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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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gespielt hatte. Damals waren sich Shade und Shuggie das letzte Mal nahe gewesen, und nachdem Father Marty Perroni Zeck offiziell mit dem Langlois-Clan verbunden hatte, war man zum Empfang in den Huey-Long-Saal im St. Bruno Hotel gegangen. Da waren sie alle versammelt: Auguste Beaurain nippte an einem Glas Champale; sein Adjutant Denis Figg, der bald darauf – während der Spannungen mit den Spaghettifressern von flussaufwärts – spurlos verschwinden sollte, lauerte ganz in seiner Nähe, und der alte Bürgermeister Atlee Yarborough hatte sich leutselig unter die Menge gemischt und wiederholt zu derem Verdruss und zum Amüsement der Wähler eine siebzehnjährige Brautjungfer betatscht; Shade und Shuggie und Kenny Poncelet, der in Quong Tri starb, und Tip und How Blanchette und das ganze Ensemble des Kindheitsdramas hatten bis tief in die Nacht Cold Duck gesoffen, bis der Bräutigam in einen gemieteten schwarzen Sedan geschoben werden musste, und dann hatte Hedda ihn in die angeblichen Flitterwochen nach Panama Beach gekarrt.
    Jetzt, während sie auf der schmalen weißen Linie nach Frogtown fuhren, sagte Shade: »Hast du eigentlich deinem Schwiegervater je erzählt, wie oft wir ihn ausgenommen haben?«
    »Nein, nie.«
    »Glaubst du nicht, er fände das interessant? Oder lustig?«
    Shuggie grunzte mit einem breiten Grinsen.
    »Daddy Langlois schimpft ja ziemlich viel auf die Diebe im Viertel, aber ich sag nie was, bloß Hedda weiß Bescheid. Ich dachte, es wär ein netter Gag, wie in ’nem alten Film, also hab ich’s ihr mal erzählt.« Shuggie nahm einen Schluck Kirschwodka. »Seither erpresst sie mich damit.«
    »Ich hab seit Jahren nicht mehr mit Hedda geredet«, sagte Shade. »Sie sagt immer nur ›Hi, Rene‹ und geht weiter, wenn ich ihr begegne.«
    »Was erwartest du denn? Du bist ein Cop. Niemand mag Cops. Cops machen bloß Ärger.«
    »Ja, klar«, sagte Shade leichthin. »Wie geht’s Hedda denn überhaupt?«
    »Gut. Sie gibt immer noch gern Geld aus und sitzt abends in der Kneipe, aber wir sind ja jetzt schon ’ne Ewigkeit verheiratet. So kommt’s mir jedenfalls vor, Mann.«
    »Seit wie lange? Neunzehn Jahre?«
    »Jau. Seit den guten alten Zeiten.«
    Bald hatten sie das Stadtgebiet erreicht und waren wieder in Frogtown, holperten über das Kopfsteinpflaster, das vor so langer Zeit gelegt worden war, und Shuggie sagte: »Irgendwann musst du mir mal erklären, warum du ein Cop geworden bist. Ganz genau, denn ich kann mich noch erinnern, wie wir zusammen in unserem jugendlichen Eifer Pläne geschmiedet und wie wir davon geträumt haben, dass wir endlich erwachsen werden und Mr. B. und Steve Roque und die ganzen Bosse aus dem Boot in den Fluss schubsen.«
    »Und dann wären wir die Chefs«, sagte Shade. »Was für ein Mist.«
    In der Flasche, die Shuggie in der Hand hielt, war noch eine Handbreit von dem süßen Gesöff.
    »Wir haben gedacht, wir könnten sie austricksen und abservieren, wenn wir erst mal alt genug sind.«
    Shade nickte und sagte: »Ich weiß.«
    Nach einem herzhaften Schluck hielt Shuggie Shade die Flasche hin.
    »Wir könnten das immer noch tun«, sagte er.
    Mit einem verkniffenen Lächeln blickte Shade aus dem Fenster, dann wandte er sich Shuggie zu, der ihn aufmerksam musterte. Sie lachten beide, und Shade nahm wortlos die Flasche, setzte an, leerte sie und ließ sie dann auf den Boden fallen, wo sie mit einem Klonk gegen die abgesägte Flinte stieß und dort liegen blieb.

12
    Mutter Natur hatte gewisse Gesetze für die Bayounacht festgelegt, und wie es der Ordnung der Dinge entsprach, schwangen sich große, gefiederte Kreaturen von hohen Zweigen, stießen herab und schlugen ihre Klauen in kleinere, pelzige Mahlzeiten. Waschbären mit ihren Banditenmasken kamen verstohlen aus hohlen Baumstämmen und schnappten sich flossige, geschuppte Nahrung aus dem reglosen, brackigen Wasser, während alles, was kroch und glitt, zusammengerollt darauf lauerte, dass irgendein unvorsichtiges Opfer vorbeikam. Und dort, wo das Bayouwasser ans Ufer schwappte und eine Veranda die morastige Bühne dieser Nahrungskettendramen überblickte, saß Emil Jadick auf der Couchlehne und war dabei, seine Standpauke – von Ton und Inhalt her Typ A – zu Ende zu bringen.
    »Wenn einer von euch beiden Scheiße baut, weil ihr mir nicht zugehört habt«, sagte er, »dann streiche ich euch höchstpersönlich aus dem Kalender, kapiert?«
    Dean Pugh und Cecil Byrne saßen auf der Couch, die Unterarme auf den Knien, die

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