Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Road.«
»Gehört er Beaurain?«
»Ich denke schon, ist ja auf seinem Gebiet.«
»Hmmm«, brummte Jadick und setzte sich ihr gegenüber. »Dann hocken da wahrscheinlich ’ne Menge harte Jungs da rum. Könnte problematisch werden, wenn wir die Sache zu locker angehen.«
»Mit so was kenn ich mich nicht aus«, sagte Wanda. Dann durchstöberte sie den Kram auf dem Küchentisch, fand einen halben Joint und zündete ihn an. Nachdem sie einmal tief inhaliert hatte, fragte sie: »Warst du schon immer ein Dieb oder hast du auch schon mal was anderes gemacht?«
Jadick lächelte – ein schockierend nettes Lächeln, bei dem seine weißen Zähne aufblitzten. Dann legte er einen Finger an die Nase.
»Früher war ich Boxer.«
»Bevor du ein Dieb geworden bist?«
»So dazwischen«, antwortete er. »Das war vor ein paar Jahren, in Philadelphia. Ich bin dort hingezogen, um zu boxen, außerdem hatte ich in Cleveland die Bullen am Hals. Mit dreizehn hab ich einen Mann mit einem Schlag k.o. geschlagen, also behielt ich immer im Hinterkopf, dass ich ja in dieser Sparte mal Karriere machen könnte. Deshalb bin ich nach Philadelphia gegangen, und diese ganzen Experten haben mir erzählt, dass ein Weißer den ganzen Scheiß nicht aushalten würde, den sie in so ’ner schlimmen Stadt mit einem abziehen. Aber ich hab nicht auf sie gehört und wurde Sparringspartner, das heißt, so ’ne Art Punchingball. Die ganze Zeit haben sie auf mich eingeprügelt, weil ich nie richtig Boxen gelernt hatte und so, ich hatte bloß den richtigen Instinkt und ’ne harte Faust.« Er schüttelte wehmütig den Kopf. »Herzchen, diese Nigger haben mir auf die Augen gehauen, dass sie zugeschwollen sind, pausenlos, einfach immer drauf und gesagt: ›Das hältste nicht aus, was, du weißer Arsch?‹«
»Was hast du gemacht?«
»Ich bin zurück zu den Überfällen, hab den Gorilla gespielt. So ’ne Scheiße lass ich mir doch von den Niggern nicht gefallen. Mit Niggern zu boxen, das ist, als wollte man mit ’nem Schwein Walzer tanzen, das ist einfach verkehrt.«
»Schade«, sagte sie. »Hast du ’n Plan für den Rio, Rio Club? Da soll nämlich das Spiel stattfinden.«
»Ich werd drüber nachdenken.«
»Tja«, meinte Wanda, »mir ist da eine Idee gekommen. Weißt du, der Junge, der gegenüber wohnt, der arbeitet dort. Er ist ein ganzes Stück älter als ich, da sollte ich ihn eigentlich nicht ›Junge‹ nennen, aber er baut jedes Mal ein Zelt in der Hose, wenn er mich sieht. Ich schätze, der würd gern mal mit mir dorthin gehen, wenn ich ein bisschen Interesse zeige.«
»Wann?«
»Morgen. Jetzt ist er schon dort.«
»Nein«, sagte Jadick. »Dann müssten wir ihn umlegen, damit er nach der Aktion keinen Verdacht schöpft. Nein.« Er beugte sich über den Tisch und tätschelte Wandas Hand. »Du solltest jetzt gleich hingehen und dich für einen Job bewerben, was meinst du? Ich will das Ding noch heute Abend durchziehen.«
»Heute Abend? Heute? Mann, deine Kumpels nebenan sind zu besoffen, um Männerkleider zu tragen!«
»Ach, die krieg ich schon wieder nüchtern.« Jadick stand auf und ging zum Kühlschrank. »Wenn wir heute Abend noch mal zuschlagen, dann flippen die aus. Dann sind sie kurz vor dem Zusammenbruch.«
»Emil, ich bin keine Stripperin.«
»Du hast aber Talent dazu«, entgegnete er. »Wackel einfach ein bisschen mit dem Hintern.«
Als das Telefon an der Wand über dem Kühlschrank klingelte, hob Jadick ab, lauschte einen Moment und sagte dann: »Ja, wir nehmen den Anruf an.« Er wandte sich zu Wanda. »Es ist Ronnie.«
»Du solltest nicht an mein Telefon gehen«, sagte Wanda, nahm Emil den Hörer aus der Hand und hielt ihn ans Ohr. »Hallo, Ronnie. Was? Ja, das war er. Er ist hier. Deine Verwandten sind hier.« Sie lehnte sich an den Kühlschrank und betrachtete Emil. »Das hast du schon gehört? Da oben? Er war ein was? Was? O h Mann.« Sie ließ das Telefon einen Moment sinken und sagte: »Das war ein Cop, Emil. Ihr habt ’nen Cop umgelegt.«
Emil zuckte die Achseln, öffnete den Kühlschrank und holte einen Milchkarton heraus. »Das Leben geht weiter«, sagte er.
»Ja. Ronnie. Natürlich, ja. Ich mach mir jetzt schon ein bisschen Sorgen. Klar. Ja. Ich weiß, dass ich stark sein muss. Verstehe.«
Wanda hasste das Bild ihres angetrauten Ehemanns, das gerade in ihrem Kopf auftauchte, denn sie stellte ihn sich gefängnisbleich vor, kettenrauchend, in der weißen Zielscheiben-Montur, die sie in Braxton tragen mussten. Dieses
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