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Im Tal der flammenden Sonne - Roman

Titel: Im Tal der flammenden Sonne - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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Er warf einen flüchtigen Blick zum Eingang seines Stollens. Das verdammte Gold! Die Gier nach Gold hatte ihn verändert, so wie viele andere Männer, die er kannte. Er schämte sich entsetzlich. »Du fragst dich bestimmt, was ich hier draußen tue, nicht wahr?«
    Ernie antwortete nicht, starrte ihn nur ausdruckslos an. Stuart schien ein netter Kerl zu sein. Nicht so wie Wally. Wally dachte immer nur an sich, war immer nur auf seinen eigenen Vorteil aus.
    »Ich habe Gold gesucht«, gestand Stuart freimütig. Plötzlich war es ihm egal, dass Ernie Bescheid wusste. Dass er diesen Mann sterben lassen wollte, um seine Schürfstelle geheim zu halten, war für Stuart der beste Beweis dafür, wie sehr das Gold seinen Charakter zu verderben drohte. Das durfte er nicht zulassen.
    »Wie bist du denn hierhergekommen?«, fragte Ernie, weil er nirgends die Kamele sehen konnte.
    »Ich hatte zwei Kamele dabei, aber sie haben sich im Sturm losgerissen und sind davongerannt.«
    »Es ist ein langer Weg nach Marree«, sagte Ernie.
    »Ich weiß.« Stuart blickte hinaus in die flimmernde Wüste. Auf sich allein gestellt würde er es niemals schaffen. »In dieser Unendlichkeit merkt man erst, wie klein und unbedeutend man ist.«
    Ernie nickte. Er wusste, was der Weiße damit sagen wollte. »Die Wüste kann dir den Tod bringen.« Wieder dachte Ernie an die unheimlichen Stimmen der Geister seiner Ahnen, und ihm rieselte trotz der Hitze ein kalter Schauer über den Rücken. Es war ein Wunder, dass der Weiße ihn gefunden hatte. »Ich verdanke dir mein Leben«, sagte er ernst.
    »Du brauchst mir nicht zu danken. Ich schätze, jetzt bin ich auf deine Hilfe angewiesen, wenn ich in die Stadt zurückwill.« Wieder ließ Stuart den Blick über die Wüste schweifen. »Wir sind aufeinander angewiesen. Ich habe dir geholfen – jetzt hoffe ich, dass du mir hilfst.« Auf einmal sah er manches mit anderen Augen. »Was mache ich eigentlich hier draußen?«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Ernie. »Wozu brauche ich das Gold? Im Grunde habe ich doch alles.«
    Ernie nickte. »Das Gold ist nichts. Meine Leute wissen, wo es viel Gold und viele Opale gibt«, sagte er. »Aber wir lassen diese Schätze in der Erde ruhen. Die Weißen gieren danach, doch meine Leute sind mit den einfachen Dingen des Lebens zufrieden – Essen, Wasser, ein geschützter Platz bei schlechtem Wetter. Ist es schön, schlafen wir am liebsten unter freiem Himmel.« Dass er gelegentlich auch eine Flasche Schnaps nicht verschmähte, fügte er aus Scham nicht hinzu.
    Stuart nickte. Essen, ein Dach über dem Kopf und ein paar Pfund in der Tasche – was brauchte man mehr zum Leben? »Was ist Glück für dich, Ernie?«
    Der Aborigine blickte zum strahlend blauen, endlosen Himmel hinauf. »Wenn ich morgens die Sonne aufgehen sehe und meine Familie um mich habe«, sagte er und fragte sich mit einem Mal, wieso er diesen Weißen, den er nicht kannte und der ihm nichts getan hatte, im Auftrag eines Verbrechers wie Wally Jackson in der Wüste verfolgte. Wally würde es einen Dreck interessieren, wenn er hier draußen umkäme. Hatten die Geister seiner Ahnen versucht, ihn wachzurütteln?
    »Und was bedeutet Glück für dich?«, fragte Ernie.
    »Gute Freunde und ein kaltes Bier«, antwortete Stuart.
    »Hast du keine Familie?«
    Ein wehmütiger Ausdruck trat in Stuarts Augen, als er an Catherine und ihr kurzes gemeinsames Glück in Kalgoorlie dachte, im australischen Westen. »Nicht hier in Australien. Ich habe Geschwister in England und Amerika. Und mein jüngster Bruder lebt noch bei unseren Eltern in Wales.« Er selbst war fünf Jahre zuvor nach Australien ausgewandert. Damals war er neunundzwanzig gewesen.
    »Wo liegt dieses Wales?«, fragte Ernie.
    »Im Vereinigten Königreich.«
    »Oh! Dann ist es ein mächtiges Land, ja?«
    Stuart musste unwillkürlich lächeln über Ernies Naivität. Seine Welt war überschaubar und unkompliziert. Einmal mehr beneidete er die Aborigines darum.
    »Ich habe eine Frau und fünf Kinder«, sagte Ernie und senkte den Kopf. »Ich habe sie lange nicht gesehen.« Weil ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt war und damit, mir Schnaps zu besorgen, damit ich mich betrinken konnte, fügte er stumm hinzu.
    Wieder dachte Stuart daran, wie er mit dem Gedanken gespielt hatte, Ernie in der Wüste liegen zu lassen. Dabei hatte dieser Mann eine Familie, die auf ihn angewiesen war. Eine Welle der Selbstverachtung und des Ekels vor sich selbst durchflutete Stuart.
    Er

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