Im Tal der flammenden Sonne - Roman
so fügte er sich schließlich ihrer Bitte. Dadurch trafen sie früher als erwartet am nächsten Tag in Marree ein.
»Arabella!«, rief Jonathan, als sie in die Küche des Hotels kam. Doch sein Lächeln schwand, als er sah, wie erschöpft sie war.
Sie ließ sich matt auf einen Stuhl fallen. »Ich muss schon sagen, Jonathan«, sagte sie atemlos, »mein Respekt für die Afghanen und ihre Kamele ist enorm gewachsen. Die Wüstenhitze hätte mich fast umgebracht, während die Afghanen so einfach damit fertig werden. Sie sind wirklich erstaunlich – von ihren Kamelen ganz zu schweigen.«
Jonathan freute sich, dass Arabella endlich mehr sah als nur den Geruch und das Aussehen der Kamele und ihrer Führer und dass sie deren Können nun zu schätzen wusste. Er hatte insgeheim gehofft, dass die Reise ihr die Augen öffnen würde, sodass auch sie erblickte, was er selbst im Outback sah: die Schönheit und Erhabenheit der Wüste und der Menschen, die hier lebten. Er spürte, dass dieses Erkennen in ihr wuchs, und darüber freute er sich unbändig.
Er schenkte Arabella ein Glas Wasser ein, das sie dankbar entgegennahm und in einem Zug leerte.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte Arabella, als sie bemerkte, wie besorgt Jonathan sie anschaute. »Aber es tut gut, endlich aus der Sonne zu sein.« Sie wickelte sich den schweißdurchtränkten Hijab vom Kopf. Der Hijab und die Burka hatten ihren Zweck erfüllt, Arabellas Haut war vollkommen vor der Sonne geschützt gewesen. Nur ein schmaler Streifen um ihre Augen war ein wenig verbrannt.
»Hattest du Erfolg bei Dave Brewer? Wird er uns Bier brauen?«
Arabella hörte Jonathans Besorgnis aus seiner Stimme heraus. »Ja, sobald ich ihm gesagt hatte, wofür wir es brauchen, hat er sich sofort an die Arbeit gemacht. Zuerst wollte er nicht, aber als ich ihm den Ernst der Lage klargemacht hatte, ging er sofort ans Werk.«
»Dem Himmel sei Dank«, sagte Jonathan erleichtert. Während Arabella fort gewesen war, hatte Ted ihm ein paar Geschichten über Dave erzählt, sodass er Arabella keine allzu großen Chancen eingeräumt hatte. Ted hatte behauptet, Dave sei berüchtigt dafür, stur und faul zu sein. Wenn Daves Meinung erst einmal feststand, änderte er sie selten, selbst wenn er wusste, dass er im Unrecht war.
Vor Jahren hatte er ein englisches Mädchen geheiratet, das er kennen gelernt hatte, als der Zug in der Nähe von Farina liegen geblieben war. Gerüchten zufolge hatte das Mädchen Daves lausbübischen Aussie-Charme anfangs anziehend gefunden, doch die Ehe hatte nur ein paar Monate gehalten. Sobald der Zug wieder fuhr, packte sie ihre Sachen und verschwand, weil Dave sich hartnäckig geweigert hatte, auch nur eine seiner Gewohnheiten zu ändern, um ihr entgegenzukommen – einschließlich seines Baderituals, das nur einmal die Woche stattfand.
»Das Fass lief über, als die Familie des Mädchens ihr brandneue Bettwäsche als Hochzeitsgeschenk aus England schickte«, sagte Ted zu Jonathan. »Nachdem sie zwischen Daves alten Laken geschlafen hatte, die von Motten zerfressen waren, hatte sie das Ehebett sofort mit der neuen Bettwäsche bezogen. Und was tat Dave? Er ist mit seinen dreckigen Stiefeln hineingesprungen.« Allein schon bei der Vorstellung musste Ted lachen. »Ich hab gehört, das arme Mädchen soll fast hysterisch geworden sein. Sie hat ihn aus dem Bett geworfen, damit er sich von oben bis unten wäscht – oder wenigstens seine Füße –, und hat ihn mit unflätigen Ausdrücken beschimpft. Nach allem, was man hört, soll sie ein hübsches Mädchen gewesen sein. Die Einheimischen aus Farina sagten, jeder normale Mann hätte sich von Kopf bis Fuß gewaschen, um an ihrer Seite schlafen zu dürfen – nicht aber Dave. Offenbar wollte er lieber eine Ehefrau verlieren, als seine Gewohnheiten zu ändern. Das zeigt, wie stur er sein kann.«
»Ted sagte, er sei einer der dickköpfigsten Männer, denen er je begegnet ist, deshalb war ich besorgt, er würde dir deine Bitte abschlagen«, sagte Jonathan zu Arabella.
»Das dachte ich auch«, gestand sie, »aber er sagte, wenn das Great Northern dichtmacht, wäre er ebenfalls davon betroffen. Er macht sich nur Sorgen, wie das Bier schmecken wird.«
»Wieso?«
»Weil es normalerweise ein paar Wochen gelagert werden müsste. Aber ich habe ihm gesagt, es sei nicht so wichtig, wie das Bier schmeckt, solange wir überhaupt etwas anzubieten haben.«
»Es wird doch trinkbar sein?«
»Da bin ich mir sicher. Als Inhaber eines
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