Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
mögen Sie keine Politiker?«
»Oh, doch. Wenn ich je ’nen Köter kriege, der in die Küche kackt und nicht apportiert, nenn ich ihn Politiker.«
Captain Bauer erhob sich etwas mühsam, seufzte unüberhörbar und machte ein besorgtes Gesicht.
»Hier greif ich lieber mal ein, meine Herren – Auszeit!«
Crawford hob die Hand. »Karl, wenn Ihre Hilfe gebraucht wird, wird man Sie das wissen lassen.« Crawford saß da und nahm seine Tasse, die dunklen Augen über dem Rand starr auf Shade gerichtet. Nachdem er die Tasse wieder auf die Untertasse gestellt hatte, die er auf dem Knie balancierte, sagte er: »Sie sind ein kleiner Detective, und ich bin der Bürgermeister. Wenn wir ein öffentliches Wettpissen veranstalten, wen würden die Schiedsrichter Ihrer Meinung nach favorisieren?«
»Derjenige, der sie einberuft, kriegt möglicherweise ein paar Pluspunkte.«
»Was soll das alles?«, mischte sich Bauer wieder ein. »Sie beide können sich nicht einigen – na und? Das kriegen wir schon hin!« Der kräftige Mann deutete mit seinem dicken Finger auf seinen Untergebenen. »Shade, Sie können sich Ihre bissigen Bemerkungen für das nächste Familienfest aufsparen, verstanden? Und Einbruch ist mit Sicherheit eine plausible Erklärungsmöglichkeit bei diesem Fall – wem schadet es also, wenn wir dieser These nachgehen?«
»Den Schlagzeilen.«
»Ist das so schlimm?«, fragte Crawford mit einem plötzlichen Lächeln.
Shade, der wusste, dass er sich auf einem sinkenden Schiff befand, hielt den Mund.
»Herr Bürgermeister«, fuhr Bauer fort. »Shade und Blanchette werden ihre Arbeit tun. Wenn sie etwas Greifbares zutage fördern, werden wir dem wohl nachgehen müssen, aber im Augenblick ist dieser Ansatz genauso vielversprechend wie alle anderen.«
»Okay, okay«, meinte Crawford, während er gedankenverloren einen Fussel von seinem Bademantel zupfte. »Ich will auf alle Fälle vermeiden, dass wild darüber spekuliert wird, wer von Alvins Ermordung profitieren könnte. Wenn es erst mal losgeht mit diesen Ich-massiere-mein-Arschloch-und-drucke-das-was-rauskommt-Gerüchten, dann kann das eine ganze Stadt in Aufruhr versetzen. Es kann dicke schwarze Wolken heraufbeschwören, unter denen die Unschuldigen dann herumspazieren müssen – ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine. Es wäre unerfreulich und vor allem unnötig.«
Shade beobachtete Crawfords Gesicht und studierte die Bewegung der Muskeln, das Auf und Ab der Augenbrauen und die Handbewegungen auf Anzeichen echter Betroffenheit, fand aber keine. Er war weder überrascht noch besonders enttäuscht, dass dem Bürgermeister zuerst und vor allem sein eigener Vorteil am Herzen lag. Das fand Shade verständlich, fast schon beruhigend, denn es war einfacher, mit berechenbaren Berufsinteressen umzugehen, die sich wie üblich um Macht, Reichtum und Status drehten, als mit ehrlichem, aber hochexplosivem Altruismus, der nur auf totalen Sieg oder Märtyrertod abzielte.
»Dann mach ich mich doch am besten gleich an die Arbeit«, meinte Shade.
»Gute Idee«, lobte Bauer. »Ausgezeichnet.« Er ließ eine seiner fleischigen Hände auf Crawfords Schulter sinken und tätschelte sie tröstend. »Er ist sehr gut auf der Straße, Gene. Ehrlich. Wir kriegen ’nen Anruf, dass irgend so ein Freiberufler aus Frogtown diesen oder jenen Laden ausgeräumt hat, und bis der Polizeiwagen um die Ecke kommt, hat Shade schon den Fluchtweg des Gauners erraten und sitzt da und wartet auf ihn.«
Crawford verzog den Mund zu einem halbherzigen Lächeln und hob das Kinn.
»Das sind bei ’nem Cop eher verdächtige Qualitäten«, sagte er.
»Aber verdammt praktisch«, warf Shade ein. »Manchmal verdächtig, aber immer verdammt praktisch.«
»Stimmt«, sagte Captain Bauer und nickte.
Die Tür war verlockend nahe. Shade nickte zweimal kurz und verschwand. Er betrat den in Terrassen angelegten Rasen. Das Gras war vom Tau geglättet, die Luft feucht von natürlicher Pomade. Shade holte tief Luft und benutzte seine Füße als Skier auf der nassen Piste hinunter zur Einfahrt. Er hielt auf der ganzen Strecke das Gleichgewicht, und unten angekommen lehnte er sich gegen die Kühlerhaube des Wagens.
Blanchette beobachtete ihn, rührte sich aber nicht.
Shade überlegte, ob er nicht als Stammgast der Catfish Bar glücklicher wäre – eine Institution des Viertels, mit seinem eigenen Hocker und einem nach ihm benannten Drink, jemand, der den Leuten, die er schon sein ganzes Leben kannte, ohne
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