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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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ließ, wusste er sofort, dass es ein Mensch war. Ein metallisches Klicken, das er mühelos als das Zünden eines Feuerzeugs identifizierte. Er lauschte angestrengt und glaubte, ein tiefes Inhalieren zu vernehmen, und sogar ein leichter Rauchgeruch schien zu ihm zu wabern.
    Er versuchte, den Geruch zu lokalisieren, was aber schwierig war. Dann glitt er aus dem Boot und versank sofort bis zur Brust im Wasser. Er hielt die Flinte auf Stirnhöhe und schritt langsam voran, die träge Strömung im Rücken. Das Klicken war vermutlich von der Spitze einer Schlammbank gekommen, die ganz mit Hahnensporn-Weißdorn bewachsen war.
    Jetzt hieß es, vorsichtig und leise sein, in Schussweite kommen, und dann ein kräftiges Peng! Peng!, das Vögel und Eichhörnchen und sogar ein paar namenlose Kreaturen aufscheuchen und den Kopf dieses Dorfdeppen ein für alle Mal von den Schultern reißen würde. Und ihn sozusagen in ruhigere Gefilde schickte.
    Selbst bei Tageslicht war es hier oft schwer, festen Grund von einem Sumpfloch zu unterscheiden. Ein falscher Schritt, und wenn man wieder hochkam, spuckte man Scheiße, die vor etwa einem Jahr in St. Louis hinuntergespült worden war. Die Wasseroberfläche war bedeckt mit Schaum, Zweigen und allerlei Grünzeug, sodass sie für Dummköpfe aussah wie ein Pfad. Sie schimmerte genau wie Narrengold, war aber Narrenerde.
    Immer weiter kämpfte sich Ledoux durch den Morast. Er hielt den Oberkörper aufrecht und ging mit steifen Beinen unter Wasser, damit es nicht spritzte. Wenn er ausrutschte, ließ er sich einfach ein Stück gleiten, statt sich gegen den Schwung zu stemmen. Das war der Schlüssel im Umgang mit diesem Sumpf: sich nicht gegen ihn zu wehren, sondern seine Gesetze zu akzeptieren.
    Während sich Ledoux so auf die verdächtige Schlammbank zu bewegte, war ihm klar, dass die ganze Geschichte viel zu schlampig eingefädelt war, um nicht als Katastrophe zu enden. Bei diesem Chaos würde es ihn garantiert irgendwie erwischen. Er wusste, dass er es in Jeff City eine Zeit lang aushalten konnte, wenn er musste. Nicht gerade mit Begeisterung, aber er würde durchhalten. Aber Lebenslänglich würde er nicht überstehen, und der kleine Cobb würde mit Sicherheit ein Schuldgeständnis ablegen, das auf die Tränendrüsen drückte, ihn zum Kronzeugen beförderte und Ledoux auf Lebenszeit hinter Gitter brachte.
    Es gab also reichlich Gründe, den Knaben möglichst schnell mundtot zu machen, selbst wenn Ledoux ihn eigentlich, offen gestanden, nicht umbringen wollte.
    Der Himmel war blass, die Erde schwarz und die Nacht dazwischen grau. Shade versuchte, seine Augen den Lichtverhältnissen anzupassen, und ihm mit Laserblick zu zeigen, wo er sich befand. Er hatte sich verlaufen wie ein Kind im finstren Wald und hatte womöglich noch mehr Angst. Er blickte sich nach allen Richtungen um und sah, was zu erwarten war. Aber das brachte ihn nicht weiter.
    Ganz kurz spielte er mit dem Gedanken, einen der Bäume zu besteigen, die hoch über ihm aufragten. Aber er würde sich bloß die Hose zerreißen, noch mehr Bäume und weniger vom Boden sehen. Sinnlos.
    Inzwischen hatte er den Versuch, trocken zu bleiben, aufgegeben. In einem Sumpf musste man einfach damit rechnen, dass man nass wurde, und er zahlte seinen Tribut, indem er erst nur knietief einsank, dann aber, mit einem unvorsichtigen Schritt rückwärts mit dem Gesicht nach oben bis zu den Nasenlöchern im Wasser landete. Unbekannte Dinge rieben sich an seiner Haut, und mehrmals geriet er in sumpflochüberspannende Netze absurd fleißiger Spinnen. Wie Fangnetze zerrissen sie über seinem Kopf und seinen Schultern und klebten an ihm wie Zuckerwatte.
    Blutegel.
    Mit der Hand fasste sich Shade unters Hemd. Er tastete mit den Fingern über Brust und Bauch und entdeckte drei feuchte Gebilde in der Taillengegend. Sie fühlten sich an wie große Nasenpopel, hatten sich aber mit dem Kopf eingegraben und ließen sich nicht herausziehen. Man würde sie ausbrennen müssen. Shade zuckte innerlich zusammen. Lieber nicht dran denken.
    Entschlossen stapfte er weiter, immer im Wassergraben, denn wenn man erst mal alle Hoffnung, irgendwie trocken zu bleiben, aufgegeben hatte, war das der zuverlässigste Pfad. Die Gewächse am Ufer bildeten ein verworrenes Dickicht. Man konnte keine einzelne Pflanze ausmachen, nur eine dichte Masse ineinander verschlungener Zweige und Blätter und Ranken, über- und untereinander und alle furchtbar stachlig.
    Die Geräuschkulisse, die aus

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