Im Sturm: Thriller (German Edition)
Hände.
»Wir dürfen nicht in Gefangenschaft geraten! So lautet unser Befehl!« rief der Hauptmann.
»Und ob!« brüllte der Feldwebel zurück. »Los, steigt einzeln aus, Genossen – mit erhobenen Händen!«
Ein Schütze stieg langsam aus der Hecktür des Transporters.
»Kommen Sie auf mich zu«, sagte Tschernjawin von einem Rollstuhl aus. Der Major hatte genug verraten, um seine Männer, mit denen er zwei Jahre lang gearbeitet hatte, zu retten. Es war sinnlos, sie nun hinschlachten zu lassen. »Man wird Ihnen nichts zuleide zun. Wenn Sie eine Waffe bei sich haben, werfen Sie sie jetzt weg. Ich weiß, daß Sie einen Dolch tragen, Schütze Iwanow ... gut. Der nächste.«
Es ging ganz rasch. Ein Team von Männern des SAS und der GSG-9 sammelte die Sowjets ein, legte ihnen Handschellen an und führte sie mit verbundenen Augen ab. Bald waren nur noch zwei übrig. Die Handgranate komplizierte die Situation. Der Hauptmann hatte inzwischen eingesehen, daß Widerstand sinnlos war, konnte aber den Sicherungsstift nicht finden. Der Feldwebel rief Tschernjawin eine Warnung zu, aber der saß im Rollstuhl und konnte nichts unternehmen. Zuletzt kam der Hauptmann heraus. Am liebsten hätte er mit der Handgranate nach dem Offizier geworfen, der, wie er glaubte, sein Land verraten hatte, sah aber dann einen Mann vor sich, der beide Beine in Gips hatte.
»Ich habe eine scharfe Handgranate«, erklärte der Hauptmann laut. »Ich werfe sie jetzt in diesen Transporter.«
Und ehe ihn jemand daran hindern konnte, tat er das auch. Einen Moment darauf flog der Lieferwagen in die Luft, und die Karten und Fluchtpläne des Trupps verbrannten. Zum ersten Mal seit Wochen grinste Major Tschernjawin breit. »Gut gemacht, Andruschka!«
Zwei andere Speznas-Trupps hatten weniger Glück und wurden in Sichtweite ihrer Ziele von deutschen Einheiten, die von Tschernjawins Gefangennahme wußten, abgefangen. Doch es befanden sich noch weitere zwanzig Gruppen in der Bundesrepublik, und nicht jede Nato-Einrichtung war rechtzeitig gewarnt worden. Rechts und links vom Rhein kam es zu erbitterten Feuergefechten. Ein Krieg, der Millionen in Mitleidenschaft ziehen sollte, begann mit verzweifelten Nachtkämpfen zwischen Einheiten von Zug- und Kompaniestärke.
17
Die Traumland-Frisbees
Deutschland, VRV
Der Ausblick hätte den meisten Piloten Angst eingejagt. Zwölfhundert Meter über ihm hing eine dichte Wolkendecke. Er flog durch Schauer, die er in dieser schwarzen Nacht eher hörte als sah, und die dunklen Silhouetten der Bäume schienen nach seinem dahinjagenden Kampfflugzeug zu greifen. In einer solchen Nacht flog nur ein Verrückter so tief – um so besser. Er grinste hinter seiner Sauerstoffmaske.
Colonel Douglas Ellington hielt den Steuerknüppel seines Kampfflugzeugs F-19A Ghostrider mit den Fingerspitzen; seine linke Hand lag auf den parallel angeordneten beiden Schubkontrollhebeln. Das auf die Windschutzscheibe projizierte Head-up-Display zeigte 625 Knoten (1 Knoten – 1,852 km) Geschwindigkeit, hundertsechzig Fuß Höhe und Kurs 013 an. Umgeben waren die Zahlen von einem monochromen holographischen Bild des vor ihm liegenden Terrains. Das Bild kam von einer Infrarot-Kamera im Bug des Flugzeugs und wurde von einem unsichtbaren Laserstrahl, der den Boden achtmal pro Sekunde abtastete, ergänzt. Zur Erweiterung des Gesichtsfeldes war sein übergroßer Helm mit einem Nachtsichtgerät ausgerüstet.
»Über uns ist der Teufel los«, meldete sein Kampfbeobachter vom Rücksitz. Major Don Eisly überwachte nicht nur die Funk-und Radarsignale, sondern auch ihre eigenen Instrumente. »Alle Systeme weiterhin nominal, Distanz zum Ziel nun neunzig Meilen.«
»Stimmt«, antwortete Douglas »Duke« Ellington, der dem Musiker sogar ein wenig ähnlich sah.
Ellington mochte diesen Aufrag. Sie flogen gefährlich tief über die Mittelgebirge Ostdeutschlands, und ihre »Frisbee«, nie höher als sechzig Meter, hüpfte auf die konstanten Kursänderungen des Piloten hin auf und ab.
Den Namen Ghostrider, »Geisterreiter«, hatte der Maschine die Herstellerfirma Lockheed verpaßt. Die Piloten nannten sie »Frisbee«, den unter dem Deckmantel der Geheimhaltung entwickelten Stealth-Fighter F-19A. Das Flugzeug hatte keine scharfen Ecken und Kanten, die Radarsignale sauber reflektierten. Ihre Düsentriebwerke mit hohem Nebenstromverhältnis waren auf eine bestenfalls unscharfe Infrarot-Signatur hin entwickelt worden. Von oben erinnert der Umriß ihrer
Weitere Kostenlose Bücher