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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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sagte Nicole: »Lass mal gut sein, Rene. Wenn du dich weiter runtermachst, wird’s dir noch leidtun.«
    So weit flussabwärts war es bei Tage noch immer warm, aber allmählich fielen die Blätter von den Bäumen. Die schwächeren von ihnen verabschiedeten sich in alle r Stille von den Ästen, gaben allein oder zu zweit den Kam pf auf und kreiselten traurig taumelnd zu Boden. Im Garten stand ein altes Kinderplanschbecken, und welke Blätter trieben auf dem fauligen Wasser. Auf einer nahen Nachbarveranda trötete ein College-Footballspiel aus dem Radio, und irgendwo die Straße entlang gab ein angehender Biker Vollgas, als sei das Dröhnen des hochgejagten Motors eine willkommene Sinfonie in aller Ohren. Shade lauschte dieser Sinfonie und dachte, dass er sich vielleicht wirklich fruchtloser Nabelschau hingab. Er legte die Pistole ab, nahm einen Schluck von seinem Drink u nd fragte: »Was liest du da überhaupt?«
    Sie blickte weiter gebannt auf die Buchseite.
    »Eine Sammlung von Kurzgeschichten darüber, was für Scheißhaufen di e Männer sind«, antwortete sie. »Hat überall klasse Kritiken gekriegt.«
    »Kann ich mir denken«, sagte er. Er griff sich in den Schritt und ordnete die Takelage. »Aber das ändert auch nichts an bestimmten Tatsachen.«
    Nicole sah ihn an und schnitt eine Grimasse. Dann hob sie die Hand vom Buch, riss die Druckknöpfe an ihrem Hemd auf und ließ ihm eine blanke Brust entgegenblitzen.
    »Nein«, sagte sie, »das wohl nicht.« Sie griff neben sich und riss einen Grashalm ab, den sie als Lesezeichen benutzte. Die Arme über dem Kopf und die Beine ausgestreckt, reckte sie sich und seufzte. Dann sah sie auf die Pistole und sagte: »Rene, die Pistole bringt nur Ärger. Bestimmt wirst du irgendwann mal mit ihr erwischt.«
    Shade zuckte die Achseln.
    »Lieber werde ich mit ihr erwischt als ohne sie.«
    »Schon gut. Hab’s kapiert. Ich werd dir damit nicht weiter auf den Sack gehen.«
    Der Zugvogelverkehr nahm von neuem Shades Aufmerksamkeit in Beschlag. Solange er zurückdenken konnte, liebte er diesen Anblick, und ganz bestimmt hatte er ein paar dieser Vögel schon einmal gesehen. Sie kehrten bis zu ihrem Tod immer wieder hierher zurück, nahmen stets denselben Weg zum selben Winterquartier.
    Oh ja, sie kamen immer wieder zurück und zurück und zurück.
    »Rene«, sagte Nicole, »du kriegst wieder diesen komisch trübseligen Blick.«
    »Na dann verpass mir ’n anderen Anstrich.«
    »Ich will dir keinen Anstrich verpassen, ich will, dass du dich am Riemen reißt.« Sie legte das Buch beiseite. »Ich weiß, dass dir heute Abend viel durch den Kopf geht, aber ich will ein bisschen Spaß, und der vergeht mir, wenn du diesen komisch trübseligen Blick draufhast.«
    Im Zwielicht lag Shade auf dem Rücken im Bett und starrte zum Fenster hinaus, beobachtete, wie die Vögel herabschwebten, um sich zum Schlafen in die nahen Bäume zu hocken. Die Stereoanlage spielte »In Memory of Elizabeth Reed«, und Nicole spielte mit seinem Körper, setzte Zunge und Finger ein, um seine Leidenschaft in die Startblöcke zu zwingen. Sie hatte ihn mit Öl eingerieben, seinen Rücken massiert, ihm einen neuen Drink geholt, hatte ihm gesagt, sein Schwanz sei ein Prachtstück, und so manches freundliche Wort mehr, um seine Laune zu bessern. Jetzt umwucherten die dunklen Haare sie wild wie das Astwerk eines Sumpfgestrüpps, in dem durchaus Dornen verborgen sein mochten, und sie setzte sich breitbeinig auf ihn, rieb ihren Busch an seinem Schwanz, der nur stand, weil es nicht anders ging.
    Sie sagte »Uuh, wie nett« und ließ sich langsam darauf sinken.
    Seine Gedanken waren draußen vorm Fenster, hockten sich in die nahen Bäume. Er sagte: »In dem einen Baum sitzen die Drosseln, und in dem anderen nur die Stare.«
    Nicole, die auf ihm ritt, drückte ihm den Handteller gegen die Wange und stieß seinen Kopf zur Seite. Dann riss sie sich los und rollte hastig vom Bett. Sie schnappte sich ein T -Shirt und hielt es in der Hand, mit der sie in seine Richtung fuchtelte, während sie rief: »Hör mal, du Dreckskerl, wir sind noch nicht lange genug zusammen für Gefälligkeitsficks ! Hast du mich verstanden?«
    »Weswegen brüllst du so rum?«
    »He«, sagte sie und stand nackt da, die Haare in allen Himmelsrichtungen und die Hände in den Hüften. »Wenn wir ficken, will ich, dass du dich auf mich konzentrierst und nicht auf irgend ’ne andere verdammte Spezies, Rene. Mann Gottes, so tief bin ich noch nicht gesunken, dass

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