Im Sturm: Thriller (German Edition)
Schiff, Sir.« Der Admiral nickte. Auch er hatte die Schadensmeldung gesehen.
»Sie haben das Schiff gerettet, Ed. Gratuliere. Die Pharris braucht Sie im Augenblick nicht. Ich möchte Sie hier bei meinem Stab haben. Auch wir müssen unsere Taktik ändern. Sehen Sie sich an, was über Feindlage und Gefechtserfahrungen vorliegt, und liefern Sie mir ein paar Ideen.«
»Vielleicht schieben wir als erstes mal diesen verdammten Backfire einen Riegel vor.«
»Daran wird schon gearbeitet.« In der Antwort schwangen Zuversicht und zugleich Skepsis mit.
Windward Passage
Im Osten lag Hispaniola, im Westen Kuba. Die Schiffe liefen verdunkelt in Gefechtsformation, begleitet von Zerstörern und Fregatten, die Radargeräte in Bereitschaft. Raketen lagen auf den Startern und waren nach Backbord gerichtet. Ihre Bedienungen schwitzten auf ihren klimatisierten Gefechtsstationen.
Mit Ärger rechnete man nicht. Castro hatte der amerikanischen Regierung zu verstehen gegeben, er habe mit dieser Angelegenheit nichts zu tun und sei vielmehr erbost, weil man ihn nicht informiert hatte. Unter diplomatischen Gesichtspunkten war es allerdings wichtig, daß die amerikanische Flotte die Passage in der Nacht durchfuhr, damit die Kubaner wahrheitsgemäß behaupten konnten, nichts gesehen zu haben. Zum Zeichen seines guten Willens hatte Castro die Amerikaner sogar auf ein sowjetisches U-Boot in der Straße von Florida aufmerksam gemacht.
Die Marine wußte nur, daß mit ernsthafter Gegenwehr nicht zu rechnen war. Ihre Hubschrauber hatten eine Kette aus Sonobojen ausgelegt, ihre ESM-Empfänger lauschten auf das pulsierende Signal sowjetischer Radargeräte. Auf den Masten suchten Ausgucks mit Nachtsichtgeräten den Himmel nach Flugzeugen ab.
Ein Fregattenkapitän saß in der Gefechtszentrale seines Schiffes und hatte links von sich den Kartentisch und rechts die taktische Anzeige, an der ein junger Offizier stand. Bekannt war, daß die Kubaner entlang ihrer Küste Boden-Boden-Raketenbatterien aufgestellt hatten. Auf dem Vorschiff waren Raketenstarter, Dreizöller und das DISW geladen und ausgerichtet. Der Kaffee war ein Fehler gewesen, sagte sich der Captain, aber er mußte hellwach bleiben. Das Resultat war ein stechender Magenschmerz. Er erwog, mit dem Sanitäter zu sprechen, verwarf den Gedanken aber. Dazu war keine Zeit.
Es geschah nach der dritten Tasse Kaffee. Der Schmerz kam so jäh wie ein Messerstich. Der Captain krümmte sich und erbrach sich auf das Fliesendeck der Zentrale. Ein Matrose wischte alles sofort auf; in der Dunkelheit sah niemand das Blut. Der Captain konnte seine Station trotz der Schmerzen und des Schüttelfrostes nach dem Blutverlust nicht verlassen. Er nahm sich vor, für die nächsten paar Stunden auf Kaffee zu verzichten und später den Sanitäter aufzusuchen.
Virginia Beach, Virginia
Morris fand sein Haus verlassen vor. Auf seinen Vorschlag hin war seine Frau mit den Kindern nach Kansas zu ihren Eltern gefahren. Nun bedauerte er das. Morris brauchte Gesellschaft und eine Umarmung, und er wollte seine Kinder sehen. Gleich, nachdem er das Haus betreten hatte, ging er ans Telefon. Seine Frau wußte bereits, was mit dem Schiff passiert war, hatte den Kindern aber noch nichts davon gesagt. Es dauerte eine Weile, bis er sie davon überzeugt hatte, daß er unversehrt und zu Hause war. Dann kamen die Kinder an den Apparat, und am Ende stellte sich heraus, daß seine Familie keinen Flug nach Hause buchen konnte. Alle Passagiermaschinen transportierten entweder Soldaten oder Nachschub ins Ausland oder waren bis Mitte August ausgebucht. Es hatte keinen Sinn, entschied Ed Morris, seiner Familie die lange Fahrt von Salinas nach Kansas City zuzumuten, nur für den Fall, daß Sitze frei wurden. Der Abschied am Telefon fiel ihm schwer.
Aber die nächste Aufgabe war noch schwerer. Commander Edward Morris zog seine weiße Ausgehuniform an und nahm die Liste der Familien, die benachrichtigt werden mußten, aus der Brieftasche. Sie waren zwar bereits offiziell verständigt worden, aber es gehörte zu den Pflichten eines Kommandanten, die Hinterbliebenen persönlich aufzusuchen. Die Witwe seines Ersten Offiziers wohnte ganz in der Nähe. Wie oft hatte er dort sonntags im Garten gesessen und zugesehen, wie die Steaks auf dem Grill brutzelten? Was sollte er der Frau nun sagen? Und den anderen Witwen? Und erst den Kindern?
Morris ging zu seinem Wagen. Das Kennzeichen FF-1094 kam ihm nun wie der blanke Hohn vor. Nicht jeder mußte sein
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