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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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geplatzt, als sein Gesicht auf dem Boden aufgeschlagen war, und ein elastischer Blutfaden rann ihm übers Kinn. Er schüttelte benommen den Kopf, wobei der Blutfaden wie ein Lasso hin und her schwang, und als Shuggie noch einmal feuerte, zuckte er zusammen.
    Shade wandte sich an das Quartett und sagte: »Ich könnte euch alle auf einen Streich wegpusten – also schön stillhalten.« Dann beugte er sich zu Gillette vor. »Hör zu, Freundchen«, sagte er. »Ich möchte nicht miterleben, wie du diesen schönen Holzfußboden endgültig versaust. Ihr habt euch hier ein hübsches Saufloch eingerichtet, und es wäre doch schade, wenn der gute alte P’père da drüben noch jahrelang sich selbst und jeden neuen Gast damit langweilen müsste, ihm mit traurigen Worten deine Blutflecken zu erklären, Mann. Also antworte gefälligst – und ich halte dir Shuggie vom Hals.«
    Mit hellen, glasigen Augen drehte sich Gillette zu Shade um, eine Hand auf dem Fußboden, während er mit der anderen nach dem elastischen Blutfaden schlug und daran zupfte wie an der E -Saite eines Basses.
    »Ihr habt die Rollen getauscht«, sagte er. »Erst war er Jeff, und du warst Mutt. Jetzt spielt er Mutt, und du machst den Jeff.« Er lachte. »Das Spielchen kenn ich doch.«
    Shade richtete sich auf und trat Gillette in den Magen. Dann hob er das Bein, das Knie vor sich ausgestreckt, und stieß die Fußspitze in Gillettes Brust.
    »Diesmal sind es Mutt und Mutt, Cajun!«, sagte er.
    Shuggie polierte sein italienisches Schuhwerk auf Gillettes Rücken, und Shade hackte mit den Zehen unermüdlich in seinen Bauch, bis das Schwein, jämmerlich stöhnend und nach Luft schnappend, erschöpft zur Seite kippte.
    Shade blickte kurz zu den vier am Boden liegenden Zuschauern hinüber. »Ihr da drüben – keine Bewegung! Bleibt, wo ihr seid.«
    Dann beugte er sich wieder zu Gillette hinunter. »Wir sind noch nicht müde, also erzähl uns lieber was, auf das wir wirklich scharf sind.«
    »Ah, Mann, ich hab davon gehört, mehr nicht«, ächzte Gillette. Er legte die Hände schützend auf den Bauch und zog die Beine an, um seinen Magen vor weiteren Tanzschritten zu bewahren. Sein Kopf lag seitlich auf dem Boden, und seine Wangen waren rot verschmiert. »Mit meiner linken Titte gibt’s kein Problem«, sagte er und klopfte sich mit zwei Fingern aufs Herz. »Meine linke Titte ist okay, aber ich sitz nicht noch mal wegen ’nem Verbrechen, bei dem ich nicht mal das Vergnügen hatte, es zu begehen.«
    Im Radio brummelte D.L. Medard The Back Door, und durch das südwestliche Fenster drang ein langer Sonnenstrahl, der von den Bierkästen zwischen den Kühlschränken reflektiert wurde. Die vier Männer, die eine gute Chance hatten, unschuldige Opfer zu werden, behielten ihre Hände im Nacken, ihre Nasen auf dem Boden und ihre Gedanken für sich.
    »Ich hab erst heute erfahren, was gestern Abend passiert ist«, sagte Gillette, »aber gestern habe ich einen Mann getroffen, den ich kenne, und der hat mir geflüstert, dass ein Mann, den er kennt, in der Stadt ist, obwohl er nicht in der Stadt sein sollte.« Mit einigen überzeugenden Grimassen richtete Gillette sich auf. »Keine Angst, ihr Stadtfräcke – ich mach euch nichts vor. Das müsst ihr mir glauben. Der Mann, der jetzt in der Stadt ist, war vor nicht allzu langer Zeit noch in ’ner staatlichen Anstalt. In Braxton. Und mir hat man gesagt, er gehört zu ’ner Knast-Gang namens The Wing.«
    »Wo hat dein Freund diesen Kerl gesehen?«, fragte Shuggie.
    »Als er in Langlois’ Liquorstore Gin und Limonensaft gekauft hat. In der Stadt.« Gillette spuckte einen dicken Klumpen Blut und Schleim aus und traf damit die gut drei Meter entfernte Wand. »Er hatte ’nen Partner, und die Gang ist angeblich gar nicht so ungefährlich.«
    »Sind das die Typen, die wir suchen?«, fragte Shade.
    »Kann ich nicht hundertprozentig sagen«, sagte Gillette. »Aber sie waren in der Stadt, und sie gehören nicht hierher.«
    Shade und Shuggie wechselten Blicke, und mit kaum sichtbarem Nicken einigten sie sich in mehreren Punkten: dass Gillettes Info interessant war; dass er vermutlich nichts mit der Sache zu tun hatte; und dass sie niemanden im Boylin’ Kettle umlegen würden.
    »Hast du gehört, wie der Kerl heißt?«, wollte Shuggie wissen.
    »Ja«, sagte Gillette. »Cecil irgendwas.« Er hielt den Kopf gesenkt und versuchte mit den Fingern das Blut wegzuwischen. »Schlagt mich nicht mehr, okay? Mehr weiß ich nämlich

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