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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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Handfläche zu Gillette zeigte.
    »Bonjer, Bobby«, sagte er und pflanzte sich vor seinem Opfer auf. »In der Stadt hat jemand große Scheiße gebaut, Bobby. Warst du das?«
    Gillette blätterte mit gespielter Nonchalance eine Seite um und sagte: »Keine Ahnung. Schon möglich. Ich kann ja manchmal ein echt fieser Motherfucker sein.«
    Shade stand gleich bei der Tür, die Hand auf der doppelläufigen Flinte, die Flinte auf der Furnierholzoberfläche der Bar. Er musterte den alten Mann hinter dem Tresen und das saufende Männertrio in den verschwitzten T -Shirts am anderen Ende des Tresens.
    »Leg die Hände so hin, dass ich sie sehen kann, Jethro«, sagte er zum Bartender. »Das gilt auch für euch da hinten. Ich hab die Kanone entsichert, also brauch ich nur tief Luft zu holen, und sie geht los. Ich dachte nur, ihr solltet das wissen.«
    Mitten im Raum zog Shuggie mit dem Pistolenlauf sanft einen Scheitel durch Gillettes Haar, indem er ihm langsam mit dem kalten Stahl über den Kopf strich.
    »Derjenige, der die Scheiße gebaut hat, hat dabei einen umgelegt«, meinte er freundlich.
    »C’est triste«, antwortete Gillette.
    »Red Englisch, Cajun«, kläffte Shade. Shade war eigentlich franko-irischer Amerikaner, aber im Moment identifizierte er sich mit seiner irischen Seite. Auf französisch konnte er nicht mehr als »bonjour«, »merci« und noch ein paar Brocken, und die ganze Zweisprachigkeit war in seinen Augen nichts als modische Spinnerei. »Oder ich geb dir ’nen Grund, ›triste‹ zu sein.«
    »Hör lieber auf ihn«, sagte Shuggie. »Sonst beißt dir mein Mann da drüben das Gesicht ab und kackt es in die Roux von deiner Mommy.«
    Gillette setzte sich stocksteif auf, die Hände auf dem Tisch. »Zeck, ich habe das Gefühl, du willst mir wieder ’nen vorgetäuschten Überfall anhängen«, sagte er.
    »Schlimmer«, sagte Shuggie. »Du weißt ja wohl, was schlimmer heißt, oder, Bob? Was? Schlimmer heißt, du wirst in Stücke gehackt und baumelst heute Abend als saftiger Köder an der Angel.«
    Immer noch starr, da die Dienstwaffe auf seinem Kopf ruhte, sagte Gillette: »Mann, ich war’s nicht, ganz bestimmt nicht. Das andere damals, du weißt schon, das war ich. Das war ich. Aber seither hab ich in St. Bruno nichts mehr gemacht.«
    Der Boylin’ Kettle war eigentlich das Wohnzimmer eines dreizimmrigen Hauses, mit zwei Kühlschränken für Getränke und einem flachen Stück Furnierholz auf drei großen Mehlfässern als Bar. Die Wände hatten die grünliche Farbe eines tödlich Getroffenen am nächsten Tag, und als Staubfänger war ein halbes Dutzend ausgestopfte Fische aufgehängt. Ein großes, altmodisches Radio spielte leise irgendein Gedudel von Belton Richard.
    »Komm auf die andere Seite der Bar«, forderte Shade den Barkeeper auf, einen beeindruckenden schnurrbärtigen Mann, der auf die siebzig zuging und langsam dahinwelkte. Als Jethro dann bei den drei Gästen stand, sagte Shade: »Auf den Boden mit euch, Hände hintern Kopf.« Das Trinkerquartett schien sich diesem Vorschlag widersetzen zu wollen, aber dieser Versuch wurde schnell wieder aufgegeben, als Shade mit der Flinte herumhantierte. »Gesicht nach unten«, sagte er, und die vier gehorchten stumm.
    Nachdem er die Situation unter Kontrolle hatte, sah Shade sich im Raum um und inspizierte die Bar: Alle diese Sumpfratten hatten Michelob getrunken, und zwischen den beiden Kühlschränken waren noch mehrere Kästen davon gestapelt. Verwundert darüber, dass so eine Yuppie-Biersorte sich in den hiesigen Markt gedrängt hatte, fragte Shade: »Habt ihr kürzlich ’nen Biertransport überfallen, oder was?«
    Die Antwort kam von Gillette: »Wenn wir das getan haben, war’s nicht in St. Bruno, Mann.«
    Shade ging zu Shuggie und nickte ihm zu. »Stell ihm doch mal ein paar gezielte Fragen, Shug.«
    »Warst du gestern in der Stadt, du Dreckskerl?«, fragte Shuggie.
    Gillette bemühte sich ziemlich erfolgreich, einen Stein zu imitieren, und nur seine Lippen bewegten sich: »Nein, Mann. Ich war hier und hab Michelob getankt, die ganze Zeit.«
    Shuggie packte ihn am Kragen, trat den Stuhl unter ihm weg und stieß Gillette zu Boden, sodass er mit dem Gesicht auf die Holzplanken knallte.
    »Gelogen!«, brüllte Shuggie und schoss neben Gillettes Kopf in den Boden, was eine enorme Staubwolke aufwirbelte. »Ein kleines Vögelchen hat dich gesehen, Bob. Kleine Vögelchen lügen nicht. Das können die gar nicht. Aber du kannst es.«
    Gillettes Lippe war

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