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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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traurige Bild spukte ihr im Kopf herum, während sie gleichzeitig Emil vor sich sah, wie er Milch direkt aus dem Karton trank; sein Bauch war so fest und muskulös und schrie förmlich danach, dass sie ihn mit den Fingerspitzen streichelte, bis hinunter zum Schwanz.
    »Du weißt, dass ich das tu, Ronnie. Du weißt, dass ich dich liebe. Ja. Ich hab getan, was du mir gesagt hast.« Sie wickelte die Telefonschnur um den Finger, während sie Emil tief in die Augen schaute. »Ja, du hast gesagt, ich soll’s tun. Deshalb hab ich’s getan. Ronnie, ich will dich nicht anlügen – es war toll. Er ist jünger als du. Du weißt ja, er ist gut gebaut, starke Arme und alles.«
    Als Jadick merkte, dass sie über ihn sprachen, lehnte er sich mit gespreizten Beinen und geschwellter Brust gegen den Küchentisch.
    Wanda konnte den Blick nicht von ihm abwenden.
    »Ja, Ronnie, ja. Ich tu, was er will, ich tu das für dich, wirklich, für dich. Alles, was ich tue, ist für dich. Ja. Na gut, ich mag ihn. Weißt du«, sagte sie, während sie Emil ansah, »er kann sentimental sein, aber auch gemein – mit anderen Worten: genau richtig. Okay, Ronnie. Du weißt, ich liebe dich, ohne Scheiß, Baby.« Sie legte auf und seufzte.
    »Er sagt, ich soll so weitermachen und tun, was du willst.«
    »Wusst ich’s doch«, sagte Jadick. »Ronnie weiß eben, was sich gehört, Herzchen. Und das weiß nicht jeder.«
    »Stimmt.« Wanda war ganz heiß von der Unterhaltung und von dem männlichen Duft, der von dem verschwitzten Emil ausging. »Also, kommen wir zur Sache«, sagte sie, »hier entlang geht’s zum Schlafzimmer.«
    Jadick lachte und nahm beinahe ritterlich ihren Arm.
    »Dann mal los«, sagte er. »Ich locker dich ein bisschen auf fürs Vortanzen.«

8
    Die Catfish Bar lag in der Lafitte Street, der Hauptstraße von Frogtown, nicht weit von Shades Apartment entfernt. Deshalb ließ er seinen Wagen stehen und nahm den Fußweg entlang der Gleise, auf dem man zur Rückseite der Bar gelangte. Er begegnete zwei alten Männern, die einen Wels aus einem Sumpfloch zogen, und ein paar Besoffenen, die ihren Rausch in der Sonne ausschliefen. Ein Stück weiter, bei der Brücke, sah er eine Gruppe von Jugendlichen aus der Nachbarschaft, frischgebackene Sadisten in dreckigen Air-Jordan-Turnschuhen, die finstere Mienen übten, auf Säufer aller Rassen oder solvente Fremde lauerten, denen sie ein bisschen zusetzen konnten. Als er die ungepflasterte Gasse hinter dem Catfish erreichte, sah er dort einen jungen Mann und eine schon etwas reifere Frau in einem bonbonfarbenen Angeberschlitten, die sich munter mit ihrer jeweiligen Anatomie vertraut machten.
    Das Catfish war eine Kneipe mit viel rohem Holz und einer schillernden Vergangenheit, der Haupttreffpunkt des Viertels, solange sich Shade erinnern konnte. Schon sein Großvater Blanqui hatte sich hier herumgetrieben, als noch Sägemehl auf dem Boden gelegen hatte, kostenlose Mahlzeiten ausgegeben wurden und der Kingfish jedermanns Held war. Abgesehen von den Besitzern hatte sich über die Jahre nicht viel verändert, und jetzt gehörte die Kneipe Shades älterem Bruder Tip.
    Als Shade hereinkam, saß Shuggie Zeck auf einem Barhocker und unterhielt sich mit Tip. Beide wandten sich zum Sonnenlicht, das bei Shades Eintreten durch die Tür fiel.
    »Na, so was«, sagte Shade, »wenn das nicht Joe Shit ist, der Lumpensammler, leibhaftig und persönlich!« Er ließ sich auf dem übernächsten Hocker nieder. »Wie läuft’s?«
    »Redest du mit mir?«, fragte Shuggie. »Ich glaub ja nicht, dass du so mit mir redest.«
    »Glaub’s ruhig«, erwiderte Shade. Dann nickte er seinem Bruder zu. Tip war ein unsteter Zeitgenosse, der gern bei allen möglichen Heimlichkeiten mitmischte, und die beiden Brüder standen sich nicht sehr nahe. »Siehst gut aus, Tip.«
    »Hey, du auch, kleiner Bruder.«
    Tip Shade war groß, pockennarbig, ziemlich griesgrämig und hatte lange braune Haare.
    »Ich bin derjenige, mit dem du hier verabredet bist«, nörgelte Shuggie. Er war so schwabbelig wie großkotzig, und so sehr er auch versuchte, sein Image aufzupolieren – er schaffte es nicht, anders auszusehen als ein Ein-Meter-achtzig-Frogtowner, den man in einen Nadelstreifenanzug gesteckt hat. Seine Neigung zu protzigen Ringen, von denen er an jeder Hand zwei besonders auffallende Exemplare trug, war typisch für die Lafitte Street. Er hatte dunkle, lockige Haare, und sein Gesicht erinnerte an eine freundliche Bulldogge. »Wir sind doch

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