar stieß die Luft aus und streifte ihre Gartenhandschuhe ab. »Du tust das nur, um mich beschäftigt zu halten, genauso wie Maria mich immer zum Essen nötigt.«
»Zum Teil«, gab Sophia zu. »Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich jeden Tag viel zu viel Zeit damit verbringe, Büroarbeiten zu machen. Wenn sich das delegieren ließe, könnte ich mich vielleicht in diesem Jahrzehnt noch einmal verabreden. Mir fehlen die Männer!«
»Na gut, aber mach mir keinen Vorwurf, wenn du anschließend nichts mehr wiederfindest.« Pilar zog sich das Gummiband aus den Haaren und spielte damit herum. »Ich habe zum letzten Mal in einem Büro gearbeitet, als ich sechzehn war, und ich war so erfolglos, dass Mama mich hinausgeworfen hat.«
Lachend drehte sie sich um, und dann merkte sie, dass Sophia sie fassungslos anstarrte.
Verlegen versuchte Pilar, die Hand mit dem fünfkarätigen Rubinring am Finger hinter ihrem Rücken zu verstecken. »Er ist ein bisschen heftig, was?«
»Ich weiß
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