Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
welche hab. Aber hol dir wenigstens ’ne Tasse von Rosters Kaffee.«
Shade ging hinüber zu den Kaffeekannen und goss sich ein. Dann kehrte er zu seinem Hocker zurück und blies auf das heiße Gebräu. Schließlich brachte Rosten das Essen, und wie immer war Shade ein bisschen schockiert über Blanchettes »übliches« Frühstück. Er bekam zwei gebratene Schweinekoteletts mit Fenchel, dicke weiße Soße mit Brötchen, Rührei aus drei Eiern und einen Karamellmilchshake. Vor allem der Milchshake überstieg Shades Vorstellungsvermögen. »Du bist ein Wunder«, sagte er zu Blanchette, dessen Mund anderweitig beschäftigt war und nur ein Grunzen zustande brachte. »Die meisten Leute werden fett, wenn sie so essen wie du.«
»Ahnn«, brummte Blanchette und schluckte nickend. Dann ergriff er ein Kotelett, befreite es von der dicken Fettschicht und legte den glibbrigen, wenig appetitanregenden Streifen auf den Tellerrand. »Das ist mein Geheimnis«, verkündete er und verwandelte dann das Kotelett mit einem einzigen schlürfenden Biss in einen Knochen.
»Du meinst, essen ohne zu kauen?«, fragte Shade. »Ist das dein Geheimnis?«
»Und ich mach immer das Fett ab«, erklärte Blanchette. »Außerdem – sehen wir den Tatsachen ins Gesicht: Ein bisschen stämmig bin ich schon.«
»Ehrlich? Ist mir noch gar nicht aufgefallen.« Shade schubste seine Brötchen auf dem Teller herum, um sich erst mal mit seinem Frühstück bekannt zu machen, ehe er es aufaß. »Ich meine, diese wahnsinnigen Karomuster, die du immer anhast. Bei den Karos kannst du dir doch alles leisten.«
»Aha! Jetzt bist du mir doch tatsächlich auf die Schliche gekommen.«
In den nächsten Minuten würgte Shade mehrere Brötchen hinunter, und Blanchette wischte seinen Teller sauber. Sie schlürften ihren Kaffee, während Blanchette seine Zähne mit einem Pfefferminz-Zahnstocher bearbeitete.
Dann trat Roster zu ihnen an den Tresen.
»Was gibt’s Neues, How?«
»Also«, antwortete Blanchette, »ich bin wirklich froh, dass du fragst. Ich möchte nämlich, dass ihr das beide gleichzeitig erfahrt. So bin ich eben.« Blanchette ließ den Zahnstocher im Mundwinkel ruhen, nahm den Hut ab und fächelte sich damit Luft zu. »Passt auf, Leute, letzte Nacht war eine gute Nacht. Schönes Wetter, die Cardinais haben gewonnen, und ich war hungrig.«
»Stellt euch das vor«, warf Rosten ein.
»Ruhe«, sagte Blanchette. »Die Sache ist schon schwierig genug für mich, Mann.« Er setzte den Hut wieder auf. »Ich hatte also Hunger, und deshalb bin ich zu Paquet’s gegangen und hab mir Shrimps in Biersoße bestellt, mit gelbem Reis und vier Liter von irgendeinem Wein, der einigermaßen was taugte und der grade vorrätig war, und direkt nachdem ich den Kellner zur Sau gemacht hatte, weil er sich so rotznäsig aufführte, hab ich mich zu Molly Paddock rübergelehnt und sie gefragt, ob sie mich heiraten will.«
Rosten schüttelte den Kopf, als wollte er ein schreckliches Ohrensausen vertreiben.
Shade sagte: »Mann, wie bist du denn auf die Idee gekommen?«
»Na ja«, antwortete Blanchette, »ich sag’s euch, wie es ist. Seit drei Jahren geh ich jetzt schon mit Molly, und – sehen wir den Tatsachen ins Auge – so junges Gemüse lässt mich üblicherweise ziemlich schnell abblitzen. Aber Molly nicht. Das find ich attraktiv bei ’ner Frau, wenn sie einen Kerl wie mich nicht abblitzen lässt. Also lass ich mir meine Zukunft nicht von irgendeinem jungen Ding versauen. Außerdem hab ich neulich zufällig meinen Bauch getätschelt, und da hatte ich plötzlich den Rand von ’nem riesigen Fettwulst in der Hand. Da hab ich mir gesagt: ›How, du wirst so fett, da kannst du auch gleich heiraten.‹«
»Das ist ja ein toller Grund, das Handtuch zu werfen«, meinte Shade. Er dachte an Molly Paddock, eine anständige, farb- und formlose Cop-Witwe mit einer angenehmen Persönlichkeit und ohne jeden Ehrgeiz. »Ich denke, da sind ein paar Glückwünsche angebracht.«
»Das würden die meisten Leute denken«, entgegnete Blanchette. »Und was sagst du, Grif?«
Rosten legte zwei Finger ans Kinn und legte nachdenklich den Kopf zur Seite.
»Ich glaube, es ist ein Verbrechen gegen die Frauen«, sagte er.
»Du Mistkerl.«
»Aber ich glaube nicht, dass man dich deswegen vor Gericht stellen wird.«
»Du besserwisserischer, alter Mistkerl«, sagte Blanchette und stand auf. Dann warf er einen Geldschein auf die Theke und sah Rosten an. »Du hättest nicht vielleicht was Nettes
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