Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
gesaugt, sich über sie gebeugt und dann mit der Zunge den Eiswürfel ihre Wirbelsäule runtergeschoben, über den Huckel und runter in ihre Pofalte. Dort hatte er den Eiswürfel mit der Zunge gehalten und einen Finger zwischen ihre Schenkel schlüpfen lassen, um sanft ihren Schlitz zu befingern. Sie knurrte: Oh, Johnny, und er schluckte den Eiswürfel und sagte: Jetzt weißt du wieder, warum, oder?
Etta schüttelte ihn.
»Dad? Dad!«
»Was, Kleine?«
»Warum hat er denn geweint?«
Nach zwei melancholischen Zügen, um Zeit zu schinden, tätschelte John X ihren jungen, knochigen Rücken: »Kleines, ich sag dir, wenn jemand, an dem dir gehörig was liegt, sich ein für alle Mal verabschiedet, nun, dann ist das ’ne Sache, die dich mächtig erschüttern kann und wohl auch den einen oder anderen Knacks hinterlässt.«
Während sie das bedachte, verschränkte Rosetta Tripp Shade die bloßen Arme über der Brust, schaute mit ihren großen braunen ’Bama-Augen durch das Fliegenfenster in Richtung Europa und sagte dann: »Wie weit ist es nach Frankreich? In Stunden?«
7
Das Haus der Lasseins war klein und spießig, weiß gestrichen, auf Kredit gekauft und noch nicht ganz abbezahlt. Als Stew aus dem Wagen seines Schwagers stieg, sagte er nicht gute Nacht, sondern ging schnellen Schrittes den gepflasterten dunklen Gehweg hinauf und ins Haus. Er machte sich daran, die Lampen einzuschalten, erst eine, dann zwei, dann alle; sechs im Vorderzimmer, drei im großen Schlafzimmer, dann die hohe, die vom Küchentisch aufragte, die mit dem Sockel, der aussehen sollte wie ein Obstbaum, und dem Schirm, von dem rundherum die grünen Trauben baumelten. Della war aus irgendwelchen Gründen der Ansicht gewesen, Lampen seien perfekte Kunstwerke und überdies erschwinglich. Also hatte sie es sich zum Hobby gemacht, Lampen zu sammeln, und Flohmärkte ebenso wie Kirchenbasare heimgesucht, um sie aufzustöbern, je älter, desto besser, auch wenn sie eigenhändig neue Kabel ziehen musste. Eine Ecke der Garage war vollgestellt mit zwei Dutzend Lampen aller Art, zumeist völlig kaputt. Sie hatte sie reparieren wollen, war aber nicht mehr dazu gekommen.
Die Lampen, die funktionierten, sorgten wahrhaftig für Licht, aber der weiße Schein, den sie verbreiteten, illuminierte auch Staubflusen und Spinnweben und den welkenden Dschungel aus Topfpflanzen, den Stew seit Anfang letzten Winter kaum mehr richtig versorgt hatte; seit jenem Tag, als der eisige Schneesturm die Stromleitungen niedergerissen hatte und Della tot zusammengesackt war, nachdem sie Feuerholz hereingebracht hatte.
Stews gerötete Augen registrierten die sich ausbreitende Unordnung in seinem Haus, und er schniefte, denn als Witwer war er nachlässig geworden. In früheren Jahren war seine häusliche Umgebung stets sauber und aufgeräumt gewesen, perfekt präsentabel für den Fall, dass aus heiterem Himmel ein Besucher auftauchte.
Er setzte einen Mitternachtskaffee auf und überlegte, wo er anfangen sollte. Es erschien ihm logisch, mit dem Zeugs zu beginnen, das lebte, und daher ging er zum Wandschrank und fand dort Dellas Gießkanne, ein rotes Plastikgefäß in Form eines Reihers mit einem schmalen Schnabel als Tülle.
Stew füllte den Reiher am Küchenausguss und betrachtete dabei versunken die Familienbilder auf dem Sims darüber. Eins zeigte ihn und Della, sie im Badeanzug und mit einem extrem breitkrempigen weißen Hut, er in einer langen weißen Hose und einem Hemd, mit einem breiten grellbunten Schlips um den Hals. Das Foto musste kurz nach ihrer Hochzeit oben in Hot Springs aufgenommen worden sein, als er sie bedingungslos liebte, ohne die geringsten kleingedruckten Zweifel. Die anderen Bilder zeigten ihre Kinder, Cynthia und Donald, und auf allen stand Cynthia etwas abseits, in sich gekehrt, während Donald über beide Backen grinste.
Als der Reiher gefüllt war, stellte Stew ihn ab und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Er ließ die Tasse ruhen, denn er trank das schwarze Gebräu am liebsten lauwarm.
Meine Güte, er brauchte nur an Johnny Shade zu denken, und schon erfüllte ihn das eigene Leben mit Abscheu. Und ihres nicht weniger.
Er nahm den Reiher zur Hand und machte sich daran, das Lebendige zu hegen. Er ging zuerst ins Vorderzimmer, wo er mit dem Gießen begann. Philodendron, Drachenbaum, wilder Wein, Begonien, Geldbaum – er kannte die Namen der Pflanzen, aber er wusste nicht, welche welche war. Grünzeug eben, unbekannte grüne Dinger, die ihre Töpfe
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