Im Sturm: Thriller (German Edition)
Tragflächen an eine Kirchenglocke. Von vorne gesehen schienen sie sich seltsam bodenwärts zu krümmen, was ihr den Spitznamen »Frisbee« eingetragen hatte. Obwohl sie mit modernster Elektronik vollgestopft war, setzte sie ihre aktiven Systeme gewöhnlich nicht ein. Radar- und Funkanlagen erzeugen elektronischen »Lärm«, den ein Feind orten konnte, und die ganze Idee bei der Entwicklung des Frisbees war ja seine scheinbare Nichtexistenz im Flug gewesen.
Hoch über ihnen blufften Hunderte von Kampfflugzeugen, jagten über die Grenze, drehten wieder ab; jede Seite versuchte, die andere zu einem Gefecht zu verleiten. Beide Seiten hatten Radarflugzeuge zur Steuerung der Luftschlacht starten lassen, um einen Vorteil in einem Krieg zu gewinnen, von dessen Ausbruch bisher nur wenige Menschen etwas ahnten.
Und wir landen einen raschen Schlag, dachte Ellington. Endlich mal was Vernünftiges! In Vietnam hatte er mit Jagdbombern des Typs F-IIIA über hundert Einsätze geflogen und galt bei der Luftwaffe als führender Fachmann für geheime Tiefflugmissionen. Er fand zwar, daß die Frisbee ansprach wie eine müde Sau, aber das störte ihn nicht. Besser unsichtbar als agil, fand er und war sich bewußt, daß er gerade im Begriff war, diese Behauptung unter Beweis zu stellen.
Die Frisbee-Staffel drang nun in den dichtesten Flugabwehrgürtel der Welt ein.
»Distanz zum Hauptziel nun sechzig Meilen«, berichtete Eisly. »Alle Bordsysteme weiterhin nominal. Kein Feindradar hat uns erfaßt. Sieht gut aus, Duke.«
»Roger.« Ellington drückte den Knüppel nach vorn, als sie einen kleinen Berg überflogen hatten, und fing die Maschine fünfundzwanzig Meter über einem Weizenfeld wieder ab. Der Duke nutzte seine langjährige Erfahrung und trieb dieses Spiel bis an seine Grenzen. Ihr Hauptziel war eine sowjetische IL-76 Mainstay, ein AWACS-ähnliches Flugzeug, das in der Nähe von Magdeburg kreiste, günstigerweise nur zehn Meilen von ihrem Sekundärziel entfernt, der Autobahnbrücke über die Elbe bei Hohenwarthe. Inzwischen wurde der Einsatz haariger. Je näher sie der Mainstay kamen, desto mehr Radarsignale, deren Intensität im Quadrat zunahm, trafen ihre Maschine. Früher oder später mußten Impulse zur Mainstay reflektiert werden, die ihre Ortung ermöglichten, trotz der gekrümmten, in radartransparenter Mischbauweise hergestellten Tragflächen. Die Stealth-Technologie erschwerte die Ortung durch Radar nur, machte sie aber nicht gänzlich unmöglich. Würden sie von der Mainstay entdeckt werden? Und wie rasch reagierten die Russen dann?
Immer mit der Ruhe, sagte er sich. Fliege so, wie du es trainiert hast. Sie hatten diesen Einsatz neun Tage lang im »Dreamland« geprobt, einem hochgeheimen Übungsgebiet bei dem riesigen Luftstützpunkt Nellis in Nevada. Selbst eine E-3A Sentry, eine weitaus bessere Radarplattform als die Mainstay, konnte sie damals über vierzig Meilen kaum ausmachen.
Es waren fünf Mainstays in der Luft, alle rund hundert Kilometer östlich der innerdeutschen Grenze. Eine schöne, sichere Distanz, denn dazwischen befanden sich über dreihundert Kampfflugzeuge.
»Noch zwanzig Meilen, Duke.«
»Gut. Das reicht, Don.«
»Roger. Noch immer weder Feuerleit- noch Suchradar in unsere Richtung. Viel Geschnatter über Funk, aber vorwiegend von Westen. Kaum Sprechfunk vom Ziel.«
Ellington senkte die linke Hand, um die vier AIM-9M Luftkampfraketen Sidewinder unter den Flügeln feuerbereit zu machen.
Die Bordwaffenanzeige blinkte in einem freundlichen, tödlichen Grün.
»Achtzehn Meilen. Ziel schien normal zu kreisen, keine Ausweichmanöver.«
Zehn Meilen pro Minute, berechnete Ellington, noch eine Minute und vierzig Sekunden also.
»Sechzehn Meilen.« Eisly las die Werte von der Anzeige eines Computers ab, der mit einem NAVSTAR-Satelliten-Navigationssystem in Verbindung stand.
Der Mainstay sollte eigentlich keine Chance bleiben, denn die Frisbee würde erst direkt unterm Ziel in den Steigflug gehen. Vierzehn Meilen, zwölf, zehn, acht, sechs bis zu dem umgebauten Transportflugzeug.
»Die Mainstay hat gerade kehrtgemacht – ja, weicht aus. Wir sind gerade von einem Foxfire überflogen worden«, sagte Eisly gelassen. Ein Abfangjäger MiG-25 war nun vermutlich auf Anweisung von IL-76 auf der Suche nach ihnen. Der Foxfire hatte dank seiner hohen Leistung und Wendigkeit eine gute Chance, sie zu orten, Stealth-Technologie hin oder her.
»Sind wir erfaßt?«
»Nein, noch nicht.« Eislys Blick war auf
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