Im Tal der flammenden Sonne - Roman
Versuchung zu groß, wenn sie draußen auf der Jagd sind. Die Farmer drücken ein Auge zu, wenn jedes Jahr nur einer oder zwei ihrer jungen Ochsen verschwinden, aber wenn es überhand nimmt, wollen sie es unterbinden. In einer Dürre ist jedes Tier kostbar. Terry meinte, die Aborigines könnten von Glück sagen, dass es nicht zum Kampf zwischen ihnen und den Farmern gekommen sei. Stattdessen hat einer von ihnen Terry geholt. Stuart hat ihn begleitet.«
»Stuart?«, sagte Arabella erstaunt. »Warum?«
»Er hat vor etwa einem Jahr eine Zeit lang beim Kuarna-Volk gelebt – dem Clan, den die Farmer verdächtigen, die Ochsen gestohlen zu haben. Deshalb meint Terry, Stuart könne ihm vielleicht helfen.«
»Stuart hat bei den Aborigines gelebt?«, sagte Arabella. »Das wusste ich gar nicht.«
»Ich habe es auch nicht gewusst«, sagte Jonathan. »Aber das ist ja kein Wunder, wo Stuart so wenig von sich preisgibt. Jedenfalls haben die Kuarna eine hohe Meinung von ihm. Terry glaubt, Stuart könnte vielleicht zwischen den Kuarna und den Farmern vermitteln, damit es eine friedliche Lösung gibt. Andernfalls wird es doch noch zum Kampf kommen, und dann kann es Tote geben.«
»Ist Stuart mit Bess geritten?«
»Nein. Er und Terry sind auf Kamelen unterwegs, ein Kameltreiber begleitet sie. Mach dir keine Sorgen. Ich bin sicher, in den nächsten Tagen bleibt alles ruhig. Rita wird dir helfen, falls du sie brauchst.«
Arabella nickte und versuchte zu lächeln. Wenn Rita sich betrank – das wusste sie – würde sie alles andere als eine Hilfe sein. Sie blickte Jonathan und Paddy nach, als diese davonritten, und ging dann nach oben, um sich zu waschen und hinzulegen.
Im Hotel war jetzt niemand mehr bis auf Ted und Wally, die an der Bar saßen und Geschichten spannen.
Arabella schlief viel länger, als sie vorgehabt hatte. Die Sonne ging bereits unter, als sie von lautem Radau in der Bar geweckt wurde. Sie zog sich in aller Eile an und stürmte die Treppe hinunter.
Ted war hinter der Bar, und Wally kauerte noch immer auf demselben Hocker, auf dem er gesessen hatte, als Arabella zu Bett gegangen war. Inzwischen war er sturzbetrunken. Er schwankte, als würde er jeden Augenblick vom Hocker fallen. Arabella sah entsetzt, dass auch Rita in der Bar saß. Reihen leerer Gläser standen auf dem Tresen, und es war offensichtlich, dass auch Rita stockbetrunken war.
»O nein«, stieß Arabella hervor. Ein Albtraum wurde wahr. Man musste kein Genie sein, um sich auszurechnen, dass Rita und Wally um die Wette getrunken hatten – und es sah aus, als wäre Wally der Verlierer, nach seinem Zustand zu urteilen. Seit er so viel Gewicht verloren hatte, vertrug er keinen Alkohol mehr.
Missy, Lily und zwei noch sehr junge Aborigine-Mädchen, die Arabella nie zuvor gesehen hatte, saßen mit Getränken in einer Ecke der Bar. Missy und Lily senkten beschämt die Köpfe, als Arabella erschien, und huschten hinaus.
»Was ist hier los?«, wollte Arabella wissen.
Les Mitchell ermunterte Wally, noch eine Runde zu trinken. »Ich hab ein Pfund auf dich gesetzt, Wally. Enttäusch mich nicht!«, sagte er.
»Dieser weiße Kerl glaubt, er kann Rita unter den Tisch saufen!«, sagte Rita und grinste Arabella an. Ihre Augen waren blutunterlaufen und glasig. Sie sah zum Fürchten aus. »Du wirst mich niemals schaffen, Kumpel«, sagte sie und schlug Wally so fest auf den Rücken, dass er beinahe vom Hocker geflogen wäre.
»Warum hast du mich nicht geweckt?«, wandte Arabella sich an Ted, der aussah, als hätte er selbst mehr als nur ein paar Drinks gehabt.
Ted zuckte die Schultern. »Wozu?«, sagte er, während er für Wally und Rita noch zwei Gläser Bier einschenkte.
»Hör auf damit!«, sagte Arabella zornig. »Siehst du denn nicht, dass die beiden genug haben? Außerdem sollte Wally nichts trinken, bis er vor einem Friedensrichter gestanden hat. Das war eine der Bedingungen, die Terry festgelegt hat!«
»Wir haben doch nur ein bisschen harmlosen Spaß«, sagte Ted.
Wally und Rita hoben die gefüllten Biergläser.
»Prost, prost, prost!«, brüllte Ted. Dann leerten alle mit gierigen Schlucken ihre Gläser. Schaum rann ihnen übers Kinn und tropfte auf ihre ohnehin schon durchnässten Hemden, aber niemand scherte sich darum, während alle gleichzeitig die geleerten Gläser auf den Tresen knallten. Rita jauchzte, rief noch eine Runde aus und rülpste laut. Wally lachte grölend. Plötzlich aber sank sein Kopf nach vorn. Er war betrunken bis zur
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