Im Tal der flammenden Sonne - Roman
und dass er Bess vermisste.
Während Arabella das Kameljunge, das Pferd und die Hühner fütterte, hielt sie immer wieder nach den Männern, nach Rita und den Mädchen Ausschau. Sie rechnete damit, dass sie vorbeikamen, und sei es nur, um sich für ihr Verhalten zu entschuldigen. Doch niemand ließ sich blicken.
»Die kommen schon wieder«, murmelte Arabella vor sich hin. »So lange kommen sie ohne Bier nicht aus.«
Der Tag dehnte sich, und noch immer ließ sich keine Menschenseele im Hotel blicken. Arabella überlegte sich immer wieder neue Ausreden, das Haus zu verlassen, um nach den anderen Ausschau zu halten. Die Stadt schien völlig verlassen, was Arabella in ihrer Einsamkeit umso mehr auffiel. Sie wollte nicht hinüber zur Ghan-Siedlung gehen, weil Paddy nicht da war, und sie hatte kein Geld, um Mohomet Basheer in dessen Laden zu besuchen, daher verbrachte sie die langen Stunden allein im Hotel, putzte die Bar und wischte Staub. Es war sehr heiß, und die Arbeit war anstrengend, half Arabella jedoch, den Tag auszufüllen.
Schließlich wurde es Abend. Noch immer war niemand vorbeigekommen, um etwas zu trinken. Arabella wollte sich nicht damit aufhalten, ein Feuer zu entfachen, um sich etwas zu kochen; deshalb aß sie nur Brot mit Käse zu Abend. In einem Schrank entdeckte sie eine Kiste mit Büchern und suchte sich einen Roman heraus. Dann setzte sie sich auf den Balkon und las; sie genoss die leichte kühle Brise und die weite Aussicht über die Stadt.
Als die Sonne sich über dem westlichen Horizont senkte, wurde das Licht zu schwach zum Lesen, und Arabella ging zurück ins Haus. Ein paar Stunden zuvor hatte sie den letzten Rest Benzin in den Tank des Generators gegossen. Sie hatte keine Ahnung, wie lange es noch reichte, und konnte nur hoffen, dass Jonathan am nächsten Tag mit Nachschub zurückkam. Der Generator musste in Betrieb bleiben, sonst fiel die Stromversorgung aus, und das wenige Bier, das sie noch hatten, würde sich in warme Brühe verwandeln.
Gegen acht Uhr, Arabella sah gerade nach Bess und Uri, geschah es: Sie hörte den Motor des Generators stottern und dann absterben. Das Außenlicht an der Rückwand des Hotels erlosch schlagartig.
»O nein!«, rief Arabella. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, den Treibstofftank zu öffnen, weil es zu dunkel war, um einen Blick hineinzuwerfen, aber sie konnte sich auch so denken, dass das Benzin aufgebraucht war. Kurz fragte sie sich, ob sie Ted bitten sollte, den Tank zu überprüfen, doch ihr Stolz hielt sie zurück. Wenn Ted und die anderen nicht von allein wiederkamen und sich entschuldigten, würde sie einen Teufel tun und sie um Hilfe bitten.
Arabella ging ins Hotel. Da der Generator keinen Strom mehr lieferte, war es im Innern schummrig. Im Dämmerlicht tastete sie sich voran und vergewisserte sich, dass sämtliche Türen abgeschlossen waren, bevor sie die Treppe zu ihrem Zimmer hinaufstieg. Sie legte sich aufs Bett. Mit einem Mal wurden ihr die heraufziehende Dunkelheit und die Einsamkeit unheimlich. Angespannt lauschte sie den seltsamen Geräuschen, die das Hotel von sich gab. Bei jedem Knarren und Ächzen versuchte sie zu ergründen, was die Ursache dafür sein könnte. Die Laute der heranrückenden Nacht waren beängstigend in der Stille. Arabella ließ ihren Blick durchs Zimmer schweifen und erstarrte, als sie plötzlich Schatten auf dem Flur zu erkennen glaubte. Vor Angst schlug ihr das Herz bis zum Hals. Ihre Fantasie gaukelte ihr schreckliche Trugbilder vor. Bewegte sich da etwas? Unwillkürlich musste sie an Rita und die Aborigines denken. Was, wenn sie Rita so sehr beleidigt hatte, dass diese auf Rache sann und jemanden von ihrem Clan schickte?
Arabella gab sich einen Ruck, setzte sich auf und schalt sich eine Närrin. Ihre Ängste waren lächerlich. Natürlich würde Rita keine Rache üben.
Auf einmal hörte sie hinter dem Hotel einen seltsamen dumpfen Laut, gefolgt von einem Rütteln. Sie trat auf den Flur und lauschte aufmerksam vom oberen Ende der Treppe. Einen Augenblick herrschte Stille, dann erklang das Rütteln erneut, und diesmal wusste Arabella, dass die Fantasie nicht mit ihr durchgegangen war. Entsetzen überfiel sie, als ihr klar wurde, dass es der Türknauf war, den sie hörte. Jemand machte sich an der Hintertür zu schaffen. War es Wally? Er wusste, dass sie allein war und dass niemand ihr zu Hilfe kommen würde. Wollte Wally die Chance nutzen, es ihr heimzuzahlen?
Langsam schlich Arabella die Treppe
Weitere Kostenlose Bücher