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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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»Die Frau, Rankin, Cleto oder so ähnlich, hält sich bestens.«
    Crawford musterte Blanchette gleichgültig.
    »Sie heißt Cleo«, sagte er. »Und sie hat mit Sicherheit einen Schock erlitten. Bei Ihnen mag sich das anders verhalten – aber ich bin ebenfalls tief betroffen.«
    »Bis etwas How einen Schock versetzt«, erklärte Shade, »sind tausend andere schon grau vor Gram.«
    »Verstehe«, sagte Crawford. »How Blanchette, aha. Leighs Junge – stimmt’s?«
    »Jawoll, Sir. Ehe ich mich in ein zweihundertpfündiges Erdbeben verwandelt habe, war ich Leighs Junge.«
    Crawford lachte, dann rieb er sich mit der Hand über den Mund.
    »Sieht aus, als bekäme ich eine Erkältung«, murmelte er. »Ich kann mich gut an Leigh erinnern. Bei jeder dritten Messe in St. Peter’s habe ich irgendwas über ihn gehört.«
    Blanchette verzog das Gesicht. Dann steckte er die Hände in die Taschen.
    »Glaub ich gern, Sir.«
    »Ihr Vater hatte, nun ja, interessante Ideen.«
    »Ich hab keine große Lust, weiter über das Thema zu reden.«
    Crawford zeigte keinerlei Verdruss – er behielt die Contenance eines Provinzfürsten angesichts eines aufsässigen Leibeigenen und lächelte herablassend.
    »Ich verstehe, Blanchette«, sagte er sanft. »Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie die liebsten Erinnerungen an Ihren Vater gerne für sich behalten wollen.«
    Blanchette blinzelte kurz, dann wandte er den Blick ab und schaute den Captain an.
    »Ich glaube, jemand sollte beim Funkgerät bleiben, Captain.«
    »Richtig«, meinte Bauer. Er winkte von einem fürstlichen Brokatsessel aus, auf dem zur Not zwei Leute hätten schlafen können. »Das wäre gut.«
    »Glaub ich auch«, sagte Blanchette.
    »War mir ein Vergnügen!«, rief Crawford ihm nach.
    Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. »Er ist ein guter Mann«, erklärte Shade.
    »Man könnte fast sagen, zwei«, warf Bauer ein.
    »Ha, ha.«
    Shade sah sich im Zimmer um und überlegte, gegen wie viele Basketbälle er einen der Aschenbecher eintauschen könnte. Er fragte sich, warum er überhaupt hier war. Niemand schien ihm Fragen stellen zu wollen.
    »Shade«, stellte Bauer vor. »Das ist Detective Rene Shade.«
    »Ebenfalls ein bekannter Name«, konstatierte Crawford.
    »Ich glaube nicht, dass wir uns schon mal begegnet sind.«
    »Ich auch nicht.« Crawford schenkte zwei Tassen Kaffee ein. Er verwendete ein Silberservice, das auf einem Regal über dem Klavier stand. Eine Tasse reichte er Shade. »Schwarz?«
    »Gerne.«
    »Ich muss demnächst mal ’ne Runde schlafen«, erklärte Bauer, blicklos aus dem Fenster starrend.
    Als Shade sich auf der Klavierbank niedergelassen hatte – die Stühle verschmähte er, weil er fand, dass sein Hintern sie nicht genügend würdigen könnte –, beugte sich Crawford zu ihm vor.
    »Schrecklich, was Alvin zugestoßen ist. Der arme Mann. Leider sind solche Vorkommnisse nicht so selten, wie wir uns wünschen, ich weiß«, setzte er an, machte dann aber eine ungeduldige Handbewegung. »Aber was rede ich da? Sie wissen das bestimmt viel besser als ich.« Sein bekümmerter Blick, die scheinbar so mitfühlende Lobhudelei – das waren einstudierte Gesten eines gewieften Politschauspielers. Bürgermeister Crawford schlüpfte mühelos in jede seiner Rollen, ein pragmatischer Olivier. »Diese Einbrecher heutzutage, Shade – was glauben Sie, sind es zum Großteil Junkies?«
    »Es gibt mehr Einbrecher, die Einbrecher sind, als Einbrecher, die Junkies sind.«
    »Das klingt sehr kompetent. Vermutlich ist das auch gar nicht der entscheidende Punkt. Irgendein heruntergekommener Frogtowner sieht durchs Fenster einen Apfelkuchen und eine Ming-Vase und beschließt, dass er für so einen großen Kuchen einen Mord begehen will.« Crawford blickte zu Bauer, der sich krümmte und dann ein professionelles Lachen herauspresste. »Aber bei diesem Einbrecher wünsche ich, dass er schnell gefasst wird. Und es würde mir nicht das Herz brechen, wenn wir ihn schnappen, ehe er den Kuchen angeschnitten und das Vanilleeis dazu serviert hat. Verstanden?«
    Shade ging ein Licht auf – ein eher unangenehmes Gefühl.
    »Meiner Ansicht nach handelt es sich nicht um einen Einbruch. Ich glaube, es war Mord, schlicht und ergreifend.«
    »Was meinen Sie, Captain Bauer?«
    Bauer hob den Kopf und zuckte die Achseln.
    »Vielleicht war’s ein Einbrecher, und Rankin hat ihn überrascht.«
    »Das Beweismaterial spricht dagegen«, wandte Shade ein.
    »Aber so etwas passiert doch dauernd,

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