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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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Revolver hervor. Sie zog den Hahn zurück und presste Lunch den Lauf an den Kopf.
    »Wenn du niedlich bleiben willst, kleiner Mann«, sagte sie im Kasernenhofton, »dann hältst du an, sobald ich es dir sage.«
    »Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«
    »Wegelagerei«, erklärte John Smith. »Hi, hi, hi.«
    Er beugte sich vom Rücksitz nach vorn und setzte Lunch die Klinge eines Jagdmessers an den Hals. »Willkommen am Teufels Rückgrat, du blöder Redneck.«
    Der Weg endete abrupt am Flussufer. Das Fernlicht des Käfers schien weit hinaus aufs Wasser.
    »Stopp«, befahl Mary. »Oder ich baller dir ’ne Kugel in deine bekackte Fresse.«
    »He«, sagte Lunch, als er bremste. »Erschieß mich nicht, Mary. Bitte. Ich bin doch nur ein harmloser kleiner Kerl.«
    »Im Moment, ja«, bestätigte John Smith. »Wo hast du gesessen?«
    »Auf der Bank.«
    »Lass die Scherze«, sagte Mary. »Dass du ’n Knastbruder bist, haben wir sofort gerochen – hattest du’s drauf angelegt, uns auszurauben?« Sie lehnte sich hinüber und klopfte mit dem Revolverlauf gegen seine gequetschte Wange. »Du niedlicher Winzling – hast du wirklich gedacht, du könntest uns ausnehmen?«
    »Hi, hi, hi.«
    »Lass die Scheinwerfer an«, sagte Mary. »Und schieb deinen Arsch hier raus. Wenn du wegrennst, mach ich ein Sieb aus dir.«
    »Das kriegt sie fertig, Rich«, warnte John Smith. »Ich hab’s schon miterlebt.«
    »Ihr seid nicht aus Iowa«, sagte Lunch. Er hielt das Steuerrad mit beiden Händen fest. »Die führen sich nicht so auf.«
    »Und ob sie’s tut«, sagte John Smith. »Hi, hi, hi. Du müsstest öfter mal verreisen.«
    Alle drei stiegen aus dem Käfer.
    »Stell dich ins Licht«, kommandierte Mary. »Und wirf das dicke Bündel Bares, das du in deiner Tasche stecken hast, gleich da auf den Boden, Rich.«
    Als Lunch das Bargeld aus der Tasche holte, trat John Smith in den Kies, dass die Steinchen stoben.
    »Die Steine sind zu klein«, sagte er bekümmert.
    Mary trat ins Licht. Ihr rotes Kleid glühte grell, der glänzende Revolver blitzte, ihre blonden Haare schimmerten, genau wie die von Rayanne, wenn sie sie gerade gewaschen hatte.
    »Eins noch«, hob sie an. »Würdest du sagen, unsere Rollen waren überzeugend, Rich?«
    »Rollen?«
    »Die Strickerei, Rich. Die Strickerei und das Iowa-Geschwafel – sind wir dabei rübergekommen wie liebeskranke Landeier, die man in die Pfanne hauen kann?«
    »Mich habt ihr total reingelegt«, gestand Lunch.
    John Smith nahm Mary den Revolver weg, und sie küssten sich kurz.
    »Wir lieben eben das Leben als Gesetzlose«, sagte er und wedelte mit der Waffe. Er legte einen kleinen Tanz auf dem Kies hin, und sein massiger Körper hüpfte auf und ab. »Dieses Leben kann ewig so weitergehen.«
    »Es gibt nicht viele Paare wie uns, Tiny Baby«, sagte Mary. »Wir werden dafür sorgen, dass die Romanze weitergeht.«
    »Das ist es, Gina«, stimmte Tiny Baby zu. »Gemeinsame Interessen verbinden.«
    »Ihr heißt also auch nicht John und Mary Smith, eh?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Das macht mich fertig«, sagte Lunch. »Nie mehr werd ich einer blonden Schlampe und einem fetten Saftsack vertrauen können.«
    Tiny Baby sagte: »Ich bezweifle, dass du jemals wieder welche treffen wirst, Rich.« Er schlug den schwarzen Hut von Lunchs Kopf und stieß seinen Besitzer dann in Richtung Fluss. »Ich wette, das Wasser ist genau richtig.«
    Beim zweiten Stoß fiel Lunch hin, und als er am Boden lag, ließ er den Derringer aus dem Stiefel gleiten.
    »Ich hab Angst«, sagte er. »Ich möchte beten.« Und als Tiny Baby ihm hohnlachend entgegenstolzierte, hob er den Derringer und schoss auf den großen Mann. Er traf ihn in die Kehle. Tiny Baby taumelte ins Licht zurück, und das Blut spritzte aus seinem Hals. Der Revolver fiel ihm aus der Hand, und er sank auf die Knie. Lunch sagte: »Kriech, du dreckiger Hund.«
    Tiny Baby gurgelte Blut, lag keuchend auf den Knien, den Kopf gesenkt.
    »Nun, ich hab ein Herz«, meinte Lunch.
    Dann setzte er den Derringer an Tiny Babys Schläfe und drückte ab. Der große Mann sackte zusammen und küsste den Kies.
    Gina kreischte einmal auf, die Hände vor der Brust, wirbelte dann herum und rannte ins hohe Rohrdickicht, das sich am Flussufer erstreckte. Leichtfüßig war ihre Flucht nicht zu nennen, denn das Rohr und die kleinen Zweige knirschten und knackten und verrieten ihre Spur.
    Lunch hob den vernickelten Revolver auf, den Tiny Baby fallen gelassen hatte, und setzte dann seinen schwarzen

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