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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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nicht zu glänzenden losen Wellen gebürstet, wie er es sich für ihr Wiedersehen immer ausgemalt hatte.
    Loftus sprach mit ihm. Sagte ihm, wie leid ihm das mit seinem Vater und seiner Mutter tue. Dann machte Tottie, die Hände auf die Hüften gestemmt, ein paar Schritte auf ihn zu.
    »Harry Merriman!«, rief sie. »Das wird aber auch Zeit!«
    Unvermittelt wusste er, dass sie recht hatte. Es
wurde
Zeit! Lachend breitete er die Arme aus, und Tottie Otway rannte auf ihn zu. Sekunden später lag sie in seinen Armen, wurde auf und ab geschwungen wie ein Kind, und beide lachten, bis er sie küsste.
    Ungeniert packte sie ihn an der Hand und rannte mit ihm um die Hausecke, wo sie außer Sichtweite ihrer Familie waren. Sie hatte sich ihm erst halb wieder zugewandt, als er sie an sich drückte und lang und leidenschaftlich küsste, als würde er die verlorene Zeit wettmachen wollen.
     
    »Ich danke dir, Gott«, flüsterte Tottie, als sie an diesem Abend ins Bett fiel.
    Gott war also doch gütig, befand sie, wenn auch ein bisschen hart gegenüber Gillie und Hester. Obgleich Hester im Grunde nicht auf sein Konto ging, da sie ins Wasser gegangen war.
    Von dem Augenblick an, da ihr Vater gedroht hatte, er würde Harry Merriman schreiben und sich nach seinen Absichten bezüglich seiner Tochter erkundigen, hatte Tottie wie verrückt gebetet. Sie weigerte sich nämlich, Verehrer zu empfangen, obgleich einer davon ein netter Kerl war und gut tanzen konnte, und Manny Forsyth gute Aussichten hatte.
    »Liebes«, hatte ihre Mutter gesagt, »du hast Harry seit fast zehn Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Seit neun.«
    »Hat er denn in all den Jahren auch nur einmal von Heirat gesprochen?«
    »Nein.«
    »Oder gesagt, dass er dich liebt?«
    »Nein.«
    »Nun, Tottie, du musst weiterkommen in deinem Leben. Was tust du, wenn er dir eines schönen Tages schreibt, er habe geheiratet?«
    »Dann bin ich eine alte Jungfer«, grinste sie, »und ihr habt jemanden, der sich im Alter um euch kümmert. Ich weiß gar nicht, worüber du dich beklagst.«
    Viele Male hatte Tottie daran gedacht, Harry ihre Liebe zu gestehen, ihm das unmissverständlich zu schreiben, doch befürchtete sie, sie könne ihn damit verschrecken. Und das wollte sie keinesfalls. Um Gottes willen, nein!
    Aber hätten seine Eltern nicht das Zeitliche gesegnet, wäre er dann in die Stadt zurückgekehrt? Wohl kaum. Jener Brief, den ihr Vater schließlich geschrieben und in dem er Harry zu sich eingeladen hatte, hatte sie wirklich aus der Fassung gebracht.
    »Wieso hast du das getan?«, hatte sie ihn angebrüllt. »Wie kannst du es wagen? Bist du sicher, dass du ihm nicht dieses dumme Ultimatum gestellt hast, mit dem du drohtest? Und mit dem du mich zur Närrin gemacht hättest?«
    »Ich habe es dir doch gesagt, kein Ultimatum. Ich habe ihn lediglich zu uns eingeladen.«
    »Schön, aber er hat nicht geantwortet, oder? Und er wird es auch jetzt nicht tun, so bedrängt, wie er sich fühlen muss.«
    Es war nicht nur das, das wusste Tottie. In all den Jahren hatte er sich nicht einmal nach seinen Eltern erkundigt. Nicht ein einziges Mal. Aber sie hatte sie oft erwähnt, um ihn wissen zu lassen, dass es ihnen gutging. Und nicht einmal schrieb er, er würde in dieses Dorf zurückkehren, obgleich sie seine Briefe genauestens daraufhin durchgelesen hatte. Sie hatte sie alle in einer hübschen Schachtel aufbewahrt. Reisegespräche nannte sie sie, über all die fremden Orte, in denen er im Norden gewohnt und gearbeitet hatte. Während ihre, so sinnierte sie oft, als eine Geschichte von DeLisle’s Crossing gelten konnten, so langweilig waren sie. Sie fragte sich, ob er sie aufgehoben hatte, traute sich aber nicht zu fragen.
    Dann kam die Zeit, in der er beiläufig erwähnte, dass er sich in Rockhampton ein Häuschen gekauft habe, woraufhin sie eilends nach der abgestoßenen Landkarte gesucht hatte, um darauf die Flussstadt ausfindig zu machen, die verlockend entlang des Wendekreis des Steinbocks lag.
    Als sie es auf der Karte entdeckte, wurde ihr das Herz schwer. Rockhampton lag so weit weg, dass er vielleicht nie heimkehren würde. Danach hörte sie eine Ewigkeit nichts von ihm und stellte ihn sich schon mit einer gesichtslosen Braut vor dem hübschesten kleinen Häuschen vor, das man je gesehen hatte, mit Rosengirlanden über der Tür.
    Doch nun war er zu Hause und besaß eine Farm gleich nebenan.
    Tottie nahm sich vor, für Gillie und Hester ein Gebet zu sprechen.
     
    An diesem ersten Abend

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