Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
schwängerte er im selben Sommer zwei Mädchen und heiratete die Vierzehnjährige. Fast jeder sagte, das habe er richtig gemacht. Noch vorm Labour Day wurden sie in aller Stille getraut, und die Neunzehnjährige verließ St. Bruno Richtung Westen. Er hatte nie erfahren, ob sie einen Sohn oder eine Tochter ausgetragen hatte. Seine Backfischbraut hieß Monique Blanqui und gebar bald darauf einen Sohn, den ersten von dreien. Der Junge wurde Thomas Patrick getauft, aber von Anfang an Tip genannt, und jetzt musste er um die vierzig sein. Nach fünf Jahren besonnen praktizierter Verhütung wurden die beiden nächsten Söhne im Eiltempo in die Welt gesetzt. Inzwischen ging John X allen häuslichen Verpflichtungen aus dem Weg, außer denen, die seine Geilheit befriedigten, und deshalb überließ er es auch Monique, die neuen Kids mit Namen zu versehen. Sie tendierte eher zu Gallisch als zu Gälisch, und daher war ihr Rene in den Sinn gekommen und darauf François.
Als John X von Osten her auf dem Asphalt in Richtung St. Bruno rollte, dachte er daran, dass Monique und alle drei Jungs, so weit er wusste, hiergeblieben waren, auf dem Westufer des großen Flusses, und in diesen schmalen, holprigen Straßen ihren diversen Leben nachgingen. Die alte Brücke schaffte seinen stotternden, aber wenigstens noch immer fahrenden Pick-up übers trübe weite Wasser in die Stadt hinein.
Etta war erledigt von den fünf Tagen, in denen sie in State Parks übernachtet, Spaghetti direkt aus der Dose gelöffelt und überlegt hatten, wohin sie wohl fahren sollten. Sie schlief gegen die Beifahrertür gelehnt, schmutzig und so süß schnarchend, wie es Kinder eben tun.
Die ganze letzte Stunde hatte John X den Radiosender empfangen können, der ausschließlich Big-Band-Musik spielte, und irgendwie schien es haargenau zu passen, dass er wieder in die Stadt einlief, als Helen Forrest gerade »Skylark« sang. Er hatte Helen Forrest immer mächtig scharf gefunden, und als er sie jetzt hörte, stellte er fest, dass sich daran so gut wie nichts geändert hatte.
Die Musik von vorgestern lief, während John X den Blick über die Straßen schweifen ließ, und es kam ihm vor, als seien auch sie noch dieselben wie vorgestern. Hier hatte er gelebt, bis er so um die vierzig gewesen war, und auf diesen explosiven Straßen war er erst ein Rotzlöffel, dann ein hundsgemeiner Teenager, ein Dieb und schlussendlich ein verdammt guter Poolspieler mit großem Diplom im One-Pocket und kleinem im Nine-Ball. Hinter einer dieser Ladenfassaden hatte er Wetten für Auguste Beaurain angenommen, und auf einem Sandweg, der von der Lafitte Street abging, hatte er mit dem Rasiermesser Brust und Bauch eines feisten Gangsters aus Frogtown aufgeschlitzt und war ewig dankbar dafür, ihn nicht getötet zu haben. So gut wie jedes Reihenhaus und jedes Gebüsch weckte in John X die Erinnerung an vergangene Techtelmechtel. Er hatte in diesem Viertel seit dem Alter von zwölfeinhalb Jahren praktisch nonstop gerammelt, und nachdem Monique ihm den Gütestempel verpasst hatte, indem sie ihn heiratete, boten sich ihm die Gelegenheiten sogar noch schamloser und in unwiderstehlicher Vielfalt, hauptsächlich in Gestalt ihrer Freundinnen.
John X fuhr langsam auf diesen Straßen, denn sie kamen ihm vertraut und anheimelnd vor wie eine mütterliche Umarmung. Im Vorbeifahren erspähte er den verlassenen Backsteinklotz, in dem ehemals die Sulthaus Brewery gewesen war, ein Klotz, zu dem und von dem zurück sich sein eigener Vater dreißig Jahre lang geschleppt hatte, sechs Tage die Woche, sogar während der Prohibition, ohne dass sie ihn je von der Verladerampe auf einen besseren Posten befördert hätten. John X fuhr langsamer, um den mit Brettern vernagelten Eingang genauer zu betrachten. Das Sulthaus-Bier wurde in schwarzen Flaschen mit grünen Etiketten geliefert und war bekannt für den rauchigen Geschmack, den man ihm nachsagte. Der alte Thomas Parnell Shade hatte einmal seinem einzigen Kind zugeprostet, indem er die schwarze Flasche in die Höhe hielt und sagte: »Johnny Xavier, alles, was ein Mann erhoffen kann, ist gelegentlich ein kühler Drink, den ich hier habe, ein anständiges Leben, nach dem ich strebe, und zur Krönung ein katholisches Begräbnis, auf das ich warte.«
John X fuhr weiter und nickte, denn der alte Mann hatte gewusst, was er wollte und es auch bekommen.
Als der Track die Fifth Street entlangrollte, zielte Shade mit dem Zeigefinger auf ein Schild, auf dem Hotel
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