Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Hut wieder auf. Er zog ihn sich wie Bogart in die Stirn und machte sich auf, die Frau zu verfolgen. Das goldene Licht des Erntemonds ließ die Nacht magisch real erscheinen. Ein so schönes Licht, realer als reale Beleuchtung. Obwohl er Gina auf den Fersen war, atmete Lunch tief durch und hielt inne, um den Anblick zu genießen. Dieser Fluss, der Mond, das Licht, diese dummdreisten Leute – ein Beweis mehr für die fantastischen Inszenierungskünste der Natur!
Der Pfad, den Gina ins Rohrdickicht geschlagen hatte, machte Lunchs Aufgabe leicht. Er folgte in aller Ruhe ihren Fußabdrücken, bis ihr rotes Kleid sie verriet. Sie versuchte sich zu verstecken, hatte sich zusammengekauert und tief geduckt, aber das rote Kleid leuchtete so grell, dass dies Manöver reine Zeitverschwendung war.
»Iiiich kommme«, rief Lunch. »Ich seeeh dich!« Er stand über ihr und versetzte ihr einen sanften Tritt.
»Bring mich nicht um. Bitte nicht.«
»Weißt du was? Du siehst aus wie meine Schwester Rayanne, und du benimmst dich auch wie sie.« Er packte sie an den blonden Haaren und zog sie hoch. »Sehen wir nach, wie’s Tiny Baby geht.«
Sie war schwach auf den Beinen, hatte weiche Knie. Lunch stieß sie vorwärts, zurück zum Käfer und den Lichtkegeln der Scheinwerfer. Als sie Tiny Baby dort liegen sah, blutig und schlaff, brach sie neben ihm zusammen.
»Ich tu alles, was du willst«, sagte sie. Sie rollte sich auf den Rücken, das Licht in den Augen, und sah zu Lunch auf »Ich kann gut blasen – alles, was du willst, bitte, bitte.«
Lunch betrachtete sie einen Moment und sagte dann: »Es ist irre – du siehst wirklich aus wie meine Schwester. Sie hatte dieselben Haare wie du.« Er hockte sich neben sie, packte den oberen Saum ihres roten Kleids, riss ihn runter und entblößte ihre Brüste. »Boah!«
»Bitte, bitte. Alles.«
»Zu irre! So ähnlich.« Er presste die Revolvermündung gegen ihr Kinn und drückte ihren Kopf nach hinten. Dann senkte er die Lippen auf ihre linke Brust und saugte. »Süß«, sagte er. »Ihre waren nicht so groß.«
»Bitte, bi …«
»Kein Gebettel!« Er fuhr mit den Fingern durch ihr blondes Haar, wickelte die langen seidigen Locken um die Fingerspitzen. »Hat Tiny Baby was gesagt?«, fragte er, und als ihr Blick hoffnungsvoll zu Tiny Baby hinüberschwenkte, drückte er ab und pustete ihr das Gesicht weg, dass es in roten Nebelbrei zerstob. Der Knall der Detonation schallte flussauf und flussab, grollte weit übers Wasser hinaus. »So viel zum Thema Ewigkeit, Schwester.«
Lunch warf den Revolver in den Fluss und lauschte auf das Platschen. Er suchte in Tiny Babys Taschen nach Barem, entdeckte aber nichts. Dann fand er jedoch sein eigenes Geld auf dem Boden, rollte die Scheine fest zusammen und steckte sie in die Tasche. Er ging zum Käfer und öffnete Ginas Strickzeugtasche. Der dicke Packen Geld, den sie gezückt hatten, war da, und er trug ihn ins Scheinwerferlicht, um ihn genauer zu untersuchen. Er fächerte die Scheine auseinander und stellte sehr schnell fest, dass es eine typische Michigan-Rolle war, ein getürktes Bündel, fünf Zwanziger um fünf Zentimeter auf Maß geschnittenes Papier gewickelt. Die ganze Scheiße für einen lumpigen Hunderter! Was für verlogenes Gesocks!
Das schlug ihm aufs Gemüt. Er löschte das Scheinwerferlicht, hockte sich auf den Kotflügel seines Käfers, rauchte Salem Nummer sechs und blies elegische Rauchschlieren in die Luft. Eine weitere Textstelle des blauen Handzettels, den Lunch früher am Tag gelesen hatte, kam ihm schlagartig in den Sinn. Der Passus hatte davon gehandelt, dass der echte Fluss, wie auch der Fluss des Lebens, sich mit zahllosen Untiefen zierte, mit Strudeln und Stümpfen unter Wasser, die allesamt verborgene oder sichtbare Gefahren für das Schiff darstellten, das ihn hinuntertrieb. Das war alles, woran sich Lunch erinnerte. Es mochte sein, dass weiter unten auf der Seite etwas von einer Lösung dieses Dilemmas gestanden oder ein Heilmittel erwähnt worden war, aber den Teil hatte er nur überflogen.
Als die Salem bis auf den Filter runtergebrannt war, schnippte Lunch sie in die Dunkelheit. Er öffnete die Vorderhaube des Käfers, unter der sich der Kofferraum befand. Er langte hinein und ächzte laut, als er drei große Steine auf den Kies neben Tiny Baby und Gina wuchtete. »Seine«, sagte er. Danach schmiss er noch ein paar kleinere Brocken auf den schwarzen Schotterboden. »Und ihre.«
Dritter Teil
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10
Rene
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